Ein Topf Suppe

Ich war krank. So richtig. Mit allem. Die Kinder haben sich aus dem mütterlichen Symptomenkatalog jeweils ein paar Gebrechen rausgepickt und so laborierten und kränkelten wir ein paar Tage vor uns hin.

Und wie ich mit hohlem Magen und verrotztem Fieberkopf vom Bett zur Couch und von dort zum Spielteppich ins Kinderzimmer wanke, mache ich mir Gedanken. Über die jüngsten Begebenheiten in der „Netzfamilie“. Über den Beitrag einer fremden Frau mit Folgen. Über meinen eigenen Beitrag mit Folgen. Über meine Reaktion auf all dies. Meine zwiespältige Meinung zu verschiedenen Dingen, die die Frauenwelt umtreiben. Den Umgang untereinander. Meine eigene Diskussionskultur. Diese Wucht, mit der wir bereit sind, auf die neben uns einzuhacken, nur weil sie unsere Sicht nicht teilt. Und wieder einmal komme ich zu dem Schluss, so lange wie wir das nicht untereinander hinbekommen, brauchen wir nicht aufs Patriarchat zu schimpfen. Solange Gleichberechtigung und friedliche Koexistenz nicht unter uns Frauen herrschen, ist es mühselig, sie woanders etablieren zu wollen.

Und dann klingelts, und mit den Worten: „So, hier kommt euer Abendbrot! Gute Besserung!“ marschiert meine Nachbarin Beate an mir vorbei in die Küche und stellt einen Topf mit Suppe auf dem Tisch ab.IMG_1601

Manchmal kann es so einfach sein. Ich habe auch nette männliche Nachbarn, ganz ohne Frage. Aber ich bezweifle, dass einer der Herren auf die Idee käme, mir eine Suppe zu kochen. Fürsorglich miteinander umzugehen, das liegt uns im Blut. Wir können das. Dieses nach-links-und-rechts-Schauen. Das ist eine Stärke und das stärkt auch unser Umfeld.

Und jede von uns kommt mit einem anderen Rucksack daher. Das soziale Umfeld, die Kinderstube, die Gesellschaft, die sie geprägt hat und nicht zuletzt das erlebte berufliche Umfeld. Da kann man tagelang ausdiskutieren, um auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, oder einfach mal sagen, ja, so ist das. Ich mit meiner Proletariats-Kindheit im gesetzlich geregelten Gleichberechtigungsstaat habe selbstverständlich andere Wurzeln und Normenkonstrukte als eine Frau, die in einer gutbürgerlichen hanseatischen Mittelstandsfamilie aufgewachsen ist. Und doch leben wir beide 2014 in demselben Land und eint uns der Nenner: Frau. Und eventuell auch: Mutter.

Und ich denke auch an einen anderen Topf Suppe.

Eigentlich an viele. In meiner Abteilung gab es so ziemlich genau zwei Jahre lang die Tradition der „Suppenrunde“: Einmal pro Woche, oder einmal im Monat (je nach Auftragslage) brachte eine von uns Kolleginnen einen großen Topf Suppe mit und wir trafen uns zum Mittagessen. Wir waren ein Häufchen, das unterschiedlicher nicht sein konnte. Von Mitte zwanzig bis Mitte fünfzig, unterschiedliche Lebensstrukturen, verschiedene Arbeitsumfelder, Gehaltsstufen und Lebenshaltungen. Auf den ersten Blick einte uns nur die Zugehörigkeit zu dieser Firma. Und dass wir Frauen waren. Männlichen Kollegen konnten wir zwar immer zum Mitessen überreden, leider aber nie zum Kochen.

Diese Treffen waren etwas Wundervolles und zu der wärmenden Suppe gab es stets wärmende Gespräche und oft auch ganz unerwartete Ansichten. Das war sehr befruchtend. Später habe ich mit Freude festgestellt, dass ab und zu in der großen Firma auch in einer anderen Teeküche auf einmal eine Heizplatte stand mit einem Topf Suppe darauf.

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Aus unseren vielen Suppenrezepten haben wir irgendwann ein Kochbuch drucken lassen. Einfach für uns und als Geschenk. Ich blättere heute noch sehr gern darin.

Und ich möchte – ganz entgegen meiner Gewohnheit – jetzt hier mit einem meiner vielen Lieblingsrezepte aus diesem kleinen Büchlein beschließen und hoffe, das wärmt euch beim Nachkochen und Essen.

Diese Suppe hat Christine gekocht, die eine wunderbar kluge und lebensfrohe Frau und geschätzte Kollegin ist, und drei schulpflichtige Kinder alleine großzieht.

Linsensuppe Sabaudia

200g Linsen über Nacht einweichen lassen.

½ Sellerieknolle, 1 Stängel Sellerie und 6 Knoblauchzehen putzen und zerkleinern.

152g durchwachsener Speck in Würfeln und das Gemüse zu den Linsen geben und alles in dem Einweichwasser 50 Minuten kochen.

Nach etwa 30 Minuten Kochzeit 450g geschälte Tomaten mitsamt dem Saft dazugeben.

Alles mit Salz, Pfeffer, gekörnter Brühe abschmecken.

200g Nudeln nach Wahl kochen und in der Suppe erwärmen.

 

In herzlicher Erinnerung an die Damen der Suppenrunde: Beatrix, Kathrin, Beate, Kerstin, Christine, Melanie, Regine, Juliane und Susan.

Und für meine Nachbarinnen Beate und Manja, für die ich bald mal wieder eine Suppe kochen werde.

11 Kommentare zu “Ein Topf Suppe

  1. … schön, das auch Du in unserem Suppenkochbuch schmökerst. Ich hatte letztens mal wieder Deine „Gebrannte Grießsuppe mit Kohlrabi“ gekocht. lecker!

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  2. Ich mag Suppen. Aber keine Linsen, von denen kriege ich grausames Bauchgrimmen. Ich bin aber sicher, wir würden ein Rezept finden, das wir beide mögen. Und wenn nicht, würden wir einfach improvisieren, bis etwas Feines rauskommt.
    In dem Sinne: Mahlzeit!

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  3. Das scheint eine tolle Truppe gewesen zu sein…wenn man schon zusammen Suppe isst. Kann ich mir mit meinem jetzigen Team gar nicht vorstellen!

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  4. Was ist schon ein Ritterschlag zur Dame Grand Cross, wenn man es auf den Blog von Rike schafft? Gern geschehen und gern mal wieder. Und die Omi freut sich, dass ihr farbenintensiver Topflappen es sogar als Foto auf deinen Blog geschafft hat 😉
    Liebe Grüße ausm EG…

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    • Das ist ja wohl der allerschönste, weltschickeste Topflappen des Universums, oder?! Also für diesen Topflappen würde ich sogar einen Extrabeitrag schreiben 😀 Ich winke aus der zweiten Etage nach unten, Frau „anonym“ 🙂

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