… dann schaue ich mir im Nachgang gern die Fotos an.
Ich mag auch Internet- und TV-Reisen. Ich sitze mit Schokorosinen und einem Eiseimer in meiner Couchecke und erlebe hautnah wilde Tiere und die dollsten Abenteuer! Aber ich muss da nicht selbst hin. Wirklich nicht.
Wobei ich ferne Länder und nahe Gebirgszüge durchaus reizvoll finden könnte, nur, das Reisen beinhaltet ja stets, man muss erst mal dahin reisen… Und da liegt die Krux.
Ich fliege nicht gern. Kann man von mir sagen. Das sagen auch andere Menschen von sich, ich bin also in guter Gesellschaft. Nur mit dem Unterschied, dass die meisten anderen Menschen sich trotz Angst noch benehmen können. Ich nicht! Bei unserer Hochzeitsreise war ich durch den Hinflug (auf den ich mich irgendwie noch einlassen konnte) so traumatisiert, dass ich während des kompletten Urlaubs permanent wiederholte: „Aber ich steige nicht wieder in dieses Flugzeug! Damit Du´s weißt!“. Der frisch Angetraute hat das schlichtweg ausgesessen ohne alternative Rückreisemöglichkeiten zu sondieren und wäre beinahe schon in der Fremde aufgrund seelischer Grausamkeit von mir zwangsgeschieden worden. Es begab sich also die Situation, dass ich mich zwar immer noch weigerte, als wir bereits zum Boarding aufgerufen waren, dann aber wenigstens in Kaffeebohnen diese Röhre des Todes erklomm, die ganze Zeit flehend, man möge doch bitte ein Boot finden, um mich heimzubringen! Ein Fahrrad. Ich laufe auch! Nichts da. Zitternd wie Espenlaub wurde ich dann von dem Flugpersonal und meinem Ehemann quasi in diese Fischbüchse gezogen und geschoben (in der bereits alle anderen Passagiere genervt warteten). Kaum war ich drin, machte ich mich los und rannte wieder raus! Bettelte erneut, trotzte, behauptete, ganz sicher auf der Stelle einen Herzinfarkt zu bekommen und durfte/ musste dann an dem Außentürchen der Röhre eine Fluppe durchziehen. Zitternd wegexen bis zum Filter. Dann war mir schwindlig genug, dass ich mich in das Stahlschwein reinbugsieren ließ. Ich bin nicht abgestürzt. Für alle weiteren Flüge vertraue ich seitdem auf ein niedrigdosiertes Valium. Klappt. Nur leider nicht im Businesskontext, denn wenn man eine Stunde nach Bonn fliegt und dann dort noch zwei Stunden später im Meeting grinsend Blümchen ans Flipchart malt, ist das eher kontraproduktiv.
Dann also PKW. Geht aber auch nicht. Aus (in meinen Augen) plausiblen Gründen bilde ich mir ein, bei jeder Autobahnfahrt dem sicheren Tod durch rempelnde LKWs ausgesetzt zu sein. Selbst als Beifahrer bin ich eine maximale Katastrophe! Ich sitze schweißgebadet in meinem Sitz, die Hände in irgendwelchen Griffen und Tempotaschentüchern verkrallt und lasse die angstvoll geweiteten Augen über meine Familie gleiten, als sähe ich diese zum letzten Mal und verkünde mit dünnem Stimmchen: „Wenigstens sterben wir alle zusammen!“. Das ist meine Rolle. Das mache ich. Immer. Und der Geduldige muss stets ganz rechts fahren und maximal achtzig (Macht er nicht. Die Sau!).
Wenn ich dienstlich verreisen sollte, war also stets die Bahn das Mittel der Wahl. Aber irgendwas ist mit meinem Karma nicht in Ordnung, meine Aura hängt schief und womöglich muss ich mir mal meine Chakren aus-channeln lassen… Es muss an mir liegen. Irgendwas ist nämlich immer! Einmal brannte die Lok, mitten auf dem Feld. Deswegen (oder wegen dem durchs Löschen entstandenen Wasserschaden) fiel die Elektronik aus und wir standen dann Stunden im Geisterzug in der Uckermarck. Ein anderes Mal gabs einen tragischen Personenschaden, der (wiederum auf einem Feld) zum Zwangsstopp führte und einen vollbesetzten Zug in der Sommerhitze ohne Klimaanlage zum Kochen brachte. Unterstützt duch folgende Durchsagen: „Die Feuerwehr ist jetzt da, die Lok wird abgespritzt!“, „Der Seelsorger betritt jetzt den Zug!“, und: „Der Lokführer wird noch ausgetauscht und dann fahren wir weiter.“ Also pro Wartestunde eine Durchsage.
Im Winter ist es aber auch nicht besser! Ich saß schon in einem Zug von Berlin heimwärts, als ein Schneeschauer die Schranken auf der Strecke lahmgelegt hatte. Tuuut tuuut! Mit zwanzig Km/h und laut dauertutend tuckerten wir durch die verwehte Landschaft. Tuuut tuuut! An jedem Bahnübergang stellte ich mir vor, wie aus der kreuzenden Richtung auch gerade ein fröhlich dauertutender Zug daherkommt. Tuuut tuuut! Und bumms! Ist nicht passiert, aber hätte.
Bumms gemacht hat es aber bei meinem Testversuch mit dem Reisebus. Letzte Woche. Wobei ich sagen muss, dass ich nach der Hinfahrt ein begeisterter Fan war! Preislich nicht zu toppen, schnell, bequem, sauber und in netter studentischer Gesellschaft bin ich nach Berlin gefahren. Aber ich musste ja auch wieder zurück und man soll eine Reise nie vor der absolvierten Heimreise loben! Am Alexanderplatz pünktlich gestartet, war die Reise bereits nach einem (!) Kilometer für zwei Stunden unterbrochen, inklusive überlaufendem Klo, das dann gesperrt wurde. Totem Akku und zur Neige gehender Schweizer Schokoladenvorräte meinerseits ebenso. Bombenstimmung im Bus!
Es liegt an mir. Es muss einfach an mir liegen! Aus diesem Grund habe ich beschlossen, ab sofort stets die Mitreisenden zu warnen:
„Mein Name ist Henrike und ich beabsichtige dieses Verkehrsmittel zu benutzen. Sollten sie kein ausgewiesenes Interesse an unvohergesehenen Unterbrechungen mit zweifelhaftem Unterhaltungswert haben oder eine Anschlussverbindung erreichen müssen, bitte ich sie in ihrem eigenen Interesse, alternative Reisemöglichkeiten in Betracht zu ziehen. Ich danke für ihr Verständnis!“
Wer wissen will, warum ich in Berlin war und wie das dort so war, dessen Neugier wird hier gestillt: