Erntedank

Nein, es geht hier nicht um Blätter und Wetter und die aktuelle Jahreszeit. Nein, das wird kein Herbstspecial. Vielmehr will ich etwas anderes erzählen, das für mich mit dem Wort „Erntedank“ zu tun hat, wenngleich im übertragenen Sinne.

Ich war die letzten fünf Wochen alleine mit meinem großen Sohn, wie ihr ja bereits wisst, und für diese Zeit bin ich so unendlich dankbar. Zwar war er dreizehn Jahre der „einzige“, weil Einzelkind und man sollte meinen, wir hätten doch in den vergangenen Jahren wirklich viel Zeit miteinander verbracht, aber das ist irgendwie anders jetzt. In den vergangenen sechs Jahren hatte er nie meine ungeteilte Aufmerksamkeit, der große Sohn, weil ich mich ja um seinen kleinen Bruder kümmern musste. Nun, da der Bärtige mit dem Blondino auf Kur weilt, sind es wieder nur wir zwei.

2006

Wer hier  schon länger mitliest, weiß, dass mein Erstlingswerk ein besonderer Junge ist, und das war und ist er wirklich. Sagen das nicht alle Mütter über ihre Söhne? Vielleicht. Hach, ich würde euch so gern ein Foto zeigen von ihm, von dem jungen Mann, der er geworden ist und ihn euch allen vorstellen! Das geht ja nun aber nicht und deshalb müsst ihr mir einfach glauben, dass er wunderbar ist! Und euch begnügen mit den Kinderfotos, die ich euch zeige.

Ich habe mal behauptet in irgendeinem Kontext, dass ich glaube, die einen haben schlimme Jahre mit ihren Kindern vor deren zwölftem Geburtstag und die anderen eben danach, wegen der ausgleichenden Gerechtigkeit. Ich weiß natürlich nicht, ob das stimmt, habe aber genau diese Erfahrung hier gemacht. Mit dem Großsohn.

Der war sein ganzes Kinderleben „komisch“, wurde abgelehnt von Bezugserwachsenen, anderen Kinder, weil er sich partout nicht „normgerecht“ verhielt und irgendwie nicht zu kapieren schien, wie das mit dem normativen sozialkompetenten Verhalten funktioniert. Ich denke, ab dem zweiten Geburtstag ungefähr ging das los. Von da an war ich permanent zu Gesprächen bei Kindergärtner*innen, Kinderspycholog*innen, Lehrer*innen und so weiter. Ich habe mir jahrelang zu Herzen genommen, was sie schlechtes über meinen Sohn sagten. Es traf mich in der Mitte, mittenrein, jahrelang. Ich ging zu Eltertrainings, bei denen ich in Rollenspielen lernen sollte, wie ich meinem Sohn Grenzen beibringe. Ich saß auf Stühlen, Hockern, Sesseln und hörte irgendwelchen Experten und Respektspersonen zu, wenn sie mir erzählten, was alles an meinem Kind nicht stimmte und wie ich (!) doch mit meiner Vorbildhaltung und meinem Erziehungsauftrag dort gegenzusteuern hätte.

Das ging zehn Jahre so. Zehn. Jahre.

Mein Sohn war ein wunderbar fantasievolles, übersprudelndes Kind, das sich mehr und mehr in sich zurückzog, da er die Ablehnung durchaus spürte und nicht wusste, was er denn tun könnte, um dazuzugehören. In all den Jahren hatte ich so viel Kummer, Herzschmerz und ich sorgte mich so unendlich. Was sollte denn nur aus diesem Jungen werden? Wird er jemals Freunde finden? Anschluss in der Gesellschaft? Was habe ich nur falsch gemacht?! Mein Leben als Mutter dieses Kindes erschien mir wie eine niemals endende Prüfung. Die Sorgen überlagerten oft die Freude, die mir dieser Junge eigentlich tagtäglich machte. Ob ich wollte oder nicht. Bei allen anderen Müttern in meiner Welt sah alles so leicht aus, so „normal“, nur bei uns war Chaos und Unverständnis, nur ich musste mich so abmühen, nur mein Sohn war so unbeliebt und ungeliebt. Außer von mir. Warum verdammt, warum?

Es waren beschissenen Jahre. Für uns alle. Und ich habe nicht vergessen, wer in meiner Familie und meinem Freundeskreis dieses Kind annehmen konnten, wie es war, und ihm Freundschaft entgegenbrachte. Es war nur eine Handvoll Menschen. Damals war das gesellschaftliche Bewusstsein noch nicht ausgerichtet auf Menschen mit anders gearteter Informationsverarbeitung, Asperger Autisten kannte keiner, ADHS wurde im gleichen Atemzug genannt wie „verzogen“ und „Kevinismus“.

2007

Es wurde besser. Tatsächlich wurde es besser, langsam erst, kaum spürbar, aber dennoch, ja.

Die Pubertät kam und während andere Miteltern aufstöhnten unter den hormonellen Verzauberungen ihrer süßen angepassten Kinder, hatte ich immer noch Sorgen ganz anderer Art. Nach wie vor erschien der Weg unseres Sohnes kaum vorhersehbar. Behindertenwerkstatt, betreutes Wohnen, dergleichen Begrifflichkeiten kamen in den Gesprächen vor, die wir Eltern führten. Gespräche, die anderen Eltern pubertierender Kinder erspart blieben. Was soll nur aus ihm werden? Wird er selbstbestimmt leben können irgendwann? Und immer wieder trotzte ich gegen die vorgegebene Norm: Mein Sohn gehört doch in keine Behindertenwerkstatt! Hallo?! Nur, weil ihr es euch leicht machen wollt mit Menschen, die im Gleichschritt neben euch marschieren? Dennoch, irgendwie wurde alles leichter während dieser viel beschriebenen, von vielen Eltern mit Schauder erwarteten, Pubertätsjahre. Mein Kind wurde erwachsen, einfach so.

Und jetzt lebe ich hier mit einem neunzehn Jahre jungen Mann, der dank Integrationshilfe im kommenden Jahr sein Abitur machen wird. Ein junger Mann, der mich neulich morgens weckte mit dem Worten, er befürchte, ich verschliefe sonst und die Kaffeemaschine habe er auch schon für mich angemacht. Ein junger Mann, der noch nie einen einzigen Tag Schule geschwänzt hat, der liebevoll und höflich gegenüber seiner Umwelt ist. Immer noch ein wenig zu sprunghaft manchmal, laut auch, aber irgendwie dennoch gereift, fertig beinahe. Jemand, der sich um Beziehungen bemüht und Freundschaften versucht zu pflegen. Der auswendig lernt, wie charmantes Verhalten geht, weil er es so gern sein möchte. Charmant, beliebt. Und dem es immer öfter scheinbar spielend leicht gelingt.

Ich sehe ihn an und das was ich fühle, versuche ich zu beschreiben, denn das ist ganz und gar wundervoll. Ich blicke auf zu ihm, er ist größer als alle Menschen in unserer Familie, sehe in seine sanften großen nahezu schwarzen Augen und denke, dass es wirklich niemanden auf der ganzen Welt gibt, den ich so sehr liebe und auf diese Weise, wie ihn. Ich bin so unendlich stolz auf ihn. Und stolz auf mich. Das ist mein Sohn! Meiner! Ich sehe einen Garten voller Blumen und Pflanzen, der gewachsen ist unter meiner Obhut und gegossen mit meinen Tränen und meiner Liebe. Dort, wo niemand fruchtbare Erde vermutet hat.

Das, was ich mir viele Jahre überhaupt nicht vorstellen konnte, ist jetzt greifbar. Ich kann mir vorstellen, was mal aus ihm werden könnte. Nämlich alles! Aus diesem Jungen, auf den kaum einer wetten wollte noch vor zehn Jahren, ist ein toller junger Mann geworden. Einfach so.

2008

Das hier geht raus an alle Kleinkindeltern, die vollkommen verzweifelt sind, weil sich ihre Kinder nicht so entwickeln, wie sie sich das vorgestellt hatten. Das hier schreibe ich für alle Eltern mit Teenagern, die scheinbar von einem Tag auf den anderen außer Rand und Band zu sein scheinen. Das hier ist für alle Mütter und Väter, die sich fragen, warum gerade bei ihnen scheinbar nichts so funktioniert, wie es in den dicken schlauen Büchern steht: Glaubt mir, alles wird gut! Und ihr werdet staunen und euch freuen, wenn ihr euren Kindern beim Wachsen und Werden zuseht. Nichts ist umsonst. Jede Aufmunterung, jedes: „Ich glaube an dich, du schaffst das!“, jedes: „Ich bin so stolz auf dich!“, und jedes: „Ich liebe dich so sehr, schön, dass du da bist!“, ist wie Dünger, Langzeitdünger für die Entwicklung eurer Kinder. Und ihr werdet es sehen, später, alles geht auf. Ihr werdet ernten, was ihr sät. Das ist das Beste, das aus Liebe entstehen kann.

„Kleine Kinder, kleine Sorgen…“, dieser Spruch war gestern. „Große Kinder, großes Glück“, das ist morgen.

 

 

 

 

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Schlaflos 2.0

Ich habe vor vielen Jahren einen Text gehört (ich meine, das war Ingo Appelt, aber Google lässt mich diesbezüglich im Stich), da konstatierte jemand- Ingo? – die Frage sei ja nicht, Kinder ja oder nein, sondern ob du ausschlafen willst oder eben nicht. Denn erst könntest du nicht ausschlafen, weil die Kinder alle furzelang irgendwas bräuchten in der Nacht. Futter, Trost, man kennt es ja. Dann könntest du nicht ausschlafen, weil du mitten in der Nacht die Handaufzuchten in irgendwelche Institutionen fahren müsstest, oder wieder abholen. Nach dieser Phase könntest du auch nicht mehr schlafen, weil du panisch wartest, dass die Kinder nachts heil nach Hause kommen und danach dann kannst du auch nicht schlafen, weil morgens der Zivi kommt um dich zu waschen…

Gut, das ist wohl wirklich ne Weile her, an dem „Zivi“ merke ich es selber.

Wie ich jetzt darauf komme? Ach, nur so.

Protokoll einer schlaflosen Nacht

22:30 Uhr – Ich schaffe meinen geriatrischen Körper in Richtung Schlafstätte, der Mann hält Wache über die reduzierte Herde, der Bubi weilt nämlich noch bei seiner Freundin am anderen Ende der Stadt. Wird aber regulär um 23:00 Uhr erwartet.

23:15 Uhr – mein Handy piept, der Mann teilt mir aus dem anderen Zimmer mit, dass die Ankunft des Sohnes sich noch verzögern wird. Ich rufe den Sohn auf seinem Handy an und schnauze in das kleine Kommunikationsgerät, dass er seinen knochigen Hintern nach Hause zu schaffen habe, denn den Tag darauf sei Schule und Klassenarbeit und überhaupt! Dann lege ich auf und bin wütend. Und wach.

1:15 Uhr – Der Mann kommt wutschnaubend ins trauliche Schlafgemach, teilt mir mit, der verlotterte Sohn sei noch immer nicht zu Hause, er aber bräuchte jetzt seinen Schlaf! Mit diesen Worten schmeißt er sich auf seine Seite der Bumshöhle und schnarcht sogleich drauflos. Ich bin jetzt noch wacher.

1:30 Uhr – Ich sitze nun im Wohnzimmer mit Blick auf die Haustüre und warte. Schreibe SMS, WhatsApp-Nachrichten an den verlustig gegangenen Sohn. Inhalt: „Wo bist du? Wann bist du da?“. Keine Rückmeldung. Ich rufe an. „Anruf fehlgeschlagen“, meldet mein Telefon.

2:30 Uhr – Ich tippe weitere Textnachrichten. Inhalt: „Drückst du mich etwa weg? Wieso kann ich dich nicht anrufen?! Was ist los bei dir? Melde dich!“. Ich nehme mein Diensthandy aus der Tasche und versuche ihn damit anzurufen. Okay, es klingelt wenigstens. Nein, er geht nicht ran. Verdammt! Oh Gott, der wurde bestimmt überfallen und liegt verkloppt im Gebüsch neben dem Albertplatz… soll ich ins Auto steigen und den suchen?!

3:00 Uhr – Ich stehe im Bademantel auf der Terrasse und rauche. Ich habe vor vierzehn Monaten aufgehört mit Rauchen.

3:15 Uhr – Ich denke an meine Mutter. Sehe sie im altmodischen Morgenmantel am Schlafzimmerfenster hocken und auf mich warten. Damals, als ich jedes Wochenende auf den Dörfern rund um Dresden zur Disco war und niemals nie die letzte Bahn kriegte und stets und jedes Wochenende wieder mit einem Dutzend anderer Dresdner Jugendlichen bis zu zwanzig Kilometer zu Fuß ging. Von Medingen, Großdittmannsdorf und Lockwitz aus nach Dresden, das dauerte. Und Handies waren noch nicht erfunden. Meine Mutter konnte nie schlafen, bis ich daheim war und hockte übermüdet jede verdammte Disconacht am Schlafzimmerfenster, während mein Vater schnarchte. Bis sie mich den kleinen Weg von der Gartenheimsiedlung anschlurfen sah… ach Mutsch, es tut mir so leid. Ich büße, glaube es mir!

3:45 Uhr – Ich überlege, ob es möglich ist, dass er noch bei seiner Freundin ist. Hm. Zumindest erscheint es mir logisch, dort mal anzurufen, bei den Eltern. Die Nummer fummle ich mit kriminalistischem Spürsinn aus irgendwelchen Kontaktlisten, die der Klassenlehrer vor Jahren mal versendet hat. Es nimmt keiner ab! Wieso gehen die nicht an das Scheißtelefon!

4:00 Uhr – Ich texte von zwei Handies aus. Inhalt: „Wenn du dich nicht sofort bei mir meldest, rufe ich die Polizei und lasse dich suchen!“. Drei Minuten später: „ICH RUFE JETZT DIE POLIZEI UND LASSE DICH SUCHEN!“.

4:15 Uhr – Ich renne kopflos durchs Haus um zu überlegen, was ich wie der Polizei mitteilen werde, wenn ich dort gleich anrufe. Da ich am besten nachdenken kann, wenn ich bügele, gehe ich in den Keller in Richtung Waschhaus und… nanu. Dort stehen die Turnschuhe des Sohnes, gleich neben seiner Jacke, die auf dem Fußboden rumlümmelt.

4: 18 Uhr – Ich reiße die Zimmertür des Vermissten auf und wecke ihn mit den fröhlichen Worten: „SAGEMALSPINNSTDUVÖLLIGWOWARSTDUWOBISTDUWASMACHSTDUIMBETTICHWARTESEITSTUNDENAUFDICH!“, um zu erfahren, das Jüngelchen wollte der Standpauke des Bärtigen entgehen und ist zur Kellertüre reingeschlichen, so gegen halb eins. Und ja, es gehe ihm gut. Ob er jetzt wohl schlafen dürfe, morgen sei Schule und Klassenarbeit und überhaupt! Sein Handy mit vierzehn Anrufen in Abwesenheit liegt derweil lautlos geschaltet auf seinem Schreibtisch.

4: 30 Uhr – Ich lege mich in mein kaltes Bett, erschöpft und müde.

4: 45 Uhr – Ich schnappe mir Kopfkissen und Decke und verziehe mich auf die Couch im Büro, weil der Mann schnarcht, dass in mir die Ohropax vibrieren.

5:30 Uhr – Das Kleinkind weckt mich mit den Worten: „Mama, aufstehen! Ich bin schon wach! War der Likonaus da?“.

 

 

 

 

Achtzehn

Der Kronsohn, unser Erstlingswerk, wird in drei Wochen achtzehn. Also ist er dann sowas wie erwachsen, auf dem Papier zumindest.

Ich meine, es war klar, dass dieser Tag irgendwann kommen würde. Genauso, wie immer klar war, someday baby, we´ll be old, oh baby. Und trotzdem guck ich in den Spiegel und denke, ach du Scheiße, wann ist das passiert? Warum? Und: Jetzt schon? So ist das auch mit dem Bubi.

Wie, der ist jetzt erwachsen?!

Komisch.

Wir Alten fragen uns zum Beispiel aktuell, wie wir ihm das seit seiner Geburt angesparte Geld auf dem Sparbuch nun schenken sollen. Ein Diskussionsgegenstand, der regelrecht skurril erscheint, haben wir doch ganze achtzehn Jahre jeden Monat auf das Kinderkonto überwiesen, für später. Nun ist es da, dieses „später“. Was heißt das, wie geht man jetzt damit um? Niemand hat uns vorgewarnt, wie verhält man sich denn entsprechend? Anders? So wie vorher? Was ist mit Rechten? Pflichten? Dürfen wir überhaupt noch Vorschriften machen? In seine Angelegenheiten reinreden, weil wir alt und weise sind und sowieso alles besser wissen?

Niemand bereitet einen darauf vor.

Ich habe noch den Duft seines verschwitzten Kinderkopfes (nach warmem Apfelkuchen) in meiner Nase und wie er eine „Fitzschnute“ zog als Baby, wenn ihm etwas nicht passte. Nichts davon erinnert beim Anblick des langbeinigen Kerls mit den (aktuell) blauen Haaren und der tiefen Bassstimme an dieses kleine Kind.

Wir haben noch Glück. Meine Freundin muss sich im Sommer von ihrem Sohn verabschieden, da dieser (obwohl eine Woche jünger als unser eigener) für ein Jahr nach Amerika geht. Unser Sohn zieht nur von der ersten Etage in den Keller in seine neue „Souterrain-Wohnung“. Also lediglich ein Abschied vom Kinderzimmer.

Wir Eltern gehen unterschiedlich mit der Gesamtsituation um. Während ein Elternteil gefühlsduselig die neue Bleibe hübsch machen möchte (Lichterketten, Schwarzlichlampe, Poster), schnauzt das andere Elternteil, das sei völlig übertrieben und dem Sohn gefalle das gar nicht. Und: Immer musst du was einkaufen! Kaufen, kaufen, kaufen! Da wo unser Geld herkommt, gibts ja unbegrenzt Nachschub, nicht wahr? Und wenn es dann nach drei Wochen nicht mehr gefällt, fliegt es einfach auf den Müll! Nein, sage ich. Also das andere Elternteil.

Ich bin ja mal gespannt, wie das Zeugnis aussieht dieses Jahr, sagt das eine Elternteil. Was soll schon sein, das andere. Zwei Komma fünf im Durchschnitt wird es, hat er mir gesagt. Was?! Zwei Komma fünf?! Dann brennt die Luft. Der ist so stinkenfaul, immer nur zocken hat der im Kopf! Nichts hat er gemacht für die Schule in diesem Jahr! Ja, aber sieh es doch mal anders, sagt das andere Elternteil, er hat also mit Null Lerneinsatz die elfte mit zwei Komma fünf geschafft! Da ist jede Menge Luft nach oben! Ganz genau, sagt das der andere. Jede Menge Luft. Er nutzt seine Potentiale nicht, er hat null Biss! Dieses strunzfaule Rumgedahle, lalala, scheiß doch drauf, wird schon irgendwie, das kotzt mich sowas von an, sagt das eine Elternteil aufgebracht. Mann, du redest uns hier echt Probleme herzu, wo überhaupt keine sind, interveniert das andere Elternteil beim Kisten von oben nach unten tragen. Du meckerst immer nur an dem rum! Der steht jeden Morgen auf und geht in die Schule mit gutem Ergebnis, er säuft nicht, nimmt keine Drogen und wenn er auch nur fünf Minuten später nach Hause kommt als vereinbart, schreibt er mir ne SMS! Ich weiß nicht, was du immer willst von dem?!

Ich will, dass der mal ein ordentlicher Kerl wird! Mir wäre lieber, er würde sich mal besoffen prügeln und die Nächte um die Ohren hauen! Ach so, jetzt verstehe ich, sagt das andere Elternteil. DAS ist es also. Weil er „anders“ ist und anders als du sowieso schon mal. Ja, genau, das ist es! Der ist kein bisschen wie ich! Wie soll ich mich da identifizieren? Weißt du, wie gemein du bist, sagt das eine Elternteil, der joggt mit dir, er stemmt Hanteln, er blickt noch immer zu dir auf, alles nur, um dir nachzueifern und du merkst es nicht mal. Und außerdem, ich will ehrlich gesagt nicht, dass der so wird wie du warst! Den Eltern den Mercedes geklaut und ohne Führerschein besoffen zur Disco über die Dörfer gebrettert! Gekifft, geprügelt! Ach, komm, das gehört doch zum Erwachsenwerden dazu, beschönigt das so angeprangerte Elternteil, und ehrlich gesagt würde mir genau das gefallen! Mir aber nicht, widerspricht das andere Elternteil.

Du würdest ihn ja am liebsten noch an die Zitze legen, höhnt der eine, das war schon immer das Problem! Du hast ihn von Anfang an zu sehr verhätschelt! Und du hast von Anfang an ein völlig übersteigertes Anspruchsdenken an den Jungen gehabt! Ich weiß gar nicht, was mit dir los ist. Warum kannst du den Jungen nicht einfach so annehmen, wie der ist. Weil der kein bisschen wie ich ist!, sagt das andere Elternteil. Weil der sein Leben einfach verdaddelt! Weil der keine Ziele hat! Ach, hör doch auf, nölt das andere. Du hattest mit achtzehn nur das Ziel, ne geile Zeit zu haben! Du warst nicht auf der Penne, du warst auf der Baustelle. Penne und Ziele, das kam alles später, du hast es nur vergessen. Niemand von uns hat auf dem geraden Weg sein Abi gemacht und studiert, bei dem Jungen aber sieht es so aus, als würde genau das passieren. Du aber maulst, er wäre faul und nicht fokussiert.

Mit zwei Komma fünf studiert der gar nichts! Ich sage dir was, wenn der in der zwölften noch zwei Komma fünf hat und ich den nicht mal ne halbe Stunde am Tag pauken sehe, nehme ich den von der Schule! Ja, da guckste! Ich zahle doch nicht das Scheiß Schulgeld für den, wenn der sich nicht mal am Riemen reißt und mir zeigt, dass er das wirklich will!

Du solltest dich hier mal reden hören, sagt das andere Elternteil. Dann sagt sie nichts mehr.

Sie würde ihn gern in den Arm nehmen und ihm sagen, dass er alles, alles richtig gemacht hat, in all den Jahren. Dass er ein toller Vater war und ist. Dass alles gut wird und dieser junge Mann, sein Sohn, seinen Weg gehen wird. Dass sie beide erleben werden, wie er Sonntags mit ihren Enkeln zum Essen kommt. Dass sie beide Gespräche führen werden, erwachsene Gespräche auf Augenhöhe, er und sein Sohn. Dass sie es sehen kann! Sie möchte ihm so gern sagen, dass sie froh ist, dass er in all den Jahren ihr Partner war. In den sorgenvollen Zeiten, in denen sie auf das Kind herabgesehen haben, hielten beide es an der Hand, der eine an der linken, der andere an der rechten. Wie froh sie über diesen Umstand ist. Und dass er stets wissend genickt hat, wenn ihr das Herz weh tat um diesen Jungen. Dass es okay ist, wie es ist. Dass er nachlassen kann, darf. Das möchte sie ihm gerne sagen.

Und während sie darüber nachdenkt und diese Zeilen schreibt, kommt das Blondchen in seinem Superman-Schlafanzug aus seinem Zimmer, legt den Kopf auf ihren Schoß und sagt, er wölle niemals fünf werden! Er wolle für immer klein bleiben und sie denkt: Ach, mein Herz. Es ist, als sei es vorgestern gewesen, als ein Kind mit dunklen Haaren genau dasselbe gesagt hat, mit dem Kopf in ihrem Schoß.

 

 

 

Schatz, danke, dass du mich gefunden hast, damals. Und danke für diese Kinder! Das ist, was sie dir sagen will. ❤

 

 

 

 

Linux in einer Welt voller Windows

Ich habe heute beim Aufräumen der Festplatte einen bislang unveröffentlichten Text aus dem Jahr 2016 gefunden. Und ich war sehr gerührt. Weil mir klar wurde, dass damals der Prozess der Abnabelung von meinem Großkind tatsächlich in vollem Gange war und auch, wie okay das für mich war. Und wie seltsam an sich dieses „Okay“! Dachte ich doch bis dato, ich würde mir für den Rest meines Lebens riesengroße Sorgen machen müssen.

Heute weiß ich, nein. Sorgen ja, aber keine riesengroßen. Und gerade weil Eltern mit besonderen Kindern immer ein wenig mehr in Sorge sind und ein bisschen zu wenig von „Wird schon!“, in sich tragen, veröffentliche ich diesen Beitrag heute.

Abgenabelt. Ich konnte mir nie vorstellen, wie das gehen sollte. Wie sich das dann anfühlt! Ich spürte diese intensive Verbundenheit zwischen ihm und mir so derart lange, dass ich mich kaum traute, selbst mit guten Freundinnen darüber zu sprechen. Dass ich kaum wagte zu erzählen, dass es sich für mich anfühlte, als seien wir noch immer durch eine Nabelschnur verbunden. Würde das vergehen? Wann? Wie? Wie geht das mit dem Abnabeln? Und würde es sehr weh tun?

Mein kleiner König, Fasching 2003

Rückblickend: Das passierte behutsam und ganz von selbst. Und es war überhaupt nicht schmerzhaft!

Jetzt, heute, sage ich euch: Ich bin mittlerweile wirklich entspannt und sicher, der Bubi wird seinen Weg gehen! Was haben die Experten uns verrückt gemacht. Sonderschule, betreutes Wohnen und eine Zukunft in der Behindertenwerkstatt, das war das Szenario, das sie gemalt haben! Nichts davon scheint real einzutreffen. Was tatsächlich eingetreten ist, ist etwas, an dem ich mich wie an die sprichwörtlichen Strohhalme geklammert habe: Vieles verwächst sich tatsächlich. Die Besonderheiten des Jungen sind mittlerweile sehr viel weniger auffällig und es fällt ihm zunehmend leichter, das „Normalsein“ wie eine mühsam erlernte Fremdsprache anzuwenden. Mittlerweile spricht er sie „fluent“.

Mein Aspi wird im Juli achtzehn Jahre alt, besucht ein Gymnasium und plant Informatik zu studieren. Er ist der tollste Sohn überhaupt und absolut großartig. ❤

*

2016

Wenn andere Kinder ihre Eltern befragten um sich die Sache mit den Bienchen und Blümchen erklären zu lassen, war er schon immer eher der wissenschaftliche Typ. Fragen stellte er keine. Dafür stand er stundenlang im Hygienischen Museum vor der Fortpflanzungsausstellung und studierte. Zog seine Schlüsse aus dem Gelesenen und nach Abgleich mit allem bisher gespeicherten Wissen.

Um mich im Anschluss daran zu fragen, ob er durch künstliche Befruchtung entstanden sei. Auf meine verneinende Antwort hin verkündete er klug: „Aber das gibt es. Das machen die Menschen, die sich vorm Sex ekeln.“. Damals war er zehn.

Später gab es mal eine sehr belustigende Anekdote, die deutlich macht, welchen Stellenwert Sprache hat: In einem Gespräch über Selbständigkeit versuchte ich ihn zu überzeugen, dass er lernen müsse, die Waschmaschine zu bedienen. Er meinte, er hätte später eine Freundin, die das können wird. Ich erklärte ihm, Frauen wöllten aber nicht als Putzfrau gesehen werden, sondern auf Händen getragen werden. Darauf er: „Das kann ich. Ich bin stark! Ich trage sie zur Waschmaschine.“.

So lustig das klingen mag, so ein bedeutsamer Fingerzeig steckt meiner Meinung nach dahinter. Klarheit in Ausdruck und Vorbild. Und das ist sicher immer wichtig im Zusammenleben mit Kindern, die ja bekanntlichermaßen sehr viel durch Nachahmung lernen. Aber noch wichtiger, wenn man Mutter oder Vater eines autistischen Kindes ist. Warum? Nun, in unserem Fall sind wir Eltern die einzigen Bezugspersonen, die ihm „Leben vorspielen“. Also das zwischenmenschliche. Mann  und Frau. Familie. Den Umgang miteinander.

Je älter er wird, umso wichtiger werden wir Eltern als Beziehungsvorbild, so mein Empfinden. Störte ihn zum Beispiel früher nicht im Geringsten, wenn wir Erwachsenen mal laut wurden oder diskutierten, fordert er mittlerweile stets verunsichert eine Erklärung zur Situation und versucht sogar manchmal, auf seine ganz eigene Art zu intervenieren.

Auch unser gelebtes geschlechtertypisches Beziehungsmodell hat er bereits als „Norm“ abgespeichert, weshalb auch diesbezüglich von uns einiges an Flexibilität abverlangt wird, damit er seinen Vater beispielsweise auch als putzenden, kochenden Teil dieser Familie wahrnimmt und für sich ebenfalls als „männlich“ abspeichert. Ich weiß nicht, ob sich alle Eltern solchen Themen stellen müssen, wir jedenfalls müssen es.

Als sich das erste Mädchen anfing für ihn zu interessieren, war er davon vollkommen überrumpelt und wusste nicht, was sie von ihm erwartete. Sie wollten ins Kino (ihre Idee). Ich nahm meinen Sohn auf die Seite und erklärte, Mädchen mögen es, wenn man im dunklen Kino den Arm um sie legt. Er schaute mich völlig entgeistert an: „Und warum?!“.

Sie wurden kein Paar.

Mein Sohn ist Linux in einer Welt voller Windows.

Die nächste Freundin brachte noch mehr Rätsel für den Jungen. Sie kam immer mit einer Freundin (Warum kommt sie immer mit einer Freundin?). Sie trennte sich alle paar Tage um wieder mit ihrem Ex-Freund anzubandeln (Warum macht sie das? Ich verstehe das nicht!). Die Welt war auf einmal noch komplizierter als sie ohnehin schon war. Und dabei ist die Liebe auch schon kompliziert genug, wenn sich Windows 95 und Windows 10 connecten wollen, seien wir mal ehrlich.

Vor kurzem erst stellte sich ein neuer Schulintegrationshelfer vor und die beiden verabredeten sich zu einem ersten Treffen in einem Café. Unser Sohn wollte unbedingt den Kaffee des Integrationshelfers bezahlen und war sehr verunsichert, als ihm dies von dem Mann nicht gestattet wurde. Abends erklärte er mir dann: „Aber der Papa hat mir doch gesagt, dass ich immer bei einer ersten Verabredung bezahlen soll! Dass man das so macht!“.

Die Welt ist voller Gesetzmäßigkeiten und Regeln. Wer die Regeln kennt und kapiert hat, der kann mitspielen. Also her mit der Gebrauchsanleitung! Blöd nur, dass es die nicht gibt für das zwischen-Menschen-Dingsbums.

Sechzehn ist er jetzt, mein Sohn. Ein Alter, unter dem viele Eltern ächzen und stöhnen, weil es die Hochzeit der Pubertät einläutet. Ich finde es ganz wunderbar. Nach so vielen anstrengenden Jahren habe ich das Gefühl, der junge Mann, der mein Sohn geworden ist, ist mittlerweile „bei sich“ angekommen und mir gefällt sehr gut, was ich da sehe!

Er ist sicherer geworden in vielen Situationen, kann sich eine eigene Meinung zu Dingen bilden und diese reflektieren. Wird selbständiger und selbstbewusster. Die Autonomiebestrebungen und das Gemaule, das vielen Eltern die Haare zu Berge stehen lassen, werte ich anders. Ich kann auch entspannter damit umgehen und möglicherweise gibt es deshalb auch wenig Streit bei uns.

Ich mag die Pubertät. Ich habe viele Jahre in ständiger Sorge um diesen Jungen gelebt und habe wirklich geglaubt, ich würde niemals nie aufhören (aufhören können) ihn zu bemuttern, zu beschützen, meine Flügel schützend um ihn zu legen. Irgendwie richtet das die Natur dann doch so ein, dass die Kinder Signale geben und dass das dann ganz langsam passiert. Dieses Loslassen.

Nach so vielen Jahren voller Zukunftsängste und Sorgen habe ich jetzt langsam das Gefühl, dass ich mich einfach nur freuen kann an ihm. Dass sich alles schon finden wird. Dass er sich zurechtfinden wird.

Dass es Zeit ist, meine beiden Kinder einfach nur zu genießen.

Ein schönes Gefühl!

 

 

Mit der Zeit lernst Du,

dass eine Hand halten nicht dasselbe ist
wie eine Seele fesseln.
Und dass Liebe nicht Anlehnen bedeutet
und Begleitung nicht Sicherheit.
Du lernst allmählich,
dass Küsse keine Verträge sind
und Geschenke keine Versprechen.
Und Du beginnst,
Deine Niederlagen erhobenen Hauptes
und offenen Auges hinzunehmen
mit der Würde des Erwachsenen,
nicht maulend wie ein Kind.
Und Du lernst,
all Deine Straßen auf dem Heute zu bauen,
weil das Morgen
ein zu unsicherer Boden ist.
Mit der Zeit erkennst Du,
dass sogar Sonnenschein brennt,
wenn Du zuviel davon abbekommst.
Also bestell Deinen Garten
und schmücke selbst
Dir die Seele mit Blumen,
statt darauf zu warten,
dass andere Dir Kränze flechten.
Und bedenke,
dass Du wirklich standhalten kannst …
und wirklich stark bist.
Und dass Du Deinen eigenen Wert hast.

Kelly Priest

 

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Das Fleisch ist willig, aber der Teenie wach

Sex. Es geht um Sex. Geschlechtsverkehr ist das Thema. Auch das noch!

Ob das sein muss? Ja, muss es. Wir machen auch ganz schnell, dann sind wir beizeiten fertig (ihr seid Eltern, ihr kennt das).

Neulich hat eine Australierin bei Facebook öffentlich geschrieben, was wir alle schon wissen: Elternsex ist das neue ganz große Ding! So mit stoppeligem Bermuda-Dreieck und mit einem großen Zeh die Tür zuhaltend dreieinhalb Minuten übereinander herfallen. Ich glaube, den dazugehörigen Facebookpost zu schreiben hat insgesamt länger gedauert…

Überhaupt nicht erstaunlicherweise haben sich tausende Leute verstanden gefühlt und ihren blauen Daumen draufgedrückt. Das will die Elternwelt lesen! Dass es bei Müller, Meier, Schulze genauso läuft wie bei Schmidts. So, wie´s eben läuft. „Schatz, es ist drei nach acht. Die Plagen hören Wickie im Bett. Los, lass es uns treiben! Danach hänge ich schnell noch drei Maschinen Wäsche auf und zwanzig Uhr fuffzehn schauen wir dann Tatort (oder eine Reportage von Guido Knopp über den Nachbarn des Cousins des Fußpflegers von Adolf Hitler)!“.

Das war ehrlich, witzig, tröstlich und null überraschend! 😉

Der Mensch mit Bedürfnissen und kleinen Kindern lernt schnell, alle möglichen Bedürfnisse nach dem Aspekt der Dringlichkeit und mit höchster Zielorientierung zu befriedigen. Essen, Ausscheiden, Schlafen, Duschen. Selbstverändlichkeiten werden zur Herausforderung mit kleinen Kindern. Wissen wir.

Und Sex gehört dazu. Wenngleich am Ende der Nahrungskette der Bedürfnisse. Wenn du weißt/ ahnst/ befürchtest, dass der Kindesschlaf bestimmt nur dreißig Minuten anhält und du hungrig/ müde/ ungeduscht und unbefriedigt bist, dann bist du in erster Linie erst mal hungrig und müde. In dieser Reihenfolge. Oder andersherum: müde und hungrig. Und dann ist die halbe Stunde auch schon wieder um!

Erinnert ihr euch noch an diesen Artikel? Anderthalb Jahre ist her, dass ich das schrieb. Er schläft jetzt mehrere Stunden am Stück, der Blondino. Und he! Ho! Wir haben die Abende für uns!

Ach nee, doch nicht.

Ich muss euch jetzt was sagen. Und ihr müsst stark sein! Genießt euer komfortables Sexleben, solange die Kinder noch klein sind! So opulent wird es erst wieder, wenn die Nachkommen ausgezogen sind. Oder einmal im Jahr im Schullandheim.

Blümchen und Bienchen (c) Pixabay

Blümchen und Bienchen
(c) Pixabay

Irgendwann sind die Kinder nämlich zu groß, als dass man denen erzählen könnte, Mama und Papa machten Yoga oder der Papa hat da Aua und die Mama musste pusten! Oder was auch immer… Irgendwann wissen die, was das mit den Blümchen und Bienchen so auf sich hat und dann: Iiiieh! Also die Vorstellung, dass alte Menschen jenseits der dreißig oder die eigenen Eltern gar… pfui deibel!

Dann wirds schwierig. Zeitlich. Organisatorisch. Alles. Da denkt man immer, die sind dann sowieso stundenlang außer Haus oder in ihrer eigenen Welt, aber nee! Entweder sind sie zeitgleich mit allen anderen aus dem Haus oder sie wollen immer dann etwas von einem, wenn man nun wirklich partout nicht mit ihnen rechnet!

Abends ratze ich zwischen neun und halb zehn auf der Couch weg oder liege schon komatös auf meiner Seite des Bettes. Der Teenager geht gegen zehn ins Bett. Frühestens. Finde den Fehler.

Morgens bin ich beizeiten wach (Und der Teenager schläft noch. Tief und fest!). Morgens könnten wir zwei Alten direkt vor dessen Zimmertür… Aber nein. Denn auch wenn ich wach bin, der Bärtige ist es nicht. Den eine halbe Stunde vor Weckerklingeln wachzuschubsen wegen einer Runde Hoppereiter, also da hätte auch Penelope Cruz oder eine andere dunkelhaarige Schönheit mit nem Arsch in Form einer Zwiebel schlechte Karten! Das liegt nicht mal an mir (oder meinem Arsch). Schlafen sticht alles. Und morgens muss man sowieso ein rot-weißes Absperrband um den Bärtigen ziehen.

Urlaub. Also Urlaub geht auch gar nicht! Außer, wir buchten dem Teenager ein Ferienhaus ganz woanders. Der hat Ohren wie ein Luchs! Da dreht sich der Mann auf seiner Klappliege vorsichtig rum, um mir auf meiner Klappliege ein keusches Küsschen zu geben, da schallts schon durch die Wand: „Untersteht euch! Ich kann euch hören!“.

Letzten Sommer haben wir im Garten Urlaub gemacht. Dort eine Hängematte, da eine Decke im Gras… Es war stimulierend. Ach, kannste alles vergessen! Egal, wohin wir uns zum Knutschen verzogen haben, der Pubi war uns auf den Fersen!

„Du, pass mal auf. Der Papa und ich gehen jetzt in den Schuppen. Wir haben was zu erledigen, äh, zu bauen. Weißte Bescheid. Wir sind gleich wieder da!“. „Hä? Was?! Nee, oder? Boar, nicht euer Ernst! Ihr seid sooooo eklig! Wehe! Untersteht euch!“.

Sex im Gewächshaus haben wir auch erwogen. Zwischen den üppigen Gurken- und Tomatenpflanzen wären wir tatsächlich nicht zu sehen gewesen. Aber bei fünfzig Grad Raumtemperatur und hundert Prozent Luftfeuchtigkeit… Unnötig zu erwähnen, dass der Teenie während der Ferien noch später ins Bett ging.

Manchmal frage ich mich wirklich, wann wir seinen Bruder gezeugt haben.

Aber ich räche mich diabolisch! Irgendwann. Das Babyphon hat eine Gegensprechanlage. Und irgendwann brauchen wir das Ding nicht mehr für das Baby und ich schwöre, dass ich den Sender beim Pubi im Zimmer verstecke. Und wenn der dann Besuch bekommt und es raschelt, flöte ich durch die Sprechanlage:

„Hallöle ihr Süßen, Erfrischungen gefällig?!“.

 

 

 

Ein Kaffee für Frau Nieselpriem

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