If this is a mans world

Wenn ich ein Mann wäre, wäre ich ein ganz passabler Kerl.IMG_3029

Ich bin ein wirklich passabler Kerl! Vorzeigbar, sauber, gebildet und sparsam. Ich bringe meiner Frau oft Blumen mit und nicht nur vom Aldi, wenn ich mal dort bin, obwohl meine Frau Aldi-Blumen wirklich mag! Das Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugt sie, sagt sie. Nein, ich lasse Floristensträuße für sie binden! Oft.

Mache Geschenke. Schmuck, Schuhe, ich weiß doch, was sie sich wünscht. Ich bin spendabel, lade sie in Kneipen ein. Ok, eigentlich, weil ich gerne ausgehe und sie nicht, aber ich bin der, der die Zeche blecht. Altmodisch und gern. Ich führe sie gerne aus, wirklich!

Ich zeige mich auch gern mit ihr. Wir halten Händchen, auch nach neunzehn Jahren. Sie ist meine Frau, das darf ruhig jeder sehen!

Ich mache Komplimente, zeige ihr, dass sie begehrenswert ist für mich obwohl sie schon ganz schön in die Jahre gekommen ist, nein wirklich, ich verhalte mich wie ein Gentleman. Ich habe sie aus Liebe geheiratet und sie ist die Mutter meiner Kinder. Mir bedeutet das was!

Ja, ich muss sagen, sie hat mit mir wirklich einen guten Fang gemacht.

Nun gut, meine Frau ist auch nicht unbedingt ein Trostpreis und ich habe – gemessen an dem, was mir Kollegen so berichten – ein entspanntes Leben und mehr Freiheiten als so manch anderer Kerl. (Als eigentlich alle Kerle, die ich kenne, die nicht gerade Single sind, aber das muss sie ja nicht wissen.) Ich kann reisen, meinen Hobbies nachgehen, problemlos um die Häuser ziehen. Doch doch, auch jetzt noch, auch als Familienvater mit zwei Kindern. Das ist bei uns sehr liberal, Individualismus, Selbstverwirklichung, das ICH, das sind Themen, die durchaus auch vor dem WIR Bestand und Wichtigkeit haben dürfen.

Ich unterstütze meine Frau auch. Das ist ja heutzutage selbstverständlich! Also im Rahmen meiner Möglichkeiten. Es gibt Dinge, um die sich niemals Gedanken machen muss: Versicherungen, fahrbares Auto mit TÜV und vollem Tank, Urlaubsreisen, all das organisiere ich. Nicht zu vergessen, die Steuer! Sie hat es da nicht so…

Wenn ich ihnen erzähle, wie das vor meiner Zeit war, also das würden sie nicht glauben! Meine Frau hatte Kisten, in die sie die amtlichen Briefe und Rechnungen legte, direkt nachdem sie sie aus dem Briefkasten zog! Und nur nach dem Zufallsprinzip und wenn ihr vor Langeweile gar nichts mehr einfiel, öffnete sie mal einen. Und manchmal fühlte sie sich dann sogar angesprochen vom Schreiberling des Briefes. Die Autos, die sie fuhr, waren Sauställe auf Rädern, in die sie ab und zu für zwanzig Mark Sprit schüttete. Ich kann ihnen sagen!

Meine Frau verläuft sich auch immer und überall. Sie ist in ihrem Leben schon so oft falsch abgebogen, dass es ein Wunder ist, dass sie überhaupt noch auf dem Planeten ist!

Nein, die kann wirklich froh sein, mich zu haben.

Aber denken sie, ich ernte Dankbarkeit? Nicht, dass ich das erwarten würde, wirklich nicht! Aber stattdessen nur Unzufriedenheit. Immer! Meine Frau hat immer PMS. Premenstruell, postmenstruell, da komme ich nicht hinterher! Die ist chronisch schlecht gelaunt. Ich verstehe das nicht.

Heute zum Beispiel weckt sie mich wie immer um sieben. Sie selbst steht ja um fünf auf, weil das Kleinste dann nicht mehr schläft, ich höre das ja nicht. Ich finde, sie müsste einfach härter durchgreifen bei dem, aber das muss sie schon selbst wissen. Also sie weckt mich und ich liege dann noch eine halbe Stunde im Bett und lese Börsenberichte, weil mit mir morgens wirklich nicht gut Kirschen essen ist und ich Rücksicht auf meine Frau nehme, deshalb bleibe ich noch ein bisschen im Bett.

Sie macht in der Küche die Kinder fertig, hängt Wäsche auf und ab und was sie eben so meint, morgens unbedingt machen zu müssen. Dreiviertel acht fängt sie an zu nerven, sie wöllte nun auch endlich mal ins Bad um sich fertig für die Arbeit zu machen, ich solle das Kleinkind jetzt übernehmen, und ich denke mir: Mädchen, du bist seit fast drei Stunden auf, wäre da nicht genügend Zeit gewesen?!

Sie ist einfach schlecht organisiert!

Dann gehe ich wie stets um acht Uhr los und bringe unseren Kleinsten in die Kita, ich mache das gern und das unterstützt ja auch meine Frau. Neulich meint sie, ich müsste dem noch Zähne putzen! Wie kann das sein, frage ich sie? Drei Stunden wach und das Kind gerade mal gefrühstückt und angezogen, aber die Mutter im Lotterlook und Zähne auch nicht geputzt?

Ich gebe ihr dann liebevolle Hinweise, wie sie ihren Zeitplan optimieren könnte. Aber das wird nicht gehört. Anzischen muss ich mich lassen!

Sie sucht dann noch meine Schlüssel, die sie immer irgendwo versteckt. Und mein Portmonnée. Dann kann ich endlich los. Ein Chaos veranstaltet die jeden Morgen!

Ich bin dann auf Arbeit. Meine Frau arbeitet auch, aber hat nur eine Dreiviertelstelle, mehr schafft sie nicht, sagt sie. Nachmittags muss sich ja auch jemand um die Kinder kümmern.

Meine Frau hat großes Glück, finde ich. Sie kann auch flexibel arbeiten, das heißt, oft von daheim. Ich weiß ja, wie das ist: Da wird ein Mittagschläfchen gehalten und Fenster geputzt nebenbei… wenn ich ihr dann aber Besorgungen auftrage, wird sie böse! Ich verstehe das Weib nicht! Wenn sie doch Zeit hat?

Ich hätte gern ihre Flexibilität und ihre freien Nachmittage! Wissen, sie, wenn ich dann abends aus dem Büro komme, habe ich fast nichts mehr von meinen Kindern. Ich setze mich an den Abendbrottisch und danach geht der erste schon ins Bett. Manchmal verpasse ich sogar das. Schön ist das nicht, aber was soll ich denn machen? Ich kann nun mal nicht flexibel arbeiten und da ich drei Euro mehr verdiene, ist auch ein Wechsel gar nicht machbar!

Einen Tag in der Woche arbeite ich extra Stunden ein, damit meine Frau lange im Büro bleiben kann. Das tu ich gern, auch wenn es bedeutet, dass ich die anderen Tage eben später kommen muss. Dankbarkeit? Ach, vergessen sie´s!

Meine Frau ist wie Ilsebill, des Fischers Frau. Nie kriegt die genug. Ich soll kochen, ich soll putzen. Also ehrlich, keine Ahnung, was die meint. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal ein Klo geputzt habe. Warten sie, hier wohnen wir jetzt fünf Jahre und die Toiletten hier habe ich noch nie putzen müssen, die sind einfach immer sauber! Was also meint das Weib? Hier ist doch gar kein Dreck!

Und mit der Wäsche, also das ist auch so ein Ding. Hier stehen Sessel voller Wäsche und überall nasses Zeug, trockenes Zeug. Ich guck mir das ja eine Weile an, ich bin ein geduldiger Mann. Aber irgendwann sag ich dann auch mal was! Mädel, sag ich, du musst dich einfach besser organisieren! Leg das doch nicht auf einen Haufen! Leg es gleich ordentlich zusammen und räum es weg, dann sieht´s hier auch nicht so aus! Da hatte die dann Schaum vorm Mund, verstehen sie das? Ich verstehe das nicht.

Ich erinnere sie auch an familiäre Themen, frage, ob wir meiner Mutter eine Urlaubskarte geschrieben haben, ob wir ein Geschenk für Xsens Geburtstag organisiert haben und so weiter. Ich weiß, was ansteht! Im letzten Jahr war ich auf drei Elternabenden! Gut, die acht Jahre zuvor eher nicht, aber da saßen auch nur Frauen und tratschten, was soll ich dann dort.

Meine Frau ist auch immer müde, kein Mensch kann so viel schlafen wie die! Abends um neun fallen der die Augen zu und ich kann dann alleine auf der Couch sitzen. Schön ist das nicht! Ich mache ihr aber keine Vorwürfe. Also nur selten. Und wenn ich dann mal rausgehe mit meinen Freunden und ein bisschen lustig nach Hause komme, das Licht im Schlafzimmer anmache und ihr verkünde, ich wöllte jetzt ihre Küsse brüsten, meinen sie, die freut sich? Nein! Ein mürrischer Bettsack schnauzt mich an, ich solle gefälligst Leine ziehen! So sieht das aus. Hab ich das verdient? Nein, das sage ich ihnen.

Die Krönung ist: Neuerdings ist sie auch noch humorlos! Mit allem hätte ich gerechnet, aber das haut dem Fass den Boden aus. Sie müssen sich vorstellen, sie macht Homeoffice (wir wissen ja, wie das aussieht) und abends fällt ihr ein, sie hat vergessen, Klopapier zu besorgen! Den ganzen Tag zu Hause und noch nicht mal das hat sie sich merken können! Das denke ich mir nur, sagen tu ich scherzhaft: „Na, da hast du dir ja heute einen schönen Fauli-Tag gemacht!“. Ihre Augen werden zu Schlitzen und sie zischt mich an, das sei jetzt nicht mein Ernst. Hach, denk ich mir, die PMS-Hexe schlägt also wieder zu. Nun gut. Geh ich ihr also nach und sage, es sei doch nur ein Späßchen gewesen! Ob mein Zicklein jetzt wieder freundlich sei?! Mitnichten.

Und wissen sie was? Die droht mir! Sagt, es reiche! Das würde ich büßen! Der Spaß sei vorbei und lustig sei hier einiges schon lange nicht mehr! Was meint die? Ich meine, mit büßen?! Wissen sie, was die meint? Meinen sie, die haut mich in die Pfanne? In ihrem komischen Blog, den sie schreibt?!

 

Süßer, das ist ein Test, ob du meinen Blog liest! Ich warte im Schlafzimmer. Heute darfst du mich ruhig wecken! Ich glaube, wir sind quitt! 😀

 

Ein Kaffee für Frau Nieselpriem

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Wochenende (ein Rant)

Wer dem Nieselpriemchen bei Instagram folgt, fragt sich bestimmt, wo denn das #wib vom letzten Wochenende bleibt. Angekündigt wurde es ja bereits am vergangenen Samstag mit einem Rumpelbild. Nämlich diesem hier:

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Also gut.

Das vergangene Wochenende begann auch wie jedes andere an einem Samstag in aller Früh. Zumindest für einige von uns.

Als erste Herausforderung des Tages stolperte ich quasi über ein Rieseninsekt (es war wirklich riiiiesig), welches versuchte, das Kinderzimmer zu entern. Um vermutlich mein Babylein zu beißen. Der mittelbar Bedrohte war sich der Gefahr nicht im mindesten bewusst, wie man deutlich sieht.

IMG_0998Todesmutig stülpte ich einen Becher über den Invasor. Alle gerettet!

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Man kann ja nicht genug aufpassen. Wo einer ist, sind vielleicht noch zwei weitere! Dann machen die Gang-Bang und schon hat man eine Population von babyfressenden Insekten im Haus, muss die Kammerjäger rufen und ehe man sich´s versieht, wirft jemand eine Plastikfolie über das Haus und kocht im Inneren Drogen! Man kennt das ja. Möglicherweise habe ich auch zuviel „Breaking Bad“ gesehen.

Für dieses Wochenende hatten wir uns viel Schönes vorgenommen. Wie eigentlich immer. Außer Putzen, Einkaufen und der Pflege der Erkrankten stand diesmal noch eine größere Umräumaktion an. Das Großkind musste aus seinem komfortablen Zimmer ausziehen und ins schmalere Arbeitszimmer umsiedeln. Und das kam so: Der Nachbarsjunge, der sein Zimmer Wand an Wand zu unserem Juniorzimmer hat, spielt Schlagzeug. Nicht schön, aber laut. Alle Versuche, der Familie schmackhaft zu machen, dass dieses Schlagzeug doch auch gut in einem anderen Zimmer stehen könnte (oder in einem anderen Haus; einer anderen Stadt) schlugen fehl. Also wurde nicht ein Schlagzeug von A nach B geräumt, sondern der Inhalt zweier Räume getauscht. Natürlich. Sehr gerne! Am Ende des Samstages sah unser Wohnzimmer dann so aus, wie oben gezeigt.

Um schon mal vorzugreifen, am Sonntagabend dann hatten wir zwar alle Dinge des Kindes bereits in dem „neuen“ Zimmer untergebracht, aber unser Kram passte auf einmal nicht mehr in die Möbel des Arbeitszimmers. Ich habe dann konsequent zwei Säcke Stoff weggeschmissen. Alternativ hätte sich der Bärtige von seiner Handbuch-Sammlung trennen müssen, aber das wäre unmenschlich gewesen. Ich verstehe das. Wie oft denkt man sich: ´Mensch, könnte ich doch noch mal in dem Manual meines Nokia 6210 schmökern. Ach, wäre das schön!`.

Aber vor dem Sonntagabend kam ja noch der ganze Sonntag. Und der war auch sehr schön.

Ich erwachte (im Morgengrauen; unfreiwillig; ihr kennt das bereits) und bemerkte seltsame psychedelische Kreise am Rande meines Sichtfeldes. Migräniker nicken vielleicht schon an der Stelle.

Ich nickte erst mal nicht und tigerte mit dem schlechtgelaunten Kind („Isch hat schlechtes Laune!“, mangelnde Selbstreflexion kann man ihm zumindest nicht vorwerfen) durch Pieschen. Denn wenn auch wir nicht schlafen können oder wollen, so muss ja nicht die ganze Familie geweckt werden (ich würde auch lieber zu dem anderen Teil gehören).

An diesem Morgen war es wirklich ein Drecks-Pieschen voller Hundekacke und zerkloppter Bierflaschen und urbanem Müll. Mit dem nachsichtigen Blick der Liebe betrachtet wäre mir das nicht aufgefallen, aber an diesem Tag schon. Und schon bald hatte ich die Kacke nicht nur im Blick, sondern…

Plitsch! Da lag das Kind auch schon im Schlamm. Ach, und na klar, bei unserem Glück war es nicht nur Schlamm. „Huhuhu, isch stinkt! Isch is ieglisch!“, bemerkte das Kind dann auch treffsicher.

IMG_1025Ich fummelte irgendwie mit Feuchttüchern rum und den Rest der Scheiße und des Schlammes schmierte das Kind erst an den Kinderwagen und dann später beim Hochtragen an meine Jacke. Und meine Jeans. Das fand ich dann auch „ieglisch“.

Dann reichte es mir vollends. Keine Fotos mehr! Keine Scheiße, kein schlechtes-Laune-Kind, kein gar nichts. Am liebsten gar kein Wochenende mehr. Denn ich sag euch mal was:

Scheiß doch die Wand an mit Wochenende!

Genau!

Genau!

Nur damit wir uns richtig verstehen: Dieses Prinzip Wochenende mit Ausschlafen, Erholung, nett Essen gehen, mit Rücken kraulen und Lesen und Unternehmungen, die einem selbst Spaß machen, also dazu wäre ich durchaus bereit! Und davon würde ich sogar Fotos machen!

Aber das, was ich hier habe… nee.

Nach dem Wochenende bin ich ´ne Woche lang am Ende!

Und dann gehts wieder von vorn los.

Wenn alle schreien: „Endlich Wochenende!“, dann ducke ich mich schon ab. Putzen, Einkaufen, Wäscheberge. Das alles wird nicht unter der Woche, denn ich halte am Prinzip Feierabend fest.

Muss ich auch! Morgens nölende Kinder. Dann arbeiten. Nachmittags hole ich dann ein nölendes Kleinkind ab, das fertig von seinem Tag ist. Das sich weigert, Treppen zu steigen und beim Hochtragen stampft, sich windet und mir aufs Ohr haut, das es klatscht! Das zum Bäcker will, dann aber die Streuselschnecke mit Schmackes in die nächste Ecke pfeffert. Das sich auf dem Spielplatz bäuchlings in den Sand schmeißt und heult. Kommen wir dann so gegen fünf zu Hause an, guckt mir eine alte, grauhäutige Frau müde aus dem Spiegel entgegen und die Frau denkt nur: `Wann darf ich endlich ins Bett gehen?!`

Nach dem Abendessen, wenn endlich Ruhe einkehrt, schlurfe ich nur noch zu meiner Ecke der Couch und lasse mich von Netflix berieseln. Früher habe ich abends auch mal genäht und ja, sogar gebloggt! Nein, jetzt bin ich nur müde. Andere Leute machen dann noch Wäsche oder putzen eine Klobrille. Ich mache nichts mehr. Ich nicke allenfalls, wenn der Bärtige anmerkt, dass andere Leute abends noch mal „rausgehen“ oder Leute einladen würden. Ja, davon habe ich auch gehört.

Das bleibt dann alles fürs Wochenende. Damit ich was habe zum Drauffreuen. Aber da werden immer pünktlich alle krank.

Eigentlich sind wir immer krank. Seit September sind wir ständig krank. Seit Kita-Eintritt alle latent erkältet, durchsetzt mit vollgekotzten Nächten und garniert mit Blasenentzündungen. Freitags wird immer eine neue Runde im Infekt-Roulette eingeläutet.

Heute zum Beispiel, während ich das hier mit Ohrenschmerzen schreibe, ist der Pubi wegen einer Erkältung krankgeschrieben, der Blondino hat eine Bindehautentzündung und der Bärtige muss aufgrund chronischen Hustens seit Wochen im Sitzen schlafen. Und hat deshalb einen steifen, schiefgelegten Hals. Das sieht nicht nur Scheiße aus, das fühlt sich auch so an.

Arbeiten gehen wir gefühlt nur noch nach dem Zufallsprinzip. Im Februar schon hatten wir die Hälfte der Kindkrank-Tage bereits verbraten. Besserung ist nicht in Sicht. Nachts träume ich wild und erwache schweißgebadet. Zum Beispiel, dass Mike Ehrmanntraut (der von „Breaking Bad“) mein Kunde sei und mit der Kanone vor meinem Gesicht rumfuchtelt und irgendwas will, während der Bärtige vier Kinder für uns adoptiert hat (drei Jungs, ein Mädchen). Und gestern träumte ich, ich fahre einen Bus, in dem alle meine Exfreunde sitzen. Ich bin die Fahrerin. Einer dreht aber durch in dem Bus und ich musste die anderen – während ich den Bus fuhr – irgendwie anweisen und dazu bekommen, den Verrückten zu fesseln und zu beruhigen. Mann, war ich froh, als das Baby mich halb fünf geweckt hat!

Meine Nächte sind also auch nicht erholsam, spiegeln aber gut meine Zerrissenheit wider.

Vereinbarkeit. Keine Ahnung, was das bedeutet. Das Prinzip Wochenende lässt sich nicht mit dem Prinzip Feierabend vereinbaren. Außer, ist stelle Personal ein, das meine Wohnung putzt, einkauft und die Wäsche macht. Und am besten gleich auch noch die kranken Kinder betreut. Das zahlt dann auch in das Prinzip „berufstätig mit Kindern“ ein, wenn man wie ich nicht auf das altbewährte und nie genug geschätzte Prinzip Oma zurückgreifen kann. Dann muss ich aber auch mehr arbeiten, um das ganze Personal zu entlohnen. Outsourcing, Off-, Nearshoring von Familienthemen habe ich auch noch nicht in Betracht gezogen.

Vielleicht macht mich der permanente Keimbeschuss in Co-Einheit mit permanenter Winterdunkelheit und Schlafentzug auch langsam matschig in der Rübe.

Vielleicht wird alles irgendwann besser! Vielleicht will ich auch einfach zu viel.

Vielleicht aber lerne ich bald, mit einer dreckigen Wohnung zu leben oder gewöhne mir den täglichen Konsum von Energy Drinks an um munter abends noch eine Runde Fenster zu putzen im Dunkeln. Vielleicht gewöhne ich mich daran, dass ich nicht nur eine dreckige Wohnung habe, sondern auch keine Energie mehr für mein Kleinchen. Vielleicht gewöhnt sich das Baby auch irgendwann daran, dass wir uns nur morgens zwei und abends drei Stunden sehen und dass es die Zeiten sind, in denen er müde und schlechtgelaunt ist. Dass das „das Leben“ ist.

Außer natürlich am Wochenende. Dann ist alles noch viel superer!

Man muss sich inmitten von allem Driss und allen Notwendigkeiten irgendwie noch was Schönes einplanen. Inseln schaffen.

Wir wollten zum Beispiel wenigstens am vergangenen Sonntag schön Essen gehen. Es war dann so, dass der Bärtige mit den Kindern „schön“ bei Mc Donalds war, während ich mit Gewitter im Kopf im abgedunkelten Schlafzimmer lag und wartete, dass sich die Migräne verzieht. So ist das immer mit den Plänen.

Vielleicht habe ich auch einfach nur eine lange Reihe beschissener Tage. Vielleicht ist einfach nur zu lange Winter in diesem Jahr.

Aber was es auch ist, es fühlt sich warm und weich an…

SCHEIßE!

 

 

 

 

Wochenende in Bildern (mit und ohne, also eher mit ohne)

Bevors losgeht möchte ich noch betonen, dass ich das Konzept von „Wochenende in Bildern“ (#wib) schon verstanden habe, auch wenn es gleich nicht mehr ganz den Anschein hat.

Ich mag das sehr, Fotos als Tagebuchblogpost. Auch die Aktion „12 von 12“ mit den zwölf Fotos des zwölften eines Monats liebe ich. Also bei den anderen! Das sieht immer so schön aus. Und so entspannt. Ich habe auch hier schon mal darüber getextet.

Leider leider renne ich meistens Samstags ohne Handy in der Gegend rum oder merke erst am Abend, dass es bereits Samstag Abend ist und ergo das halbe Wochenende vorbei oder dass gestern der zwölfte des Monats war. Nämlich immer dann, wenn die fleißigen Bloggerkollegen ihre Fotocollagen auf allen Kanälen posten. Mensch, Nieselpriemerin!

Außerdem sind unsere Wochenenden so spektakulär unspektakulär, dass ich meist gar nicht weiß, was ich fotografieren sollte, wenn ich denn daran denken würde UND ein Gerät zum Ablichten der Umgebung dabei hätte. Glaubt ihr nicht?

Samstag. (Ohne Foto) Der Blondino weckt mich halb sieben. Ich trinke Kaffee und herzle mich durch Instagram, während das Kind schlaftrunken am Tablet „Helden der Stadt guckt“. Ich muss viele Likes verteilen, also überzieht das Kleinkind die angeratene Medienzeit um vierhundert Prozent. Frühstück verweigert er. Ich packe für das Kind Filinchen mit Honig in meine Manteltasche und beschmiere mich und den Mantel dabei großflächig, obwohl das Filinchen eingepackt war. Vor Wut esse ich das blöde Filinchen! Dann Kind in Schneeanzug fummeln, feststellen, dass der Reißverschluss von dem drei Wochen alten Teil defekt ist über Nacht. Umdisponieren und das Kind alternativ in Zwiebellook einhüllen bis zur Bewegungsunfähigkeit. Das steife Kind die zwei Treppen runter schleppen und in Kinderwagen reinfummeln. Die Kinderkarre im Kaufmannsladen vollladen und nach Hause schieben. Das Kind frühstückt derweil frische Semmeln im Kinderwagen. Den Mann wecken und zwingen, die Einkäufe hochzutragen. Dann feststellen, dass die Bude dreckig wie die Sau ist und mit dem Mann streiten, ob es a) ausreichend ist, einmal im Monat zu saugen und b) wer den Dreck hier macht, obwohl doch alle Familienmitglieder ganztags aushäusig sind und c) dass es alles nichts nützt und wir jetzt Schnick-Schnack-Schnuck machen, wer die Bude clean-t und wer so lange draußen das Kind im Hof bekaspert. Er verliert. Oder ich, wie mans nimmt. Saugen, Wischen, Abstauben, dazwischen zwei Maschinen Wäsche hin- und herräumen, irgendwas kochen, dann kommt der Mann miesgelaunt wieder und ich erkläre, irgendjemand müsse aber noch zu blau-weiß, weil das eingekaufte Essen von heute Morgen nicht reichen würde und ja, Scheißwochenende! Ich fahre, er hat weiter Kinderdienst. Knapp entkomme ich durch mein beherztes Reaktionsvermögen einem Verkehrsunfall (Ich hatte im übrigen in diesem Jahr noch keinen einzigen Unfall, möchte ich an der Stelle mal betonen!) und dann ist auch schon Abend oder so. Ich teile dem Mann mit, dass ich jetzt schon wieder losmüsse, weil das Kind keinen funktionierenden Schneeanzug besäße und falls es jemals eine Situation gegeben hätte, in der ein Dresdner Kind einen Schnee(!)anzug brauchen tun würden täte, dann ja wohl jetzt! Draußen vorm Fenster fallen jede Menge Argumente dafür vom Himmel. Ich düse also abends noch in einen Shoppingtempel um Nachschub zu organisieren und fühle mich dort irgendwie in die Zone zurückversetzt. Schneeanzüge? Ausverkauft! Im dritten Geschäft finde ich dann einen petrolblauen Anzug mit Paisleymuster und rotem Fleeceinnenfutter. Einen. Wie in der DDR. Mir ist schon klar, warum dieses Modell noch nicht ausverkauft war (es stach mir förmlich ins Auge), aber Samstag Abend im Schneetreiben ist die Not groß. Zu Hause dann Planung der Abendgestaltung. „Seit dieses Netflix in unserem Haus ist, versumpfen wir jeden Abend auf der Couch!“(er). „Stimmt, furchtbar ist das!“. „Also wir müssen auch mal wieder was anderes machen, früher haben wir doch auch nicht ständig vor der Glotze gehangen.“. „Genau! Und immer dieses Rumgefresse dabei! Ich sehe noch von Weihnachten aus wie ein Autoscooter um die Taille. Das muss wirklich aufhören!“. „Ja! Und was machen wir dann nun heute Abend?“. „Hm. ´Better call Saul`?“. „Gute Idee! Käsedip oder Salsa zu den Chips?“. „Du, ich denke, ich esse den Kindern ihre Weihnachtssüßigkeiten weg.“. „Alles klar, in fünf Minuten auf der Couch?!“. „Nu, genau.“

(Sich an dieser Stelle erinnern, dass Samstag ist und anfangen, verschwommene Fotos zu knipsen.)

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Sonntag wecken halb sechs. Es sind wieder die üblichen Frühaufsteher am Start. Kaffee, Tablet, Instagram. Frühstück (ohne Foto). Sich zwei Stunden später daran erinnern, dass Wochenende ist und anfangen zu fotografieren.

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Die Jungs sind im Hof, ich mache meine Witze. Irgendjemand schmeißt Schneebälle in die zweite Etage nach mir. Und trifft.

Alle drei Kinder spielen schön im Schnee, während ich mich ausruhe und einen faulen Lenz habe… also Wäsche, Wäsche, Wäsche, backen, kochen… und mich frage, ob eigentlich alle arbeitenden Elternleute so ein unentspanntes Wochenende haben. Wo bleibt denn da der Spaß?IMG_0492Hier in diesem Milchzopf ist er jedenfalls nicht! Klassischer Fall von „Wenn man es nicht wüsste“. Sieht lecker aus, oder? Nun ja, ich hab den Zucker vergessen. Schmeckt wie weiche Pappe.IMG_0494Nur, damit ihr´s wisst: Ich würde unter Eid stets abstreiten, dass ich eine derartige Jogginghose überhaupt besitze. Und die Strümpfe! Unnötig zu erwähnen, dass ich nicht an die Tür gehe, wenn es klingelt. Nie. Nicht in meinen Sonntagssachen.

IMG_0491Wenns läuft, dann läufts! „Irgendwas mit Reis“ war der Essenswunsch. Irgendwas wurde eine Hähnchenpfanne mit Frischkäse-Curry-Sauce. Ziemlich versalzen. Dazu halbrohe Erbsen und verkochte Bohnen und Reis, der beide Attribute vereint: Versalzen und verkocht! Sag ich doch, wenns läuft…IMG_0486Dem Kind den Nachtisch weggegessen. Weil ich fies bin!IMG_0502Der Mann muss den Nachmittag über arbeiten und versteckt sich vor seiner Familie im Arbeitszimmer. Der Pubi muss auch irgendwas arbeiten und versteckt sich vor seinem Bruder und mir im Raum neben dem Arbeitszimmer. Die übriggebliebenene Familienmitglieder gehen raus, bis die Laternen angehen. IMG_0504

IMG_0511Suchbild. Hier sehen sie die berühmte Dresdner Altstadtsilhoutte. Sekundogenitur, Georgentor, Hausmannsturm, Frauenkirche,Schloß, Stallhof, Kreuzkirche. Jeder nur ein Foto! So, das wars. Bitte weitergehen und in der Gruppe bleiben!IMG_0516

Mir abends einen Kaffee von meinem liebsten Badewannenbarista zubereiten lassen…IMG_0520…und dann, und dann, und dann?! Und dann setze ich mich ins Arbeitszimmer und schreibe mal wieder einen Artikel fürs Blöggel. Gibts dann morgen. Ja-ha, das Netflix bleibt heute kalt. Wenn nichts dazwischenkommt. Und ich habe mir extra dafür die Jogginghose ausgezogen!

 

Mehr Wochenenden anderer Leute gibts bei Susanne von Geborgen wachsen, die diese Aktion ins Leben gerufen hat.

 

 

 

Tür 15 – Geschenke aus Pieschen Teil III

Tür 15 – Geschenke aus Pieschen Teil III

(Dieser Beitrag enthält Werbung)

Elena Martín hat ihre Keramikwerkstatt auf der Gehestraße 33 in Dresden Pieschen. Wir treffen uns zu Orangentee und Plätzchen vorm genütlichen Öfchen. Und eigentlich wollten wir nur über Keramik sprechen…IMG_0129

Rike: Zu Beginn: Drei Worte über Pieschen?

Elena: Jung, alternativ, Potential.

Rike: Was niemand weiß, der dich nicht kennt: Du hast einen ganz zauberhaften Dialekt! Wie hat es dich nach Dresden verschlagen?

Elena: (lacht) Ja, ich bin Spanierin. Ich habe Germanistik studiert in Spanien und bin dann mit einem Stipendium nach Leipzig gekommen. Das war vor zwölf Jahren. Dort habe ich Spanischkurse gegeben, aber irgendwann war Zeit für eine Veränderung. In Dresden habe ich dann eine Ausbildung zur Keramikerin gemacht und so bin ich jetzt seit sieben Jahren hier.IMG_0157

Rike: Was würdest du sagen, ist Dresden deine Heimat?

Elena: Leipzig war meine deutsche Heimat. Ob Dresden auch meine Heimat wird, mal schauen.IMG_0156

Rike: Aktuell ist Dresden oft wegen unschöner Aktivitäten in der Presse. Wie empfindest du das? Sind die Dresdner ausländerfeindlicher als andere Menschen?

Elena: Das kann ich nicht sagen. Ich denke, die Situation könnte überall sein, irgendwo. Auch in Spanien oder Frankreich. Aber sie ist jetzt in Dresden. Man sieht so viele Leute auf einem Haufen, die ganz offensichtlich gegen Ausländer sind, das ist erschreckend. Aber ob es hier mehr sind als anderswo, das weiß ich nicht. In meiner Umgebung engagieren sich alle Leute für die Flüchtlinge, niemand hetzt. Ich kenne keinen Dresdner persönlich, der sagt, die müssen weg! Die sollen nicht kommen! Im Gegenteil. Aber trotzdem sieht man die vielen Leute da montags, das finde ich furchtbar. Freunde von mir sind schon weggezogen deshalb, aber ich frage mich immer: Wohin? Das Problem ist kein Dresdner Problem, auch kein deutsches. Das weiß ich.IMG_0155

Rike: Was ist mit Alltagsrassismus?

