Geburtstagsgedanken

Heute bin ich neunundvierzig. Morgen fünfzig.

Absurd. Alles! Diese Zahl, die in der Vergangenheit darüber entschied, ob ich zu jung oder zu alt war. Diskobesuche nach zweiundzwanzig Uhr, zum Beispiel. Ich wurde auch mit zwanzig nie nach meinem Ausweis gefragt, ich hatte einfach alte Augen. Das ist mir heute klar, heute, wo über die schwärende Ganzkörperwunde meiner Seele eine dicke Hornhaut gewachsen ist, die nur manchmal juckt und ganz selten aufbricht – zum Glück. Zum Glück bin ich jetzt alt!

Meine persönliche Zeitrechnung beginnt vor zweiundzwanzig Jahren. Da traf ich den Bärtigen, von da an wurde alles gut. Vielleicht war er der erste Mann, der keine Angst hatte, sich mir zu stellen, vielleicht war er einfach zu jung um sich derartige Gedanken überhaupt zu machen. Mein Gott, zwanzig. Ich bin wie ein schwarzes Loch, was sämtliche Energie der Umgebung einsaugt, in saugendes Loch. Ich hatte mein Leben lang das Gefühl, es ist niemals genug Liebe da für mich und schlug wie ein verhungertes Tier meine Zähne in alles, das „Liebe“ versprach.

Ich weiß, die Umstände, warum ich eine derart fürsorgliche Mutter bin, dass sogar Begriffe wie „Rollatormutti“ völlig wirkungslos an mir abprallen, sind dem Umstand geschuldet, dass ich schmerzhaft weiß, was ein Manko an Elternliebe und das Fehlen von Bestätigung, Bewunderung und tausendfacher Versicherung des Geliebtseins und der immerwährenden schützenden Hände in der Entwicklung eines Kindes auslösen. Auslösen können. Unter fiesen Umständen. Kinder ohne Halt werden zu Erwachsenen mit haltlosem Verhalten.

Dass ich so lieben kann, so tief, dafür danke ich jeden Tag. Überhaupt ist Dankbarkeit für mich wie der Schirm, der über jedem meiner Tage spannt. Das Gefühl, dass sich alles findet, alles gut wird, dass ich beschützt, geliebt und angenommen bin. Die Glückseligkeit darüber, wie reich ich bin. Und ja, es gibt sicher Menschen, die sich meine Biografie ansehen und mir auf die Schulter klopfen würden und sagen, das hätte ich mir alles selbst „erarbeitet“. Ich mag diesen Satz nicht, weil einfach nicht alles im Leben nur von persönlichem Ehrgeiz und Fleiß abhängt.

„Life is a strange thing, just when you know how to use, then it´s gone.“, sangen irgendwann die Shakespeares Sisters und ich hoffe, meine Altersweisheit bedeutet nicht, dass die Uhr schon zwölf geschlagen hat.

Fünfzig zu werden ist nicht so ein großes Ding, nicht so wie vierzig. Glaub ich zumindest. Das ist, warum ich das jetzt hier schreibe. Ich verstehe es jetzt.

Pass auf, ich hole jetzt die fette Metaphernkeule raus. Ihr müsst kurz tapfer sein.

Tulpe-mittelalt

Guck Dir diese Tulpe an. Ich liebe Tulpen! Jeder mag Tulpen, oder? Gut, ich mag sie eigentlich nur ganz ganz frisch. Ihr kennt das, die Blüte scheint nur zaghaft aus den äußeren Blütenblättern, heimlich nur winden sich die farbigen Blätter aus ihrer Hülle, obszön fast in ihrer angedeuteten Schüchternheit. Die ganze Blume scheint kühl, als hätte sie alle Lebensenergie und alles Wasser der Erde in sich gespeichert, die Oberfläche der Stängel glatt, sie quietscht elastisch beim Biegen. Ein Sinnbild für Jugend.

Nie sind Tulpen schöner, als kurz nach dem Schnitt. Dachte ich.

Ich saß neulich vor diesem fünf Tage altem Strauß, blickte auf die faltigen Außenblätter und die verblassende Farbe und dachte mir, es wird Zeit. Der muss weg. Dann, aus einem Impuls heraus habe ich mir die vertrocknende Blüte angesehen. Und ja, vielleicht wusstet ihr schon vor mir, was mir in diesem Moment für Gedanken kamen. Alles nach außen gedreht, alle Farben, all die Schönheit und Einzigartigkeit, nichts heimliches, verstecktes. Die Blätter sind kurz vorm Fallen, aber die Blüte erstrahlt selbstbewusst und unendlich schön empor zum Himmel und… okay! Nein, ich denke natürlich nicht, dass ich eine Tulpe bin und nun isses auch mal wieder gut mit den an den Blütenblättern herbeigezogenen Vergleichen!

Was ist sagen will, ist, dass mir klar wurde, was der Satz: „Die Jugend ist an die Jugend verschwendet!“, bedeutet. So viele Möglichkeiten und keine Ahnung davon. Nein, ich möchte nicht noch mal jung sein. Ich möchte lange, sehr lange so bleiben, wie ich jetzt bin. In dem, wo ich bin und mit wem. Ich bin so glücklich und vor allem so glücklich, dass ich das so empfinden kann!

Alter und Weisheit, da sehe ich einen gebeugten Greis mit Stock und weißem Bart, und vielleicht seid ihr alle schon vor mir am Ziel gewesen und seid auch sicher, wer ihr seid und warum, aber mir sind diese Bewusstseinsebenen irgendwie verschlossen gewesen. Ich habe mich echt abgequält mit der Selbstoptimierung und dem Gefallenwollen, besonders mit dem Gefallenwollen. So viele Jahre, warum nur?

Jetzt ist das alles irgendwie klar. Und ich trauere auch nichts mehr hinterher. Alle Erfahrungen, besonders die, die so sehr weh getan haben, haben mich hierhin geführt. Ich hatte solche Angst, vierzig zu werden, ihr ahnt es ja nicht, und dann waren die letzten zehn Jahre die schönsten meines Lebens! Und ich habe wirklich vor, das in zehn Jahren auch über die nun kommenden zu sagen.

Ja, das Unsichtbarsein, das musste ich erst lernen. Irgendwie um den fünfundvierzigsten Geburtstag herum bemerkte ich, dass mich Männer (und Frauen) auf einmal anders ansahen. Für die Einen war ich plötzlich nicht mehr Konkurrenz um das Supersperma, für die anderen keine geeignete Kandidatin für ihr Supersperma. Also, wenn ich das mal auf evolutionsbiologische Vorgänge herunterbrechen darf.

Das war schmerzhaft, ein bisschen. Niemand flirtet mehr mit mir! Das einzige Mal, wo mich in letzter Zeit ein fremder Mann angeschaut hat als wäre ich ein Schweinerollbraten, das war im vergangenen Jahr und ich denke, der Kollege hatte wirklich nur Hunger, denn wir waren beim Mittagessen. Herzklopfen hatte ich dennoch, ein bisschen. Ich bin ja nicht tot.

Mir ist das in den Jahren davor gar nicht aufgefallen, wie viel und wie sehr das Sexualisierte im Alltag mitschwingt, aber ich merke jetzt deutlich den Unterschied. Da ich am Ende meiner Fruchtbarkeit angekommen bin, wird wirklich von allen um mich herum nur das Innere der Blüte gesehen, was eigentlich total super ist! Es geht nur um Leistung, Beitrag, Meinung, Tat. Und deshalb möchte ich das „nur“ in diesem Satz zurücknehmen. Die Schönheit eines Menschen macht wirklich aus, was er denkt und tut. Ich bin froh, dass ich selbst in jungen Jahren diese „Bauhaus“-Herangehensweise an andere Menschen schon für die einzig wahre hielt. Form follows function. Und deshalb bin ich auch jetzt von schönen, wunderschönen und herzensreichen Menschen umgeben. Gelebte Liebe ist die einzige Währung zwischen Menschen, die wirklich zählt auf der Welt.

Außerdem habe ich ja einen jungen Kerl, höhö. Der steht in der Blüte seiner Jahre, stark wie ein Baum und mit Supersperma, aber nix da, meiner! Manchmal guckt der mich seltsam an und fragt, ob das jetzt so weitergeht, dass mir jeden Tag was anderes wehtut und meine Stimmungsschwankungen, ALTER! Ich streichle ihm dann gern über den hübschen Kopf und erkläre, dass das hier immer noch freiwillig sei. Das alles. Und dass er jeden Tag aufs Neue entscheiden darf, ob er das noch will. Und dass meine Liebe zu ihm nichts daran ändern wird, ob er sich weiterhin für mich entscheidet oder lieber eine Dreißigjährige will. Gut, die will dann sicher Kinder bekommen und dann ist wieder nix mit Schlafen und ja, die wird auch irgendwann in die Wechseljahre kommen, aber er kann das alleine entscheiden.

Meine persönliche Zeitrechnung beginnt vor zweiundzwanzig Jahren. Da traf ich den Bärtigen. Etwa um die gleiche Zeit, es war Januar. Ich bin also heute zweiundzwanzig. Alles, was ich habe, jedes bisschen Glück, ist seine Schuld. PS. Er wohnt noch hier, heute hat er sich wieder mal für mich entschieden.

 

 

Alter Falter…

Die bloggenden Familienväter vom Familienbetrieb und ichbindeinvater äußerten sich neulich sehr amüsant über Indizien des Älterwerdens und –seins bei Männern.

Nun ist das Altern bei Frauen weit weniger amüsant. Möglicherweise liegt das am spaßbefreiten Verhalten der Betroffenen. Am schockstarren Verdrängungsbemühen oder am Geruch der Verzweiflung, der aus den Schals wabert, die um faltige Frauenhälse geschlungen werden. Oder Loops.

Ich kenne mich da aus. Ich bin betroffen.

Außerdem habe ich in diesem Monat schon wieder Geburtstag. Gefühlt habe ich alle zwei Monate Geburtstag und mein genaues Alter muss ich manchmal anhand meines Geburtsjahres nachrechnen. Und manchmal beschleicht mich der Verdacht, dass dort ein Fehler vorliegen muss. Auch der Beste meinte vor kurzem erschrocken: „Wiiiie alt wirst du?! Fünfundvierzig?! Du wirst doch nicht fünfundvierzig …Oder?“.

In der Rolle als Mutter spielt mein Alter für mich absolut keine Geige. Mein Löwinnenherz bubbert kein bisschen schwächer als vor fuffzehn Jahren. Beruflich nicht, auch wenn es mich stets amüsiert, dass man in der meinigen Branche mit Mitte Vierzig irgendwie Chef ist oder die Branche wechselt (Als würden mit dem Bindegewebe auch die kreativen Ideen flöten gehen.). In meiner Rolle als Partnerin ebenso nicht, diesbezüglich bin ich ein Glückspilz! Aber.

Ich erinnere mich an ein Buch über Marlene Dietrich, in welchem geschrieben stand, dass die Diva die letzten Jahre ihres Lebens auf und in einem Bett verbrachte, umgeben mit den Dingen des täglichen Bedarfes. Sie hat Jahrzehnte das Haus nicht verlassen, damit niemand sie derart gealtert und entstellt sah. Sie ließ sich telefonisch von irgendwelchen Verehrern anflirten und flüchtete so träumerisch in vergangene Zeiten.

Es gab Tage, da erschien mir dieses Verhalten vollkommen logisch.

„Alter“ bekam ich mit neununddreißig. Am allerschlimmsten waren die Tage vorm vierzigsten Geburtstag. Ich habe mir jegliche Feierei zu diesem traurigen Anlass verbeten und musste dann auch noch fluchtartig mein Heim verlassen an diesem beklagenswerten Tag, weil renitente Freunde der Meinung waren, wenn ich schon nicht ans Telefon gehen wöllte, kämen sie eben vorbei und es ginge doch wohl nicht an, dass ich hier klammheimlich vierzig würde ohne Party! Und hier ist der Schampus (Es war morgens um neun!). Ich floh und sah mir mit tränenfeuchten Augen in Anbetracht meines in Bälde zu erwartenden Endes die damals in der Stadt verweilende Plastinatenausstellung an und fand, das sei die passendste Art, diesen Tag rumzubringen.

Wir altern ja unser ganzes Leben, aber das Altern im Alter ist so fies, weil die Hülle überhaupt nicht mehr zum Inhalt passen will. Ich meine, ich bin kein bisschen anders als mit dreißig, sehe aber nicht mehr aus wie dreißig! Was für eine Scheiße. War ich vor fünfzehn Jahren beim Arzt, saß ich einem grauhaarigen Mann mit dicker Brille und weißem Kittel gegenüber. Heute sitzt da ein junges Frollein und erzählt mir irgendwas über meine Blutdruckwerte und ich möchte sie unterbrechen: „Was wissen sie in ihrem Alter denn schon über Blutdruck?! Haben sie überhaupt schon ihr Medizinstudium beendet?!“. Ging ich früher zum Arzt, bekam ich Hustensaft und Vorträge über die Schädlichkeit des Rauchens. Heute bekomme ich Infobroschüren über Mammografie und Darmkrebsvorsorge. Daran ist nichts Würdevolles.

Noch vor einiger Zeit witzelte ich, das einzige, worauf ich mich jetzt noch freuen könne sei der Umstand, dass es ja nicht mehr allzu lange dauern würde, bis mich morgens ein knackiger Zivi weckt mit den Worten: „Guten Morgen meine Teure! Jetzt wolln wir sie mal waschen.“. Geschmacklos? Ach komm, hör doch auf!

Jetzt, wo es keine Zivis mehr gibt, bin ich auf einen neuen Trichter gekommen: Ich stell mich mit einem Stock an die Ampel und wenn ein Pralinchen vorbeikommt, hänge ich mich flugs an seinen muskulösen Arm und lass mich über die Straße geleiten, den Duft der Jugend für einen kurzen Augenblick einatmend (Ich sags euch, wenn ich das nächste Mal eine Omi an der Ampel warten sehe, rempel ich die an und zische: „Ich weiß genau, was du vorhast, SCHWESTER!“).

In Würde altern. Ich habe noch nie begriffen, was das denn nun bedeuten soll. Ich vermute, den Begriff haben Leute geprägt, für die auch früher nie der Spaß im Vordergrund stand. Und man kann sich tierisch über sexuelle Belästigung aufregen, aber es kommt die Zeit, in der man sich dann fragt, was genau das eigentlich noch mal war… Wenn einem früher nie die Bauarbeiter hinterhergepfiffen haben, dann vermisst man das logischerweise auch nicht. Wenn es heute von einem Gerüst pfeift, bin ich sicher, nicht gemeint gewesen zu sein. Ganz sicher. Und es trifft mich, so ungern ich das auch zugebe (Bitte keine professionellen Pfeifer zum Geburtstag!). Wenigstens stehe ich mit diesem Phänomen nicht alleine da, wie sich treffend beschrieben bei Mamaarbeitet nachlesen lässt.

Wenn man nicht Madonna heißt, hat man als Frau irgendwann ein Marketingproblem. Auf dem Flirtmarkt zumindest. Es gibt diesen „Double standard of aging“, auf den Simone de Beauvoir schon in den Siebzigerjahren hingewiesen hat: Alle Altersindizien werden bei Frauen ungleich unattraktiver eingeschätzt. Natürlich hat das alles seine evolutionsbiologische Richtigkeit, fies ist es trotzdem! Zu Fortpflanzungszwecken wird die ältere Frau primär nicht gebraucht und wenn man der Großmutter-Hypothese der biologischen Anthropologie Glauben schenken will, überleben wir Weiber die Menopause nur deshalb, weil wir einen positiven Einfluss auf die Überlebensrate unserer Enkel haben können. Und dafür braucht man kein schmuckes Gefieder. Na, vielen Dank!

All diese Gedanken schlichen durch mein von einer faltendurchzogenen Haut umspanntes Gehirn. So um den vierzigsten Geburtstag rum.

Die gute Nachricht: Es gibt ein Leben danach.

Der fünfundsiebzigjährige Freund meiner Mutter erzählte gestern vom letzten Urlaub und meinte, es sei furchtbar gewesen. Lauter alte Leute, es hätte nur noch ein Bestattungsunternehmer gefehlt! Auf den Einwand meines Sohnes hin, er sei doch selber alt, erboste sich der Jung-Opa: „Ich bin doch nicht alt! Alt bin ich vielleicht in zwanzig Jahren. Aber jetzt auf gar keinen Fall! Ich bin zu jung für Seniorenteller!“. Sehe ich ganz genauso.

Offiziell zähle ich nun zu den „middle agern“ aber für mich heißt das, ich habe gerade mal die Hälfte rumgebracht! Und ich lasse mir nicht einreden, dass die zweite Hälfte spaßbefreit in beigen Gesundheitsschuhen mit ondulierter Kurzhaarfrisur zu absolvieren ist. Ist es angemessen, alle Hotpants wegzuschmeißen am vierzigsten Geburtstag? Oder schon am fünfunddreißigsten? Kiessertraining statt Freeclimbing? Langlauf statt Snowboard. Ab wann? Und warum sollen mir jetzt Männer über fünfzig gefallen? Die sind alt! Und haben in vielen prominenten Männern Scheißvorbilder. Wie alt ist denn die Dingsbums von dem ihr-wisst-schon? Zwanzig, fünfundzwanzig? Das wird schon seine Gründe haben, dass den keine Gleichaltrige wollte…

In diesem Sinne: Hoch die Tassen! Auf eine lustige zweite Halbzeit. Nicht umsonst wachsen uns im Alter Sonnenstrahlen um den Augen, oder?

Der Hypochonder

„Und, was ist heute die Krankheit des Tages?“, mit dieser charmanten Frage an mich startet der beste Ehemann von allen gerne unseren gemeinsamen Tag.

Denn, egal, von welcher neuen Seuche ich höre oder lese, spontan bilde ich die Symptome aus! Und bin mir sicher, es nicht überleben zu werden. Blockaden im oberen Rücken selbstdiagnostiziere ich stets mit ´Bronchialkarzinom´(Oh Gott, es geht zu Ende!), Herzrasen wird nie dem Kaffee, sondern immer einem drohenden Infarkt zugeschrieben und es gab mal ein Telefonat mit einer Freundin, was ungefähr so ablief:

„Du, ich muss dir was sagen…“ „Hör zu! Egal, was es ist, NEIN, du wirst jetzt nicht sterben und JA, das ist alles nur Einbildung!“.

Tage meines Lebens habe ich in der Notaufnahme zugebracht. Das ist nicht lustig. Aber beruhigend. Denn viele meiner Krankheiten lösten sich bereits per Spontanheilung im Wartezimmer auf, einfach aus lauter Frust, weil kein Mediziner sich die Zeit nahm, mich anzuschauen! Wenn du nach vier Stunden Warten immer noch Schmerzen hast, DANN solltest du dir Sorgen machen!

Unvergessen bleibt mir auch die Begebenheit, als der Beste mit dem Kind Nummer eins alleine in den Urlaub fliegen wollte. Am Abflugtag bekam ich eine akute Blinddarmentzündung (selbstdiagnostiziert). Ab ins Uniklinikum. Nach acht (!) Stunden in den Händen eines ambitionierten Assistenzarztes, der wirklich alles, alles und jeden Test mit mir durchführte („Hosen runter, vorn überbeugen und ganz locker lassen! Dann tuts auch nicht weh!“), stand fest, mein Appendix erfreut sich bester Gesundheit. Der Beste saß zwischenzeitlich auf den Koffern und hätte fast die Flüge storniert.

Kranke Gedanken machen dich krank. Ich versuchte, fortan positiv zu denken und mich an meiner strotzenden Gesundheit zu erfreuen. Und natürlich jede Gesundheitssendung im Fernsehen zu meiden!

Während der Schwangerschaft mit dem Kind Nummer zwei habe ich mir kurzzeitig einen echten Befund zugelegt: Schwangerschaftsdiabetes. Der war hart erarbeitet! Einen halben Liter Milchreis mit Zimtzucker pro Tag, drei Stück Kuchen und abends einen halben Liter Häagen Dazs (zuzüglich zu drei Hauptmahlzeiten am Tag) über Monate waren dazu nötig. Und schon bei der Reduktion auf ein Stück Kuchen am Nachmittag verschwand der Diabetes. Ich bin ein Glückspilz!

Und jetzt DAS!

Ein winziger Leberfleck über der Braue mutiert. Breitet sich aus, franst aus. Und juckt. Scheiße! Da habe ich doch so schön positiv gedacht und jetzt werden meine Kinder mutterlos aufwachsen müssen. Die Solariumsucht der Neunziger rächt sich jetzt. Und meine Mutter ist auch schuld! Hatte sie mich nicht jahrzehnzelang mit Kokosöl eingerieben und in die Sonne gesetzt, damit ich nicht nur schön, sondern auch schön braun werde?

Egal, ich beschloß, dem Orkan ins Auge zu blicken und was auf mich zukäme, ich würde es tragen wie ein Mann!

Also ab zur Hautfacharbeiterin meines Vertrauens und mit piepsiger Stimme gefragt:

„Und? Wie schlimm ist es?“. „Das ist eine Alterswarze.“. „Eine WAAAAAS???!“. „Eine harmlose Alterswarze. Das raspele ich ihnen weg!“.

Abends beim Essen befragt mich der Beste, wie es denn so gelaufen wäre beim Hautarzt.

„Na sag schon! Was hat sie gesagt!“. „Du, das ist diesmal echt schlimm…“ unke ich düster, „Chronisch sogar…“ murmele ich in meinen Teller. „Was hast du denn nun?“

„Ich habe `Alter´!“