Der Garten und wir ist ja eine lange Geschichte voller Plackerei und Schund. Und Träumen. Träumen, die wie die morschen Wasserrohre zerplatzten.
Wer viel Zeit hat und weder Freunde noch Verpflichtungen im Haushalt, kann sich ja hier in dieser Textsammlung der vergangen Jahre anlesen, was bisher geschah.
Auch das diesjährige Gartenjahr begann so schön wie alle anderen bisher: Ein geplatztes Rohr im Schuppen und ein Wasserschaden im Haus.
Der Bärtige hat daraufhin ein wenig an der Tapete gezuppelt und da krachte die aufgeweichte Decke runter und mit ihr ein Haufen Exkremente und mit Urin durchweichte Füllwatte. Auf den Mann. Zack!
Wir hatten offensichtlich den Winter über einen Marder als Untermieter im Dach. Der Mann hatte Laune. Und Exkremente auf den Klamotten. Er hat sich dann noch mit einem Forsythia angelegt und so endete sein Tag in der Notaufnahme der Augenklinik. Und ich sag noch: Leg dich nicht mit dem Garten an! Aber nein.
Eine Woche später war es noch immer nicht vorbei, denn wir sahen, dass am rückwärtigen Teil des Hauses ein ausgefressenes Loch war, da wo einst ein Halogenstrahler prangte. Im ersten Schreck dachten wir, der Marder sei zurück! Aber da er ja unmöglich vom Boden unters Dach springen und dabei ein Eingangsloch fressen konnte, war die Wahrheit eine andere, allerdings nicht minder verstörende: Der Eindringling saß die ganze Zeit, während wir sauber gemacht haben und den Spalt im Dach, der ihm als Eingang gedient hatte, verschlossen, in unserem Haus. Unter unserem Dach. Und hat gewartet! Als wir weg waren, hat er dann offensichtlich die Aussparung von dem Strahler ausgefressen um zu flüchten.
Ich meine, zum Glück! Da war ja immerhin ein Riesenloch, das ins Hausinnere führte! Er hätte es sich ja auch auf unserer Couch bequem machen können für die nächste Zeit. Oder im Kinderbett!

Wir haben eine blaue Mülltüte in das Loch gestopft. Es also quasi fachmännisch repariert. Das Loch im Haus ist allerdings immer noch da…
Ein Scheißendreck mit diesem Garten…
Allerdings ist es wohl ziemlich sicher, dass das unser letztes Gartenjahr dort sein wird. Ja, wir werden umziehen. Und das wird dann ein Objekt mit angeflanschtem Garten sein. Aus diesem Grund wird der Chaosgarten nach dieser Saison verkauft werden.
Und seit das so ziemlich sicher ist, hat sich bei mir ein Paradigmenwechsel vollzogen. Konnte ich die letzten Jahre nur Arbeit und unfertige Träume sehen in diesem Stück Land, so sind es nun in diesem Gartenjahr eher zärtliche Gefühle, die mich damit verbinden.
Diesen Garten hatte die Oma des Mannes gepachtet nach´m Krieg und wir sind die dritte bärtige Generation hier. Schon zweimal bin ich mit dickem Kugelbauch über das Gras geschlurft, meinte schon zweimal, ich würde hochschwanger im Auto während der Anfahrt über die Buckelpiste entbinden. Habe meine beiden Kinder in dem Sandkasten spielen gesehen, in dem schon der Bärtige als Kind gebuddelt hat.
Und so bin ich ein wenig wehmütig und sehe in diesem Jahr zum ersten Mal nicht die ganze Arbeit, sondern wie schön es hier eigentlich ist!
Und ich freue mich auf dieses Gartenjahr und auf ganz viel Besuch!
Ich freue mich darauf, dass bald die Pfingstrosen aufplatzen, dann kommt der Rhabarber. Irgendwelche blauen und gelben Liliengewächse blühen auch schon. Im Sommer kommen die Stockrosen, Johannisbeeren, Jostabeeren, Brombeeren und Himbeeren. Wein. Tomaten, Gurken, Zucchini und jede Menge Kartoffeln, die uns bis in den Winter satt machen werden. Ich werde zum letzten Mal armeweise Lavendel ernten und in Sträußen zum Trocknen im Haus aufhängen.
Ich werde Tee aus einer Flohmarktkanne trinken auf der Terasse und lesend auf dem Liegestuhl liegen während die Jungs im Pool planschen.
Freue mich daran, dass ich bei offener Tür duschen kann und nur eine Zuckerhutfichte schaut mir dabei zu.
Wenn ich das Wohnzimmer betrete, freue ich mich immer unbändig, dass mein heißgeliebter alter Esstisch, der nicht mehr in unsere Wohnung gepasst hat, hier einen Alterssitz gefunden hat und ach, die Stühle! Wisst ihr noch? Die Stühle habe ich in meinem ersten Gartenjahr hier aufgearbeitet und gepolstert.
Für kleine Kinder ist so ein Stück Garten toll! Man kann Ameisen und Eidechsen beobachten oder eine Fliege auf dem Rhabarber.
Man kann im Sand spielen, schaukeln, Bälle in der Gegend rumkicken, mit Wasser rummatschen oder Blümchen pflücken. Und es gibt doch nichts aufregenders als ein Werkzeugschuppen!
Und wenn man sich dann müde gespielt hat, isst man im Schatten Melone oder Eierkuchen und lässt sich in die Kuschelhöhle unterm Dach bringen.
Und Mama und Papa sind auch nicht weit, die haben ihre Höhle gleich nebenan.
… Ach warte, nur der Papa schläft mit. Die Mama steht ja im Feld und buddelt irgendwas ein oder aus. Natürlich sieht die furchtbar sexy aus mit wehendem Haar, Strohhut und geblümtem Sommerkleid.
In etwa so: