Das war die Blogparade „Der Tag meiner Geburt“

Ganz egal, welche Haltung jeder Einzelne von uns zu diesem bestimmten Sonntag im Mai hat, so kommt doch keiner daran vorbei, gerade an diesem Tag an den einen Menschen zu denken, mit dem unser eigenes Leben unweigerlich verknüpft ist. Und zwar vom ersten Tag an. Vom #TagmeinerGeburt.

Anlässlich des diesjährigen Muttertages wollte ich eure Geburtsgeschichten lesen und es sind spannende Berichte zusammengekommen. Ich danke euch allen, dass ihr mitgemacht habt und eure Geschichte mit uns teilt!

Sehr berührt hat mich der Bericht von needless to say. Eine Geschichte über ein Wunder, ein Kind, dass eigentlich nicht hätte kommen sollen und doch freudig erwartet wurde. Über mutige Eltern, die schon damals mehr ihren eigenen Instinkten als den Ärzten Glauben schenkten. Einem Kind, das schlussendlich in einer Einkaufstasche nach Hause getragen wurde. In sein neues Leben.

Bei essential unfairness brachte eine tapfere Mutter ihr Kind in einer Teeküche des Krankenhauses zur Welt, weil nebenan renoviert wurde. Inklusive Besuche der Handwerker. Exklusive des Vaters, der sich von den Strapazen daheim vor dem Fernseher ausruhen musste.

Bei Wunschkind² hat eine etwas störrische und bockige junge Mutter, die eigentlich keine Kinder bekommen konnte, eine langwierige Nierenbeckenentzündung nach vierzig Wochen entbunden und als dieses Überraschungskind dann noch nicht mal ein Junge war, weigerte sie sich anfangs vehement, das Kind auch nur anzusehen. Bei einem Bierchen und einer Zigarette mit dem Arzt konnte die Frischentbundene doch noch überredet werden, wenigstens mal einen Blick auf das Töchterchen zu werfen (vermutlich war es dann Liebe auf den ersten Blick). Im Übrigen bekam die Unfruchtbare noch drei weitere Kinder… Ich mochte diese Mutter sehr beim Lesen!

Bei parentsdont brachte eine junge Schwesternschülerin ihr erstes Kind im Krankenhaus zur Welt, in dem sie auch arbeitete. Das wirklich Ergreifende an dieser Geschichte ist aber eher die Tatsache, dass sie sich von allen anderen abhebt durch den Umstand, dass der Vater schon damals eine größere Rolle spielte als bei anderen Familien, wo die werdende und Mutter oft mit der Kinderkriegerei und auch dem Versorgen allein beschäftigt war. Sehr lesenswert mit Schmunzelgarantie!

Miriam von TheMama schreibt einen sehr warmherzigen und dankbaren Text und in diesem ist auch ein Schriftwechsel zwischen ihr und ihrer Mutter abgebildet, der zeigt, dass sie ein sehr herzliches Verhältnis haben. Und es spiegelt wider, dass selbst unter den damaligen Bedingungen (alle vier Stunden bekam man das Baby zum Stillen, nachts nie, strikte Besuchszeiten) die Mutter der Ansicht ist, früher sei alles noch schlimmer gewesen! Und hauptsache, die Kinder waren gesund!

Dass Ultraschall, CTG und engmaschige Geburtsüberwachung ein Segen der Neuzeit sind und durch die dadurch gegebene Möglichkeit frühzeitig eingreifen und helfen zu können vermutlich viel Kummer erspart werden kann, ist in der Geschichte um die überraschende und traurige Zwillingsgeburt von Nadine P. nachzulesen.

Kinder werden immer geboren. Selbst unter widrigsten Umständen. Das liegt in der Natur der Sache. Und ist das Normalste und Natürlichste der Welt. Und trotzdem immer wieder ein kleines Wunder. Und dieser Moment, in dem beide geboren werden, das Kind und die Mutter, die vorher diese Rolle möglicherweise noch gar nicht innehatte, werden beide verbunden bis an das Ende ihrer Tage. Die Nabelschnur wird nur physisch zerschnitten. Sie bleibt ein Leben lang fühlbar bestehen.

Karl-Haende

I´ve got you under my wings

I´ve got you under my wings

Seit ich Mutter bin, sind mir Flügel gewachsen. Starke Schwingen, bereit zu beschützen und zu tragen. In der Tat sehe ich das wirklich so, dass meine Kinder mir Flügel verleihen, mich beflügeln. Für manche sehen die Dinger von weitem allerdings aus wie Rotorblätter…

Nimm ein offensichtlich verhaltensauffälliges Kind und eine besorgt dreinblickende Mutter und die Sache ist für jede andere Mutter klar! Also für jede, die irgendwann mal im Wartezimmer neben einer alten Ausgabe von „Psychologie heute“ gesessen hat (Es waren immer nur die Mütter, deshalb „jede“. Und ja, Ich würde lieber behaupten, das sei anders gewesen.).

Was war zuerst, Henne oder Ei? Ganz klar, die Henne ist an allem schuld! Das dazugehörige Ei war laut, schwer zu bändigen und zu sozialisieren. Außerdem motorisch ungeschickt. Konnte weder Seilspringen noch einen Ball kicken. Sollte er dennoch Fußballspielen, dann verlangte er nach gänzlich anderen Regeln. Er wollte nie auf einen Baum klettern oder mit anderen Kindern gemeinsam irgendetwas bauen. Dreck fand er eklig und ich habe in meinem ganzen Mutterleben noch nie ein Knie geflickt. Der war schon immer seltsam komisch und die Sache war sonnenklar. Das rief ungefragt alle wohlmeinenden Mitmütter auf den Plan.

„Das Kind braucht mehr Grenzen!“, „Der Junge braucht mehr Freiheiten!“, „Du engst ihn ein!“, „Du traust ihm nichts zu!“, „Du musst ihn loslassen.“.

Allein, das Kind gab mir ganz andere Signale. Das der Umwelt zu erklären habe ich lange erfolglos versucht…

„Das ist nur deine eigene Unruhe! Das überträgt sich alles.“, „Du musst mehr…“, „Du musst weniger…“.

In Erziehungsfragen sind Ratschläge in erster Linie Schläge. Es war ein Teufelskreis. Sie meinten es alle nur gut. Sie wollten doch nur helfen! Und verunsicherten mich vollends. Offensichtlich schien ja jeder besser als ich zu wissen, was der Junge denn nun brauchte! Selbst als sich herausstellte, dass meine seltsame Besorgnis nicht unbegründet war, musste ich mich tatsächlich einmal fragen lassen, ob ich denn glauben würde, dass das meine Schuld sei?! Also, dass er so seltsam sei aufgrund meines Verhaltens? Sie habe da mal was darüber gelesen…

Apropos lesen. Ich wünschte, ich hätte das Geld für die unzähligen Erziehungsratgeber gespart und stattdessen einen herzensklugen Menschen gehabt, der mir gesagt hätte:

„Hör zu, Mädchen. Das hat die Natur so eingerichtet, dass du schon alles mitbringst, was du brauchst um dein Junges zu versorgen, von der ersten Sekunde seines Lebens an. Und zwar unabhängig davon, ob das Internet je erfunden wird oder Steve Biddulph und Jesper Juul Bücher schreiben. Sonst wären wir Menschen schon ausgestorben! Deine Instinkte und dein Mütter-Sonar sagen dir, was dein Kind braucht. Dieser kleine Mensch vertraut dir blindlings und das hat seine Richtigkeit! Wird Zeit, dass auch du dir diesbezüglich traust. Hör auf dein Kind und auf dein Bauchgefühl. Und macht euer Ding. Du schaffst das! Und kein Mensch auf der Welt weiß besser als du, was das Kleine wann braucht. Und wenn du das Gefühl hast, da stimmt etwas nicht, geh dem nach. Und hör auf dein Kind. Vor allem: Lass dich nicht verunsichern. Alle Kinder laufen irgendwann, sprechen und legen den Schnuller und die Windeln ab. Jedes zu seiner Zeit. Und alle können irgendwann eins und eins zusammenzählen, der eine mit vier, der andere mit acht. Das ist eure gemeinsame Reise. Sie ist das schönste Abenteuer deines Lebens und du bestimmst, wie ihr reisen wollt: Im Hubschrauber, im U-Boot oder zu Fuß. Dein Kind und du, ihr zwei entscheidet das. Genieß doch einfach mal die Reise!“

So, und jetzt putze ich meine Rotorblätter! 🙂

 

 

 

Mütter unter sich

Mütter unter sich

„Nackt unter Wölfen“ hätte der Artikel auch heißen können. Oder „Mit Platzwunde im Haifischbecken“.

Wer in den letzten Wochen etwas anderes zu tun hatte, als alle Blogs und Facebookbeiträge zum Thema „Mütter“ zu lesen, für den fasse ich noch mal kurz zusammen: Mütter, die einen Kaiserschnitt hatten, haben nicht selbst geboren. Mütter mit Wunschkaiserschnitt sind Egoisten. Mütter, die nicht stillen, sind Egoisten. Mütter, die ihre Kinder zu Hause erziehen, sind zu faul zum arbeiten. Mütter, die ihre Kinder in die Kita bringen, sind karrieregeile Egoisten.

Zu jedem Punkt gibt es eine ganze Allianz von Müttern, die ihre Meinung ungefragt in die Welt posaunen und ihre Lebensmaxime als alleingültige proklamieren. Mit welchem Recht? Keine Ahnung, die Mütterrolle scheint für manche Frau leider die einzige Möglichkeit, sich persönlich zu profilieren. Ich finde das sehr bedauerlich. Für alle Beteiligten! Ich bin ja ein ganz großer Verfechter der „Die Welt ist groß und bunt“-Theorie und dass wir uns alle verbrüdern und verschwestern sollten. Und gemeinsam für eine neue Frauenbewegung kämpfen. Und Gehältergerechtigkeit! Und friedliche Koexistenz! Und faltenfreie Haut für alle!

Aber erst ab morgen.

Denn, um es vorweg zu nehmen: Ich bin keinen Deut besser! Zwar tangieren mich die oben genannten Themen schlichtweg überhaupt nicht (dafür habe ich nur ein müdes Lächeln übrig), aber ich habe natürlich auch meine „Feindbilder“ an der Mütterfront. Und heute darf ich noch mal vom Leder ziehen.

Die Tofu-Mutti
„Natürlich“ ist die Devise der Tofu-Mutti. Geboren wird im Geburtshaus oder zu Hause auf dem Juteteppich. Jeglichen medizinischen Eingriff in die „natürliche“ Geburt wertet sie als persönliches Versagen. Das Kind der Tofu-Mutti wird gestillt, bis es alt genug ist zu vermelden: „Du Mutti, ich hätte eigentlich lieber ein Bier!“ und schläft im Familienbett bis zu seinem Auszug mit zweiundzwanzig. Die Tofu-Mutti erkennt man an der natürlichen Achsel- und Beinbehaarung, den Jutesandalen (im Winter mit Schafwollsocken darin), einem meist verhärmten Aussehen (fehlendes tierisches Eiweiß?!) und dem unverwechselbaren Duft von Dinkelpups. Meist einher geht mit dieser Attitüde die Konjunktiv-Erziehung: „Friedrich, würdest du bitte aufhören, den Jungen zu schlagen? Du möchtest doch bestimmt auch nicht, dass man dich schlägt?“, auch ist sie eine Verfechterin der frühkindlichen Involvierung in komplexe Grundlagendiskussionen. Mit Eintritt der Kinder in die Sozialisierungsanstalten (wenn sie nicht gleich zu Hause unterrichtet) engagiert sie sich sehr zum Leidwesen aller anderen Eltern als Klassensprecher, Elternberater etc. und schreibt ellenlange eMails, um das Schulsystem und die Essensversorgung zu reformieren. Am liebsten würde sie alle Unterrichtsstunden hospitieren um dem Lehrer im Anschluss konstruktiv Feedback zu geben. Die Tofu-Mutti hält mir gerne ungefragt Vorträge über vegane Kleinkindernährung und dass ich mit meiner getönten Tagescreme aus dem Chemielabor das Grundwasser verpeste und mit dem Plastikspielzeug meine Kinder vergifte…
Ich möchte ihr mit Mettwurstbrötchen den Mund stopfen und sie in einen Schönheitssalon zwangseinweisen lassen!

Die Cakepop-Prinzessin
…ist immer im letzten modischen Chic gekleidet und ihr steht es selbstverständlich besser als den Models in den Hochglanzmagazinen. Ihr Teint ist ebenmäßig, nie verirrte sich eine Pore oder Falte darin (Aber anstatt schwesterlich die Telefonnummer des Facharbeiters rauszurücken und einen Gruppenrabatt auszuhandeln, behauptet sie selbstverständlich, das käme nur vom Schlaf und vier Litern Quellwasser pro Tag!). Seidigweiß glänzende Zähnchen blitzen aus dem ewig lächelnden, perfekt in angesagtem Himbeer bemalten Mündchen. Sie trägt immer eine stylische Frisur und nicht nur Haare, wie ich. Selbstverständlich ist sie groß. Ihre Beine enden dort, wo mein Hals beginnt. Sie sieht auf mich herab und sagt Sachen wie: „Du bist so…klein! Wie süüüüß!“ (ich überlege oft, ihr in die Knie zu beißen). Am perfekten Body mit dem perfekten BMI baumelt immer die angesagte Handtasche der Saison. Sie betreibt natürlich einen Blog mit achtzigtausend Abonnenten, die sie in jedem Beitrag mit „Hallöle ihr Süßen!“ persönlich begrüßt. Und dort kredenzt sie herzallerliebste Backrezepte in einer herzallerliebsten extra für sie designten Küchenschürze und dekoriert sogar mit ihren eigenen, herzallerliebsten, perfekt lackierten Fingerchen die Zuckerkügelchen einzeln auf den herzallerliebsten Cakepops. Und dabei lächelt sie fröhlich! Außerdem gibt es wegen der hohen Nachfrage viiiiele professionelle Fotos von ihr… im Sonnenuntergang, im Sonnenaufgang, im herbstlichen Blätterwald. Mal versonnen-mädchenhaft lächelnd, mal Lebensfreude ausstrahlend mit ausgebreiteten Armen. DAS wollen die Leser sehen!
Und weil so ein Kind als modisches Accessoire heutzutage dazugehört, hat sie natürlich auch eines. Ein ganz besonders hübsches selbstverständlich! Und hochbegabt!
Das Cakepop-Prinzessinnen-Verhalten im sozialen Umfeld kann ich in zwei Kategorien unterteilen: Entweder „würde“ sie sich ja sehr gern an Diesem oder Jenem beteiligen, ist da aber auf einem Event in Hamburg, dann jettet sie noch mit dem Til (dem Schweiger) nach Berlin und ja, nächste Woche ist da ein Shooting für ihr Kochbuch… Leider! Die andere Variante ist nicht weniger ätzend: Sie macht das alles in Personalunion! Und winkt mit dem manikürten Händchen nonchalant ab und behauptet, das hätte doch alles ÜBERHAUPT keine Arbeit gemacht. Bevor sich eine Normalo-Mutti aus der Schlafanzughose geschält hat, ist die Cakepop-Prinzessin schon mit der Frühschicht fertig und hat für alle Kinderlein Tütchen gebastelt mit neckischen Obstschnitzereien, die sie in der Kita dann an die Haken hängt, damit die anderen Kinderlein auch mal sowas Nettes zu essen bekommen wie ihr süßes, süßes Cakepop-Prinzessinnen-Kind. Die gucken nämlich immer ganz traurig, wenn der Legolas-Phinneas seine Obstschnitzereien und Kuchen in Form seines Namens morgens auspackt… Und das hat sie doch so gern gemacht! Und das hat ÜBERHAUPT keine Arbeit gemacht! Und zum Geburtstag vom Legolas-Phinneas sind alle Kinderlein eingeladen in die Barbie-und-Ken-Villa der Cakepop-Prinzessin und der Justin (der Bieber) kommt vielleicht auch und die einhundert Kinderlein bekommen dann alle eine zwölf Kilo schwere Give-away-Tüte geschenkt mit den Backbüchern der Prinzessin (mit Autogramm) und vielen schönen Fotos. Von ihr. Das Kind ist aber wahrscheinlich auch irgendwo mit drauf. Im Sonnenaufgang, im Sonnenuntergang, im herbstlichen Blätterwald…
Ich wünsche ihr einen ekligen Ausschlag an den Hals! Und Herpes. Und dass, wenn sie abends in ihren Spiegel schaut und diesen befragt: „Spieglein, Spieglein an der Wand. Wer ist die Schönste im ganzen Land?“, dieser ehrlich antwortet: „Ihr, Prinzessin, seid die Schönste hier. Aber die Rike hinter den sächsischen Bergen, die Königin der drei Zwerge, die ist tausendmal sympathischer als ihr!“. Ätsch Bätsch!

Aber ab morgen wird alles anders! Dann gehe ich auf die Straße und kämpfe für eine neue Frauenbewegung. Mit der Tofu-Mutti und der Cakepop-Prinzessin (wenn die Zeit hat).

Ich habe Superkräfte!

Vergangene Woche habe ich meine Prüfung zum „Systemischen Businesscoach“ bestanden. Ich wollte diesen Lehrgang unbedingt machen, das Timing war allerdings ganz großer Mist. An einem Dienstag im September wurde ich mit dem neuen Baby aus dem Krankenhaus entlassen, kurz darauf saß ich schon in der Schulung und verfluchte mich und meine eigene Überheblichkeit („Hey, wie schwer kann das sein?! Stille ich halt zwischendurch! So´n Wurm liegt ja eh nur rum!“).

Nun gut, ich hab das durchgezogen, irgendwie. Denn wer will, findet Wege. Wer nicht will Gründe.

Überhaupt bin ich ja der ganz große Sprücheklopfer. Mein Lebensmotto habe ich dem alten Immanuel abgeluchst: „Ich kann weil ich will was ich muss.“ Heißt in meiner ganz eigenen Interpretation: Ich muss nur das machen, was ich will!

Jedenfalls habe ich am Prüfungssamstag mit zermatschtem Kopf morgens um fünf über meinen Unterlagen gesessen und überlegt, ob ich noch schnell die Vita vom Ausbildungsleiter auswendig lerne oder sonst wie im blinden Aktionismus irgendwas reißen kann um meine überdimensionale Inkompetenz zu verschleiern… Da mir nichts einfiel, habe ich Fleiß vorschützend ein Bild meiner vor mir ausgebreiteten Bücher etc. bei Facebook gepostet.

Wenn ich das geahnt hätte! Ungewollt habe ich den Eindruck erweckt, Baby und Haushalt und nebenbei-Schulung, Blog und kreative Heimarbeit ganz laissez faire aus dem Handgelenk zu schütteln. Ich bin nun offensichtlich in Erklärungsnöten!

Mache ich tatsächlich den Eindruck, dass Alicia Keys jeden Morgen neben meinem Bett steht und für mich „Superwoman“ singt zum Wachwerden?! Und mir die Weste mit dem „S“ auf der Brust reicht?! Bin ich die leibhaftige Persiflage der von mir so abgrundtief verhassten Mutti geworden, die in Seide und Kaschmir gehüllt flötend die Kita betritt und dreierlei vegane, laktose- und glutenfreie Muffins unter dem Arm hat, die sie mal eben schnell zwischen drei und vier Uhr in der Früh noch zubereitet hat und ihr Burberry-Kind mit Seidenschal und Seitenscheitel adrett auf dem Kita-Bänkchen platziert?! Die bei allen anderen Müttern den schalen Geschmack der Unzulänglichkeit hinterlässt?! Eine Cakepop-Prinzessin mit Sechzigerjahre-Superhausfrauen-Image?!

Leute, nun aber mal halblang!

Ich zieh jetzt die Hose runter für euch. Jetzt kommen sie, die ultimativen Geheimnisse der schlampigen Anti-Superwoman-Hausfrau!

Der perfekte Haushalt. So gehts:

1. Feuchte Reinigungstücher
Das absolute must have für mich. Damit feudel ich vom Kaminglas über Toilettensitze, Fensterbänke bis hin zu Baby´s Schnute alles ab, während ich links noch die Kaffeetasse halte! Also, nur das, wo ich bei meiner Körperhöhe von 1,57m so rankomme. Ich weiß natürlich, dass jedes Möbel oberhalb 1,70m eine Fellmütze aus Staub trägt, aber das ist mir wurscht!

2. Bescheißen beim Fensterputzen
Oberlichter putzen? Spar ich mir, indem ich die Jalousie auf Halbmast ziehe. Merkt keine Sau. Bis jetzt.

3. Microfaser-Flauschsocken
Mit diesen Socken an den Füßen immer schön durch die Wohnung rutschen, ruhig auch mal Schlittschuhlaufen simulieren (gut für die Fitness)und verwegen im Vorbeigehen mal mit den bestrumpften Füßen über die Scheuerleisten fahren. Macht Staubsaugen überflüssig. Abends dann die Socken mit den 300g Staubflusen ausschütteln und ab damit in die Wäsche!

4. Wäsche-Management
Irgendwann hatte ich mal begonnen, beim Wäschesortieren für jedes Familienmitglied einen Korb zu bestücken. Nun ist es aber so, dass alle, die zu faul oder noch nicht in der Lage sind, die Klamotten in ihren Schrank zu sortieren (quasi alle Familienmitglieder), ihren Korb einfach so stehen lassen und sich morgens irgendwas Sauberes rausziehen. Praktisch! Ich schmeiß das Gewaschene einfach wieder obendrauf. Gut, an den Anblick von vollen Wäschekörben in der Behausung musste ich mich erst mal gewöhnen, aber das ging relativ schnell. Ich erwäge mittlerweile, unsere Kleiderschränke komplett abzuschaffen…

5. Ordnung
Oft muss ich mir anhören, bei mir wäre es so verdammt ordentlich! Irrtum, ich habe nur gut schließende Schranktüren. Dahinter verbirgt sich das Grauen. Ich vermute, dass ich mittlerweile jedes Kleidungsstück in Form und Farbe viermal besitze, weil ich das immer wieder kaufe mit dem Gedanken: „Ach, das ist ja hübsch! Sowas wollte ich schon immer!“. Ich find es dann nur leider nicht wieder, weil in meinem Chaos alles vor mir Verstecken spielt hinter den Schranktüren.

6. Die Listenschummelei
Ich bin ja auch ein großer Freund von Listen. Sie strukturieren meinen Tagesablauf und identifizieren die Projekte, die ich unbedingt mal angehen müsste. Und ich finde das so beruhigend! Wenn ich mir selber einen todo-Zettel schreibe, auf dem steht: „Gewürzregal auswischen und die einhundertdreißig Töpfchen und Gläschen auf Haltbarkeitsdatum überprüfen“, dann habe ich ja immerhin schon einen Anfang gemacht! Und ehrlich, ob ein Gewürz schlecht ist, merkt man ja, wenn beim Benutzen tote Fliegen aus der Öffnung fallen!

7. Gesund kochen
Ganz wichtig! Ich esse auch sehr gerne. Und sehr gerne gut! Aber momentan wird bei uns jeder, der in der Lage ist, eine Tiefkühlpizza in den Ofen zu schieben, als Koch eingestellt. Na, und? Wer sich beschwert, darf an den Herd!

Und wenn alles wirklich mal selbst für meine Augen schlimm aussieht: Das Haus verlassen! Mit Abstand betrachtet, ist das größte Chaos gar nicht so schlimm! Frische Blumen kaufen und vor den Abwaschberg stellen (lenkt das Auge ab) hilft auch.

Und auch vor mir selbst mache ich nicht Halt, nein, da wird runteroptimiert, wo´s nur geht:
Die perfekte Frisur…ist die Bettina-Wulff-alltime favourite-red carpet-Schnipsgummi-Frise. Muss nicht gefönt werden und hält am zweiten Tag noch mit Trockenshampoo am Ansatz und Wachs in den Seiten. Das perfekte Makeup…besteht aus BB-/CC-Abrakadabra-Teintverjüngungscreme und das aufwendige Augen-Makeup wird durch eine Ganzgesichts-Sonnenbrille obsolet. Und Riesenschals kaschieren Kotzflecken auf der Schulter anmutig. Am besten gleich Klamotten in der Farbe von Babykotze tragen!

Also, wer den Mut zur imperfekten Behausung mit Maggifix-Tüten in der Haute Cuisine-Kombüse hat wie ich, der hat wirklich viel Zeit um allerlei Quatsch nebenbei zu machen.

Apropos nebenbei: Ich war heute Morgen in der Firma, weil ich dort was zu erledigen hatte und kam mit zwei Kolleginnen ins Gespräch. Wie das so ist, Blick in den Kinderwagen und das Erinnerungskino springt an. Die eine, zwei kleine Kinder, einhundert Kilometer Fahrweg jeden Tag zur Arbeit und zurück. Die andere erzählte von den zwei schweren ersten Jahren mit einem chronisch kranken Kind. Und dem Schmerz, morgens ein weinendes Kind in der Kita zurücklassen zu müssen, um seinen Mann zu stehen auf Arbeit. Nicht zu vergessen die Frauen, die das alles alleinerziehend „nebenbei“ wuppen müssen.

Stehen da wie aus dem Ei gepellt, schön und standhaft und Eine sagt bescheiden, es sei ja nicht immer alles Gold was glänzt…Dabei habe ich die Weste gesehen. Die mit dem „S“ auf der Brust. Unsichtbar vielleicht, aber sie alle hatten sie an!

Und während ich im Sonnenschein nach Hause in meinen goldig glänzenden Erziehungsurlaub spazieren durfte, dachte ich nur: Chapeau Mädels, ihr seid für mich die Größten!

Für alle Sindy´s, Nici´s, Andrea´s, Franzi´s, Bea´s und Christine´s dieser Welt: Carpe diem!

Und jetzt alle laut mitsingen: