Jahrelang fuhren wir stets an Ostern in die Nähe von Liberec im tschechischen Isergebirgsland. Dort hatte ein holländisches Pärchen einen alten Dreiseitenhof zu einer kuschligen Pension umgebaut und bewirtete aufs Allerherzlichste die Gäste, die zum Wandern kamen.
Nur kamen relativ wenig Menschen. Wir waren jahrelang an Ostern nahezu allein und unsere Kinder tobten über die alten Gänge, im Garten war außer uns niemand und morgens in der guten Stube beim Frühstück ebenso Leere und Stille. Außer an unserem Tisch natürlich.
Dann machte ich den Fehler und schrieb darüber, so richtig mit Link und so. Und viele Leser schrieben mir auch und wollten es ganz genau wissen: Wo war das, wie heißt das, wie ist dies und wie ist das. Ich schickte jede Menge Leute dahin. Von nun an war es Ostern nie mehr leer. Aber das machte uns nichts. Gut, die Wirtin hatte nun keine Zeit mehr um uns kleine Willkommensküchlein zu backen und die Kinder schienen ihr auch oft ein Ärgernis zu sein mit ihrem Kinderlärm und weil sie über den Rasen rannten. Dennoch kamen wir weiterhin an Ostern wie eh und je, mieteten stets das gleiche Appartement und verabschiedeten uns stets mit den Worten: „Tschüss, bis nächstes Jahr!“.
In diesem Jahr nun teilte man uns mit, es wäre kein Zimmer frei für uns. Schluss, aus.
Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Und ich nahm das persönlich. Ich fühlte mich gekränkt, ungewollt und war stinkesauer.
Der Beste ließ sich nicht beirren, setzte sich vor die große Internetmaschine und suchte für uns und die befreundete Familie, mit der wir stets die Osterfeiertage verbringen, ein anderes Quartier. Ich schmollte derweil und betrauerte meine lieb gewonnene Tradition.
Und so fuhren wir in diesem Jahr in ein Hotel. Auch ein altes, umgebautes Gemäuer, früher war es wohl ein Schloss. Pferde und Rindviecher sollte es geben und ein Restaurant auf dem Areal. Ich war dennoch skeptisch. Rückblickend muss ich nun sagen: Zum Glück haben uns die Quartiereltern der „alten“ Pension den sprichwörtlichen Stuhl vor die Tür gestellt. Zum Glück! Denn ansonsten hätten wir diese Kleinod niemals kennengelernt! Was für ein glücklicher Umstand im Nachhinein.
Inmitten einer herrlichen Landschaft und Wiesen, soweit das Auge reicht, liegt ein Anwesen mit anmutigen Pferden, die morgens geritten werden dürfen, stehen wunderschöne schottische Hochlandrinder auf der Wiese, gibt es Platz zum Rennen und Toben und Kreischen und Tollen und Erkunden und jede Menge andere Kinder zum Spielen waren auch da!
Weil uns an einem Ort der Aufenthalt verwehrt wurde, fahren wir ab sofort möglicherweise immer an Ostern zu den Pferden und Rindern und den Wiesen und all dem Schönen hier. Und bitte fragt mich nicht nach der Adresse! Aus verständlichen Gründen unterliegt die diesmal der nieselpriemschen Schweigepflicht. 🙂
Wir saßen in der Sonne…
… spielten Tischtennis oder
… tobten auf dem Trampolin.
Am Abend gab es ein Lagerfeuer und…
… unser traditioneller Ostermarsch führte uns in diesem Jahr zwar nicht auf den Jeschken (so wie sonst immer; ich war schon wieder kurz traurig), aber wir acht erkundeten wandertechnisch für uns Neuland. Und: Es war schön! Doch, wirklich. Und wieder einmal dachte ich: Zum Glück war unser Zimmer belegt in der ursprünglichen Pension.
Am Abend nach dem Wandertag gab es böhmischen Gulasch von den lieben Rindviechern hinterm Hof, dazu Knödel und herzhafte Kartoffelpuffer. Ganz klar: Wir sind in Tschechien!
Als wir wieder daheim sind, fällt mir das große Fleischpaket in die Hände, das meine Mutter uns vor der Abfahrt als „kleines Ostergeschenk“ überlassen hatte, und von dem ich fand, nichts wäre unpassender als das. Menschen, die für vier Tage verreisen, ein Fleischpaket zu schenken!
Doch: Auch dies schien irgendwie am Ende eine glückliche Fügung zu sein, denn wir freuten uns wie blöde darauf, bei herrlichstem Osterwetterchen den heimischen Grill anzufackeln. Gesagt, getan. Und danke schön, Mütterchen, das mit dem Fleischpaket war eine urst knorke Idee. So im Nachhinein betrachtet.
Während die Mannen grillen und unter Aufsicht zündeln (der Kleinste), lese ich mich bei Instagram auf den neuesten Stand (Ich finde ja, Instagram ist das neue Facebook und Twitter sowieso nur ein Hort des Bösen; also ja, Instagram fetzt mir sehr). Da schreibt eine von mir sehr geschätzte Person, wie abartig sie doch all diese Heile-Welt-Blogger fände mit ihrer Tüdelütt-wir-sind-so-fröhlich-Attitüde und bei denen alles so heiditei-glücklich-verfiltert-perfekt erscheint, und dass sie denen jetzt rigoros entfolgt sei! Richtig so, denke ich mir und like aus Prinzip (ich sagte schon, ich schätze diese Person sehr). Dann, aus einem unerklärlichen Impuls heraus, sehe ich nach und muss feststellen, sie folgt nun auch mir nicht mehr!
Schockschwerenot, bin ich ein Netzmensch mit Perfektionswahn und angeberisch-reißerisch-glücklicher Attitüde? Ich?!
Und dann denke ich: Ja, verflixt und zugenäht und halleluja! Ja, ich bin noch mal verdammt glücklich im Moment! Und scheiße, fühlt sich das gut an! Und danke, dass du mir durch das Entfolgen die Augen aufgemacht hast, geschätzte Instagramperson. Ich will das genießen, solange es so ist und festhalten für schlechte Zeiten (Ja, Mensch, ich weiß! Aber versuchen kann ich es doch trotzdem.), und ich haue jetzt mit Veilchen, keimende Knospen und Kindern im Sonnenschein um mich und vielleicht knalle ich euch sogar noch einen Sonnenuntergang vor die Füße! Halleluja!
Warte, fast den Scheißsonnenuntergang vergessen…
„Das ist die Drossel, die da schlägt,
Der Frühling, der mein Herz bewegt;
Ich fühle, die sich hold bezeigen,
Die Geister aus der Erde steigen.
Das Leben fliesset wie ein Traum –
Mir ist wie Blume, Blatt und Baum.“
(Theodor Storm 1817-1888, deutscher Schriftsteller)