Der Herbst der Liebe

Der Herbst ist da, und mit ihm der Specht. Das kommt jetzt nicht so überraschend, aber wartet mal ab! Ich bin ja nun alt und weise und habe zu allem eine Meinung, die aufgrund meiner Altersweisheit nun wirklich auch mal gehört werden sollte. Also hört zu.

Der Herbst ist die ehrlichste aller Jahreszeiten, da bin ich ziemlich sicher. Der Frühling benimmt sich wie eine Jahreszeit auf Pubertät: Gleißender Sonnenschein, dreißig Grad und im nächsten Augenblick Blitze und Hagelschauer. Raus aus den Klamotten, rein in die Klamotten, ja, nein, vielleicht, der Frühling ist anstrengend für die Gefühle. Der Sommer dann protzt mit seiner Obszönität. Alles ist hell, heiß und nichts bleibt mehr der Fantasie verborgen, über rein gar nichts liegt auch nur der Hauch eines Schattens. Wildfremde Menschen entblößen sich vor meinem kränkelndem Auge, liegen und sitzen schwitzend, Pheromone ausdünstend, ungefragt in meiner Gegenwart. In einem Schwimmbad zum Beispiel. Oder im Biergarten. Wer will das schon. Und Sex, also Sex im Sommer, nein wirklich nicht. Unter der kalten Dusche vielleicht, aber ich habe es doch mit der Hüfte und kann nicht so lange vorn übergebeugt… nein, also ich möchte diesen Teppich nicht kaufen.

(*Anmerkung der Redaktion: Die Autorin hat rein gar nichts mit der Hüfte, diese Behauptung wurde nur der Dramaturgie wegen aufgestellt. Die Autorin verfügt über elastische Gelenke, biegsam wie Weidenzweige im pubertierenden Frühjahr.)

Jetzt endlich, endlich, scheint das Jahr 2019 erwachsen zu sein. Der Herbst ist da. Man darf sich hinter einem Schal verstecken, der Anblick eines entblößten Stückchens Haut ist endlich wieder eine Überraschung, und abends kann man allein oder in selbst gewählter Gesellschaft heiße Schokolade oder meinetwegen Whiskey (oder heiße Schokolade mit Whiskey, ja, Rotwein geht auch. Saft auch! Milch von mir aus, ist mir doch egal, schweig, Stimme in meinem Kopf!) vor einem knisternden Feuer trinken und muss nicht schales Radler aus tropfenden Bierkrügen inmitten anderer Menschen auf kippelnden Biergartenstühlchen saufen, weil das eben zum Sommer dazugehört! Bücher lesen, Hände halten, dem Sonnenuntergang zusehen, all das macht im Herbst viel mehr Spaß. Wer will schon die verschwitzte Hand eines anderen Menschen bei vierzig Grad im Schatten halten und wer hat denn schon Zeit stundenlang zu warten, bis die renitente Sommersonne endlich endlich untergeht. Und das Wetter. Also das Wetter ist wunderbar im Herbst. Ehrlich! Wenn es warm ist, dann fühlt es sich an wie ein Geschenk, das von Herzen kommt. Die Sonne hat eine goldene Farbe, nicht gleißend wie im Frühling oder heiß und unbarmherzig wie im Sommer. Die Herbstwärme dieser Sonne ist wie die Liebe einer reifen Frau.

In diese wunderbare, ehrliche Jahreszeit passt neben heißer Schokolade und Rilke-Gedichtsbänden auch super der Herr Specht.

(c) Michael Specht

Michael Specht geht wieder auf „Liebe nur“-Tour und mein Schlüpfer ist feucht vor Freude. Wen das jetzt irritiert, der lese sich doch bitte hier noch mal in den Kontext ein. Das mit dem Schlüpfer ist eine vollkommen normale Reaktion. Der Typ ist einfach heiß, ich denke, das kann jeder sehen!

Michael wie Michael Specht. Die menschgewordene Offenbarung aller Liebenden und Suchenden. Der Geheimagent unter den kulturellen Geheimtipps. Die sächsische Antwort auf Telly Savallas… oder irgendwas anderes. Ein Mann, dessen Äußeres so unbeschreiblich ist, dass der Naturschutzbund jüngst erklärte: „Der Specht ist der Vogel des Jahres 2014!“,

schrieb ich schon 2014 und nun flankt ein Teil dieses Zitates auf dem Tourplakat. Ich bin so stolz und fühle mich, als wäre ich die Mutter von Mario Götze, als der im Finale der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien gegen Argentinien in der 113. Minute das 1:0 für die DFB-Elf erzielte. „DAS IST MEIN JUNGE!“. Wobei ich sagen muss, dass ich wirklich keine mütterlichen Gefühle hege für Herrn Specht. Also eher Eisprung als Milcheinschuss, ihr wisst schon. Irgendwas davon lösen ja die meisten Männer aus…

Ich habe das Programm im Februar gesehen und selbstverständlich bin ich wieder mit dabei, wenn Herr Specht sich die Seele und sein ganzes Herz aus dem Leib spielt und singt, wenn die BHs durchs Boulevardtheater fliegen, Michael alle „Ursula“-s im Saal antanzt wie Elvis the Pelvis und Tempotaschentücher und Süßigkeiten in der Gegend rumwirft, vierzig Bier in zwei Stunden trinkt, sich an- und um- und auszieht, „Ich kenne eine Wiese schön, dort möcht´ich mit dir Bumsen, Bumsen, Bumsen pflücken gehn, Kathleen!“, singt und (hoffentlich) alle mitsingen. Und wenn Michael Specht dann „Gorbitz im November“, singt und die Gänsehaut des Saales wie eine Buckelpiste ist, die ich auf meinen Rührungstränen entlanggleite, dann werde ich diesmal danach meine kleine Faust in den Dresdner Nachthimmel recken, nämlich genau dann, wenn er seine Farbe von schwarz zu grau wechselt, und schreien: „Peter Fox, wisch die Kotze vom Kotti! Gorbitz im November, du Plagiarist!“.

(c) Michael Specht

Wie ist das mit der Liebe? Hat ein Recht auf Liebe in unserer von Filtern und Instastories beherrschten visuellen Welt nur derjenige, der mit BMI und allen optischen Eckdaten dem Mainstream entspricht? Und wer gibt all den anderen Sehnenden eine Stimme? Der Specht macht es. Und nimmt uns mit auf seine Suche nach der Liebe.

(c) Michael Specht

Der Schlüpfer hängt am Mikro – Party over „Liebe nur“ (c) Michael Specht

„Liebe nur“, zwei Stunden allerfeinste Unterhaltung für Menschen mit Herz und stufenlos einstellbarem Intellekt, gesprochen und gesungen. Es gibt eine intime Atmosphäre, sehr viel Bier, nackte Haut in Blümchenschlüpfern (zumindest definitiv auf der Bühne), Romantik, Gelächter und ganz viel Liebe. Ganz viel.

19.10.19 Dresden (Boulevardtheater)
31.10.19 Erfurt (DASDIE)
18.01.20 Gotha
25.01.20 Ebersbach (Filmtheater)
14.02.20 Naumburg (Turbinenhaus)

Tickets gibt es überall dort, wo es Tickets gibt und zum Beispiel hier.

„Liebe nur“-Aftershowfoto. Frau Nieselpriem und Herr Specht. Es ist noch immer Liebe, zumindest bei ihr.

3 Kommentare zu “Der Herbst der Liebe

  1. Nieselpriem, du bist back in the Game, voll gut.
    Hab vor ein paar Tagen meinen dritten Sohn bekommen, versehentlich alleine, dann musste ich ihn leider aufgrund von Laschheit ins Krankenhaus bringen, wo er nun immer noch auf der Intensivstation ist, mit Verdacht auf Trisomie 21 und vielerlei Begleitproblemen, was ich mir ja nun wirklich nicht ausgesucht hab, und so hängen wir hier nun ab zwischen den Bedürfnissen der anderen beiden Kinder und diesem hier, und gehen durch tiefe Täler und sehen eh auch mal die Sonne am Horizont, aber HEUTE hab ich zum ersten Mal wieder herzlich gelacht, und zwar über deinen diesen Text. Vielen vielen Dank für diesen großartigen Moment der Heiterkeit! Außerdem werde ich mir den Herrn Specht direkt mal näher ansehen, heute Abend beim Milch abpumpen 😃 Alles Liebe aus dem fernen Graz ins wunderbare Sachsenland, womit mich nämlich nicht nur dein Blog innerlich verbindet! Anna

    Gefällt 2 Personen

    • Oh Anna! Zuerst herzlichen Glückwunsch zu Deinem dritten Kind! ❤ Das größte Wunder hat oft die kleinsten Füße. Ich hoffe, Ihr könnt bald alle zusammen gesund und fröhlich in die Zukunft starten. Ich wünsche dem kleinen Kämpfer von Herzen alles Liebe. Spontane Alleingeburt, Du solltest bloggen 😉 Behalt Dir Deinen Frohsinn und Deinen Optimismus, alles andere ist einfach nur destruktiv. Meld Dich mal wieder, ich will wissen, wie es weitergeht bei Euch!

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