Elena: Ja, das habe ich schon erlebt, dass ich mit meinen Söhnen auf der Straße Spanisch gesprochen habe und eine Frau vorbeiging und mich anschnauzte: Sprich gefälligst deutsch! Ich denke dann, na hör mal! Was soll das?! Eigentlich fühle ich mich überhaupt nicht als Ausländerin und ärgere mich in solchen Momenten nur über diese Personen. Ausländerin bin ich bei den Behörden und das regt mich auf. Seit dreizehn Jahren haben wir die EU. Ich lebe seit zwölf Jahren in Deutschland, auf meinem spanischen Ausweis steht meine deutsche Adresse. Aber wenn ich ein Konto eröffnen will, kann ich mich nicht mit dem spanischen Ausweis identifizieren. Da brauche ich meinen Reisepass oder ein Extra-Papier. Und weißt du, ich hätte vor kurzem beinahe meinen Führerschein verloren! Das musst du dir mal vorstellen, wegen den Vorschriften. Und weil es noch immer keine einheitlichen Richtlinien gibt. Ich habe einen spanischen Führerschein und in Spanien ist das so, dass der nach zehn Jahren abläuft und man als Spanier dann zum Sehtest muss und einen Test absolviert. Je älter man ist, umso kürzer werden die Abstände…IMG_0138

Rike: …Das finde ich super! Das sollte man als EU-Richtlinie einführen!

Elena: Ja! Jedenfalls denke ich mir so, hm, die zehn Jahre müssten doch bald rum sein, frag ich mal in der Botschaft nach. Ich rufe in der spanischen Botschaft in Berlin an und die sagen, ja, sie müssen einen deutschen Führerschein beantragen. Ansonsten läuft ihr spanischer Führerschein aus und sie haben weder in Spanien noch in Deutschland eine Fahrerlaubnis! Ich denke mir, die wissen, dass ich seit zwölf Jahren hier lebe, wo ich lebe, das wissen die. Aber wenn ich nicht zufällig daran gedacht hätte, müsste ich jetzt hier und auch in Spanien noch einmal neu den Führerschein machen. So ein Quatsch! Und es gibt so viele Dinge, die mich ärgern. Da haben wir eine EU und trotzdem ist es nicht einfacher geworden. In solchen Situationen bin ich Ausländerin.IMG_0141

Rike: Ich freue mich jedenfalls sehr, dass du hier bist!

Elena: Ich freue mich auch.IMG_0147

Rike: Du hast drei Söhne, bist selbständig und dein Mann arbeitet im Schichtdienst. Wie klappt das bei euch?

Elena: Ich muss meine Öffnungszeiten und die Termine meiner Töpferkurse um Albrechts Jahresschichtplan drumherum bauen, anders geht es nicht. Und ich würde gerne länger im Laden stehen, aber das geht eben nicht, weil ich oft die Termine der Kinder am Nachmittag alleine schaffen muss. Auch wenn er im Haushalt das eine oder andere nicht macht, kümmert sich Albrecht um die beiden Großen wie um den Kleinen, sein eigenes Kind. Ohne ihn wäre die Eröffnung meiner Werkstatt unvorstellbar gewesen. Er hat vieles hier gebaut, zum Beispiel den Holzbrennofen, und wenn ich drei Tage beim Brennen bin oder auf dem Töpfermarkt oder beim Kurs, dann ist er alleine mit den Jungs. Oft geben wir uns die Klinke in die Hand. So unterstützen wir uns. Aber es ist schon anstrengend! (lacht)IMG_0137

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Rike: Bevor ich dich persönlich kannte habe ich mir auch schon die Nase an deinem Schaufenster plattgedrückt. Es steht aber da, man kann dich außerhalb der Öffnungszeiten anrufen und einen Termin vereinbaren.

Elena: Ja, natürlich! Wenn ich kann, komme ich und öffne den Laden auch außerhalb der Öffnungszeiten.IMG_0153

Rike: Deine Kurse sind sehr gut besucht, vielleicht auch, weil das Ambiente hier einfach zauberhaft ist.

Elena: Es sind immer nur zwei Teilnehmer zur selben Zeit hier. Zum einen ist es ja klein, wie du siehst und zum anderen habe ich so genug Zeit, mich um die Teilnehmer zu kümmern.

Rike: Man kann bei dir alles vom Teller, über Tassen, Becher, Krüge, Butterdosen bis hin zu Möbelknäufen und Löffeln kaufen. Und jetzt sogar Räucherkerzenhalter.

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Elena: Im Advent ist das Sortiment hier ein wenig auf die Weihnachtszeit ausgerichtet, es gibt auch noch mehr typische Weihnachtskeramik. Deshalb ist auch in der Adventszeit der Laden samstags geöffnet.

Rike: Wie sieht Weihnachten bei euch in der Familie aus?

Elena: Wir sind eine Patchworkfamilie. Die beiden großen Jungs sind an diesem Weihnachten in Berlin bei ihrem Vater, wir anderen drei fahren zu einer Freundin am Heiligabend und kochen dort.

Rike: Vermisst du das spanische Weihnachten?

Elena: Nein, ich vermisse das nicht. Weihnachten ist erst seit den Kindern für mich wirklich Weihnachten. Und das kenne ich ja nur als deutsches Weihnachtsfest (lacht).

Rike: Wie ist Weihnachten in Spanien?

Elena: Am Heiligabend wird richtig gekocht. Salat mit Würstchen ist kein Weihnachtsessen! Es gibt zum Beispiel Fischsuppe, dann Meeresfrüchte, dann Fleisch und dann einen Nachtisch. Am fünfundzwanzigsten Dezember kommt morgens der Weihnachtsmann und bringt Geschenke, aber das ist neu. Also der kommt erst seit den Neunzigerjahren. Vorher bekamen die spanischen Kinder ihre Geschenke erst am sechsten Januar von den Heiligen drei Königen. Jetzt bekommen sie aber immer noch am sechsten Januar Geschenke von den Heiligen drei Königen. Und extra am fünfundzwanzigsten Dezember vom Weihnachtsmann!IMG_0139

Rike: Die Glückspilze! Das muss auch EU-Richtlinie werden!

Elena: Und in Spanien ist nicht der Baum das Weihnachtssymbol, sondern die Krippe. Und da gibt es ganz unglaubliche Basteleien. Da bauen manche Leute riesengroße Krippen selber mit Tieren und einem Fluss aus Alufolie und was weiß ich, das kann man dann auch besichtigen. Weihnachtsbäume gibt es nicht. Nur ganz schreckliche aus Plastik…

Rike: Und was ist noch typisch für spanische Weihnachten?

Elena: Turrón zum Beispiel. Das ist eine Süßigkeit, Mandeln in so einem Block, ähnlich dem griechischen Nougat. Und Polvorones! Das ist ein sandiges Gebäck und wenn du dir einen von diesen großen Keksen in den Mund steckst und mit vollem Mund „Pamplona!“ rufst, dann ist was los! (lacht lauthals)

Rike: Schöne Weihnachten, liebe Elena!

Elena: Dir auch!

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Wer Elena, ihren bezaubernden Laden und die wunderschöne Keramik selbst kennenlernen will, der kann sich auf ihrer Website über freie Kurstermine informieren : Keramik Elena Martín

Oder persönlich vorbeikommen: IMG_0160

Und die liebe Elena hat mir einen Teebecher gegeben (mit für sie typischem Buchstabendruck), den ich hier an jemanden verschenken darf.IMG_0165

Also schreibt mir bitte eine eMail mit Betreff „Keramik“ an nieselpriem.blog@gmail.com und am 20.12. 2015 findet der Becher einen neuen Besitzer. Wie immer gilt: Um an einem Gewinnspiel teilzunehmen, musst du achtzehn Jahre alt sein (älter ist durchaus erlaubt). Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, eine Barauszahlung ist ausgeschlossen. Viel Glück!

Montags

Manchmal braucht selbst ein Blogpost ein Vorwort. Montage. Wenn man sich für zwei Jahre auf Bora Bora, Ziyaraifushi oder in Erziehungszeit befindet, haben Wochentage überhaupt keine Relevanz. Montag, Freitag, Sonntag, Wurscht. Der Tag wird durch Naturgewalten strukturiert und nicht durch Uhr und Kalender. Da sitzt man da auf seiner Insel und liest Beiträge über Vereinbarkeit und die Quadratur des Kreises, nickt mit klugem Blick Wissen vorschützend und hat schlichtweg keine Ahnung! Kommt man dann nach zwei Jahren zurück aus Bora Bora, Ziyaraifushi oder der Erziehungszeit, Zack!, hat man auf einmal wieder Wochentagsgefühle. Und Zeitdruck! Und der Montag ist ja ein besonderes Schätzchen unter den Wochentagen. Der zeigt den Menschen im fahlen Morgenlicht von seiner allerfeinsten Seite. Mich zum Beispiel…

Quatscht mich bloß nicht an heute! Ich habe Laune. Also so richtig. Halb sechs wecken. Die Nacht war viel zu kurz, das Wochenende zu unerholsam und es ist mir schnurzpiepegal, ob der Allerbeste von allen extra und nur wegen mir und aus übergroßem Mitgefühl und dem Wunsch zu helfen heraus extra bis ein Uhr nachts wach geblieben ist um dem Blondino eine Milchpulle in den Hals zu stopfen. Weil, wenn nicht, hätte vermutlich ich irgendwann zwischen zwei und drei rangemusst. Ist mir egal! Hilft mir überhaupt nicht. Ich bin so fertig. Ich halte mich an der Kaffeemaschine fest, damit ich nicht umfalle.

Der Blondino schaufelt Müsli in die Zuckerschnute und löffelt Milch aus seiner Schüssel auf den Tisch. Und den Fußboden. Und verlangt nach meeeeehr Milch. Ich renne kopflos hin und her und mache sinnlose Handgriffe. Räume Brötchen, Wurst, Käse, Salat und Marmeladengläser von A nach B und dann nach C. Fange an, Brotbüchsen zu bestücken. Renne wieder in der Küche rum, rutsche in der verschütteten Milch aus. Der Blondino will runter. Er will seinen Bruder wecken. Oder den Papi. Oder beide. Ich will nichts davon. Ich will duschen oder mir wenigstens das Gesicht waschen. Und mich schminken. Die Brotbüchen sind auch noch nicht fertig. Stattdessen bespiele ich leise („Leiiiiise! Psst. Wir sind jetzt beide mal ganz leiiiiiise!“) das Kleinkind, damit die anderen beiden noch ein paar Minuten schlafen können.

Für´n Arsch! Ich will wieder ins Bett. Aber ich bin erwachsen, ich muss irgendwas. Nach Wollen fragt das Leben gar nicht mehr.

Ich muss den Pubi wecken. Der dreht auch gleich auf und rennt lauthals in Schlübbern in der Bude rum und quatscht mich voll. Will mir irgendein Level von irgendeinem Spiel zeigen, seinem Bruder den Fußball an den Kopf kicken, seine Plüschtiere jetzt sofort alle von dem Blondino wiederhaben, über Taschengeldabmachungen diskutieren und generell mehr Computerzeit und überhaupt. „Zieh dir erst mal was an und geh dir die Zähne putzen, Mensch!“, sage ich entnervt. „Menns!“, pflichtet der Blondino mir bei, während er den Tritthocker durch die Küche schiebt um die Kaffeemaschine zu entern.

Zehn Minuten später habe ich den mittlerweile angezogenen Pubi zum Frühstücken an den Tisch gequatscht und bereits viermal das Babylein vom Tritthocker wieder runtergeholt. Jetzt haut er ab, die Hose hängt ihm unterhalb vom Arsch und ein grüner Schleimbatzen aus seiner Nase raus und klebt nun an seiner Wange. Ich versuche, die mobile Schleimschleuder einzufangen. In der Zwischenzeit fährt dieser sich lösungsorientiert mit dem Pulloverärmel einmal „Wisch!“ übers Gesicht.

Ich bin jetzt anderthalb Stunden wach, habe nichts gegessen und trage eine Leggings und ein Schlabbershirt. Meine Haare hängen zottelig in einem Knoten schief auf meinem Oberkopf und ich stehe in einer wüsten Küche voller angefangener Brotbüchsen, leerer Müslisschüsseln und so weiter und habe keinen Plan, was ich jetzt zuerst machen soll.

Ah, jetzt weiß ich es. Ich verstecke mich im Bad und färbe mir die Augenbrauen… Zehn Minuten Pause. Mir egal, was die Blagen dort draußen jetzt machen. Meine Finger zittern beim Auftragen und mir ist die Abstrusität der Situation durchaus bewusst. Ich male weiter.

Angescheuselt wie Theo Waigel beschließe ich, den Mann aus Morpheus´Armen zu reißen. Der aber steht schon völlig schlaftrunken inmitten der Küche und guckt genauso begeistert wie ich. Allerdings ist er wesentlich entscheidungsstärker: Er nimmt sein Handy vom Tisch und geht wieder ins Bett. Börsenkurse studieren, Clash of Clans spielen. Ich bin zu müde um zu protestieren. Aus dem Bett heraus gibt er dann auch Anweisungen an die Kinder, die diese selbstverständlich ignorieren. Hauptsache, er fühlt sich besser. Immerhin hat er ja geholfen!

Ich atme. Ein. Aus. Reiße Klamotten aus meinem Schrank und trage sie in irgendein Zimmer. Packe die Brotbüchsen weiter und räume Zeug in den Kühlschrank und die Spülmaschine. Nein, nicht in die Spülmaschine, die ist selbstverständlich voll mit sauberem Geschirr. Selbstverständlich!

Was würde ich dafür geben, mir selbst jetzt ruhig zureden zu können, dass in einer Stunde alle weg sein werden und ich Zeit für einen Kaffee in Ruhe habe. Und den Rest des Tages Zeit, das Chaos zu beseitigen. Aber nein, geht ja nicht. Und ich rege mich schon wieder auf. Diesmal, weil mir der Artikel einfällt, den ich vor einigen Tagen auf einem Blog gelesen hatte, weil ich mich im Internet verklickt hatte. Da konnte ich also versehentlich lesen, wie stressig der Tag so mit einem Kleinkind sei. Also aus Hausfrauensicht. Das ist so stressig, da muss sie jetzt Yoga machen und autogenes Training und eine Putzfrau musste der Mann auch einstellen. Das packste einfach nicht! So als Hausfrau und Mutter auch noch den Haushalt. Völlig verblüfft guckte ich nach: Tatsächlich. Mutti, Vati, ein Kind. Eins. Und einen Stress hat die! Alter Falter! Ich stand so da und regte mich gleich noch mal auf. Dein scheißstressiger Hausfrauenalltag sind ab jetzt meine verfluchten paar Urlaubstage! Und meine Wochenenden! Das hat man davon, wenn man sich aus Versehen mal verklickt. Man kann wirklich nicht genug aufpassen mit diesem Internet.

Fünf Minuten später. Der Mann steht in der Küche. „Warum ist denn das Spülbecken schon wieder voll? Haben wir keine Spülmaschine? Wie´s hier aussieht… Komm Baby, wir gehen Zähneputzen.“. Ich rufe hinterher, dem Baby solle er auch gleich die Zähne putzen und höre als Antwort, das wäre ja mal wieder klar, dass ich das vergessen hätte. Es fehlte nur noch die Frage, was ich denn überhaupt bis jetzt so getrieben hätte in diesem Saustall. Ich platze! Innerlich.

Gegen halb acht bin ich mittlerweile halbwegs vorzeigbar, der Pubi ist aus dem Haus und der Mann sitzt mit Kaffee in der Küche. Ich mache mir was zu essen, während der Blondino an meinen Beinen hängt, seinen Schlonz bei mir abwischt und versucht, an mir hochzuklettern. Der Mann sitzt.

Irgendwas sagt er. Dann sehe ich rote Blitze vor meinem inneren Auge und explodiere. Also diesmal sichtlich und hörbar!

Dann lege ich dem Blondino alle Sachen raus zum Drüberziehen, die Kindergartenbeutel bestückt neben die Türe, telefoniere kurz mit dem Krankenhaus wegen dem Großen und packe meine Tasche.

„Du willst schon gehen?“ (der Mann). „SCHOOON?! Schon gehen? Normalerweise war ausgemacht, dass du dich morgens kümmerst und ich nachmittags! Praktisch habe ich morgens und nachmittags die Kinder und, ach so,  zwischendurch bin ich auch noch arbeiten! Theoretisch sollte ich schon im Büro sein. Praktisch schmeiße ich hier morgens alles bis aufs Wegbringen und praktisch komme ich jeden Morgen eine halbe bis zwei Stunden zu spät auf Arbeit! Sei mir bloß still.“. Ist er nicht. Er erwähnt seine heroischen nächtlichen Flaschendienste. Ich gehe.

Auf dem Weg zum Büro werde ich beinahe über den Haufen gefahren, als eine alte Hobelschlunze („Du blöde alte Hobelschlunze!“) mit ihrem BMW Panzerfahrzeug eine Einfahrt nehmen will, über die ich gerade laufe. Ihr Kopf ist soweit nach hinten rechts verdreht, dass sie aussieht wie Anjelica Huston in „Der Tod steht ihr gut“. Ich entrinne nur durch einen beherzten Sprung nach vorn.

Der BMW. Wie blöde muss man sein. Also ich. So schön hätte ich jetzt liegen können! Im Krankenhaus zwar, aber immerhin liegen. Für Wochen vielleicht. Mit viel Glück hätte ich mir beide Beine gebrochen. Oder sogar den Hals. Hach, einfach nur liegen. Und schlafen…

Dann sitze ich mit kleinen roten Schweineäuglein in dem viel zu hellen Großraumbüro und die Leute reden. Telefonieren, laufen an mir vorbei. Was wollt ihr? Wieso seid ihr wach? Was mache ich hier? Ich will zurück auf die Insel!

 

Und warum man Posts über Montage am besten Dienstags publiziert, ist auch klar: Dann kann sogar die Autorin mitlachen. 😀

Es nervt!

Wenn ich dieser Tage in den Blogs, die ich so gerne lese, umherstöbere oder das Facebook öffne, werde ich bombardiert mit Buzzwords wie „Vereinbarkeit“. Oder „Pink Stinks“. Große Sache!

Das ist jetzt in Mode, jede (sorry, ich lasse das „r“ da mal raus und hoffe, es wird mir nicht gleich Sexismus unterstellt) die was auf sich hält, springt auf den Zug auf und hat zum Thema eine Blogparade, eine Umfrage oder dergleichen laufen.

Es gibt ja immer mal wieder Themen, die als Trend eine Weile das bloggende Volk umtreiben, und nun diese „Vereinbarkeit“. Und „Pink stinks“. Zum Beispiel.

Ich bin gelangweilt, mit Hang zum Genervtsein.

Fangen wir hinten an: Pinke Klamotten für Mädchen, geschlechtsspezifische Süßigkeiten, die ganze Gentrifizierung ist eine Marketingkampagne. Und ja, irgendwer kauft offensichtlich den Scheiß. Genauso, wie es Leute gibt, die die anderen Abscheulichkeiten kaufen, die die große, bunte Marktwirtschaft für uns Verbraucher bereithält. Warum regt ihr euch so auf? Niemand muss das kaufen, das ist nur ein Angebot! Von der Nachfrage bestimmt. Es gibt auch grüne, graue, beige Klamotten ohne Aufdruck und Pipapo. Könnt ihr kaufen. Oder selber filzen, häkeln, nähen. Aber ja, es gibt das auch zu kaufen. Genauso wie achtundzwanzig Sorten Olivenöl. So viele Sorten Oliven gibt’s nicht mal! Jeder darf sich aussuchen, was zu ihm passt. Nach seiner Facon.

Aber diesen Wirbel verstehe ich nicht! Was soll da passieren? Negative Kindesbeeinflussung? Also, echt. Ich hätte als DDR-Kind für einen rosa Samtpullover den Weihnachtsmann an die Stasi verpfiffen und hatte emanzipatorisch vollkommen einwandfreie weibliche Vorbilder!

Vor allem frage ich mich: Welches Ziel verfolgt eure ganze Aufregung? Einfach mal wieder aufregen? Gibt’s sonst keine Aufreger in euerm Leben? Dann beglückwünsche ich euch recht herzlich! Wünschenswert wäre natürlich, ihr könntet diesen Zustand auch genießen und würdet nicht pausenlos Probleme herbeireden. Viel Wind machen. War ja auch zu windstill die letzten Tage.

Ebenso wie diese „Vereinbarkeitsdebatte“. Ich denke, ich habe genug gelesen, um mich auch hier zu fragen: Was soll das? Worauf wollt ihr denn hinaus? Was soll rauskommen bei dieser Diskussion? Werdet ihr euch dann abends zu euerm Mann auf die Couch setzen und verkünden: „Also, pass auf. Ich habe das in der Blogparade und mit meiner Twitter-TL durchgehechelt und die sagen auch… also ab morgen läufts hier anders!“.

Am Ende klärt das doch jede für sich und mit dem Männchen an ihrer Seite. Und gemäß den vorliegenden beruflichen Rahmenbedingungen. Oder? Denn schon, wenn man sich als Paar näherkommt, klopft man doch die Vorstellungen von einer Paarbeziehung ab. Will ich, dass wir alles gemeinsam machen oder bin ich mehr für Spezialisierung. Will ich mich lieber um die großen K´s kümmern, während ER sich um die Steuererklärung, Reparaturen, Spinnen und alles zur Mobilität der Familie Gehörende müht. Das klärt man frühzeitig. Und wenn es aus einem Grund nicht mehr passt, klärt man erneut. Unter vier Augen. Und justiert notfalls nach, wenn die Familie sich vergrößert und die Rahmenbedingungen sich ändern.

Warum wird das in die Öffentlichkeit gezerrt? Wo soll der Nutzen sein? Außer, dass ihr euch gegenseitig kirre macht?

Ja, und wenn ihr frühzeitig nach dem Kinderkriegen wieder arbeiten wollt, dann könnt ihr das! Klärt das mit dem Mann, der zu eurer Familie gehört. Besprecht das. Bleibt halt er zu Hause. Oder ihr beide. Oder ihr kümmert euch um eine Betreuung für den Nachwuchs. Kita plus Tagesmutti plus Au pair plus Oma plus Nachbarin. Was weiß denn ich. Geht alles. Könnt ihr doch machen! Oder nicht? Was wollt ihr denn? Na gut, dreimal pro Jahr Urlaub ist dann nicht drin. Was soll dieses Gewirbel? Ich sehe das Ziel nicht. Wollt ihr eine Absolution, dass das alles richtig und gut ist, wie ihr das macht? Seid ihr so unsicher?

Meine alte Hebamme hat mal zu mir gesagt: ´Um als Mutter glücklich zu sein, kümmere dich zu allererst um dich. Dann um deine Beziehung. Und dann um deine Kinder.`Klingt grausam. Aber nur auf den ersten Blick. Aber ich höre hier auch nur unzufriedene Frauen und Mütter lamentieren, wenn ich eure modernen Diskussionen verfolge. Daran wäre zu arbeiten. Das gehört zu hinterfragt. Wem drückt denn wo und warum der Schuh.

Jetzt kommt bestimmt: „Ja, aber…!“. Ja, aber, was? Ihr seid erwachsen, trefft eure Entscheidungen und lebt damit. Und am besten korrelieren die auch mit den Bedürfnissen eurer Familie, denn hier lebt ja nicht jeder für sich auf einer Insel. Und hört auf, euch über rosa Eier aufzuregen!

Hand hoch, wer von euch hat denn Erfahrung mit Ganztagesbetreuung über Jahre! Die gute Nachricht: Kinder überleben alles. Die sind hart im Nehmen. Wir haben ja schließlich alle unsere Kindheit überlebt. Ich habs gehasst! Kita von früh bis spät, Ferienlager… Aber genauso findet sich an jeder Ecke ein DDR-Kind, was das super fand! Jedes Kind ist verschieden. Jede Mutter auch.

Macht doch, was für euch gut ist und klärt das in der Familie. Dort gehört diese Diskussion hin.

Und wenn ihr dann noch Energie habt, engagiert euch für flächendeckende Kinderbetreuung und Ganztagsschulen. Und die anderen zig Themen, bei der der gewählten Politik mal nachgeholfen werden muss. Bei der Priorisierung. Wenn es euch stört, werdet aktiv und sichtbar. Nicht nur als im Internet nölender Haufen (das tat weh, ich weiß).

Momentan fehlt mir ehrlich der Sinn dieser ganzen Unternehmungen und auch der Unterhaltungswert hat Grenzen.

Ja, ich weiß, hier wird vermutlich niemand „gefällt mir“ klicken, aber ich wollte mir mal Luft verschaffen und das habe ich.

Draußen scheint die Sonne, es ist der Tag der Deutschen Einheit. Ich bin ein freier, glücklicher und zufriedener Mensch. Die Supermärkte sind voller Zeug und alles könnte ich mir kaufen. Pinkfarbenes Olivenöl, wenn´s denn sein muss. Ein Leben im Überfluss! Und ich darf den Beruf ausüben, der mir Spaß macht! Und nicht zuletzt: Ich darf hier schreiben, was ich will. Das muss euch nicht gefallen. Aber ich darf es. Meinungsfreiheit ist ein großes Glück. Dafür bin ich besonders an diesem Tag dankbar.

Ich wünsche euch allen einen wunderschönen, und vor allem entspannten, Feiertag.

Zeit

Arbeitszeit, Freizeit, Lebenszeit, Urlaubszeit, Teilzeit, Erziehungszeit.

Ein Tag hat vierundzwanzig Stunden. Ein Leben hundert Jahre. Oder achtzig. Manchmal auch nur vierzig Jahre.

Keiner hat mehr Zeit. Alle haben Stress. Dieses Wort wird in meinen Ohren mittlerweile so inflationär benutzt, und dabei leider auch oft im richtigen Kontext, da wird einem schwummerig.

Ich mache mir meine Gedanken, zum Beispiel, wenn ich mal wieder einen Artikel wie diesen hier lese. Besonders die Kommentare interessieren mich, bilden sie doch – anders als der Ursprungsartikel eines oder zwei Autoren – eine ganze Bandbreite an Meinungen ab. Ich habe auch oft das Gefühl, dass gerade Frauen heute mehr denn je zerrissen sind. Und ja, es wurde schon alles an Argumenten und Gründen ins Licht gezerrt. Von allen Seiten beleuchtet, durchdiskutiert. Und nicht zu vergessen, die Alleinerziehenden! Die haben keine Wahl! Die Geringverdiener! Die haben auch keine Wahl! Stimmt alles. Und auch nicht.

Weil ich der Meinung bin, dass die wenigsten Menschen in diesem Land wirklich wissen, wie es ist, keine Wahl zu haben. Nicht wählen zu dürfen, wo sie leben oder welchen Bildungsweg sie einschlagen wollen. Mit wem sie leben wollen und als was.

Viele von uns sind mit einer Gewissheit und in einem Luxus aufgewachsen, der uns in unserer Entwicklung das Gefühl gegeben hat: Du kannst alles werden, was du willst! Nur leider erweckt die allgemeine Diskussion oft den Anschein, dass manche Menschen der Meinung sind, damit sei „alles auf einmal“ gemeint. Gut, auch diese Möglichkeit besteht im Grunde. Du kannst alles sein und alles haben. Wenn du hart genug dafür arbeitest und bereit bist, den Preis dafür zu zahlen!

Ich spreche jetzt hier bewusst nicht über die in manchen Gebieten unzureichende Kinderbetreuungsmöglichkeit. Nicht über die Familien, die an der (deutschen) Armutsgrenze leben trotz zweier Vollzeitarbeiter. Nicht von geschlechtsspezifischer Gehälterungerechtigkeit. Es gibt gehörig was zu tun. Ohne Zweifel. Wobei auch der Armutsbegriff ziemlich weitgefasst wird, was jeder weiß, der sich ein bisschen in der Welt umgesehen hat. Aber es ist richtig, der Maßstab sind die Gesellschaft und das Sozialgefüge, in dem wir leben und daran wird gemessen. Und da ist einiges in Schieflage. Alles richtig.

Die einen haben Zeit, aber kein Geld. Die anderen Stress und keine Zeit, das Geld zu genießen. Die ersten schauen auf das schöne Auto, das Businesskostümchen, die Einladungen zum Lunch, la dolce Vita. Die anderen sehen neidisch auf Stunden voller Ruhe und Nichtstun. Beides ist wahr. Und beides falsch. Und viele haben Stress und trotzdem kein Geld. Und nicht das Gefühl, eine Wahl zu haben.

Traurig, oder?

Wenn ich mich so durch die Berichte und Kommentare lese, habe ich das Gefühl, alle hetzen durch ihr Leben. Und die Kinder auch gleich mit.

Wir wollen Kinder und Karriere. Oder wenigstens Kinder und gut leben. Oder: Mütter sein und trotzdem wertvoll. Anerkannt. Anders ausgedrückt, Scheiße! Wer oder was ist das denn, was uns das Leben so schwer macht? Wem können wir dafür die Schuld in die Schuhe schieben? Und wie kommt man da raus? Warum hadern viele so mit ihrer Rolle, ihrer Doppel- und Dreifachbelastung? Weil sie keine Wahl haben? Weil sie „mehr“ wollen? Alles, und zwar alles auf einmal?

Ja, das war plakativ und ironisch gemeint. Echt jetzt. Und die Teilzeitlüge, in der viele Mütter beruflich stecken, kenne ich auch (vom Hörensagen). Zwanzig Stunden Arbeitszeit, aber ein Projekt ist ein Projekt. Und da fällt die Arbeit an, die anfällt! Kein Unternehmen würde dann pro Projekt zwei Mütter einstellen! Nein, die Halbzeitmutti presst die Arbeit irgendwie in ihren Halbzeitjob. Und hängt Überstunden dran im Homeoffice. Was wiederum von der Halbzeitstelle als Mutti abgeht…

Kämpfen wäre eine Möglichkeit. Sich politisch zu engagieren um Dinge zu ändern. Oder es wenigstens zu versuchen! Einen Fußabdruck zu hinterlassen. Nach dem Meckern zu fragen: „Okay, was kann ICH konkret tun, um verschiedene Dinge zu ändern? Und, falls ich das nicht will oder kann, sollte ich dann vielleicht meine eigene Lebenseinstellung überdenken?“. Unzufriedenheit als permanenter Lebensinhalt ist Stress.

Aussteigen ist auch immer eine Option. Muss man nur wollen! Ich hatte neulich ein sehr inspirierendes Gespräch mit einer Bloggerkollegin. Jahrelang für einen Großkonzern um die Welt gejettet, Bombengehalt. Ja! So kann man leben! Aber alles hat seinen Preis. Wie sagte sie: ´I´ve been there. I´ve seen that…`. Heute, schrieb sie, gönne sie sich den allergrößten Luxus für sich und ihren Partner: Zeit. „Arbeiten“ geht sie nicht mehr, sie verdient Geld mit Dingen, die sie gern macht.

Simone von kiKo hat den oben benannten Artikel bei Facebook gepostet und nach Meinungen gefragt. Da kamen auch einige. Und dann fragte sie sinngemäß: Wenn der ganze Druck von außen nicht wäre, was würdest DU wollen?

Das greife ich mal so auf. Diese Frage lohnt es sich zu stellen, immer mal wieder. Was würdest DU wollen? Wie sähe dein Leben aus, wenn es keinen Druck von außen gäbe, keinen Vergleichswahn. Keine finanziellen Sorgen. Kein… irgendwas. Wenn Du ein Maler wärest und Dein Leben malen könntest. So, wie es schön wäre für Dich. Wie sähe das aus?

Unter Umständen ist das entstehende Bild schon für sich eine Überraschung. Oder ein konkretes Ziel, auf das es sich hinzuarbeiten lohnt. Denn, wir haben immer eine Wahl.

Ein Tag hat vierundzwanzig Stunden und ein Leben hundert Jahre. Oder achtzig, manchmal nur vierzig. Und möglicherweise gibt es weder für das Eine noch für das Andere einen zweiten Versuch.