Neues vom Wollbrecher

Er spricht jetzt, der Blondino. Also nicht deutsch im eigentlichen Sinne. Entweder braucht er bald einen Logopäden oder er ist einfach nur hochbegabt!

Da steht der Knopfäugige also vor mir und bespricht mich eindringlich: „De willo! De willo!“. Mehrmals täglich. Ich erkläre ihm stets, dass es bei uns keinen Wollbrecher gibt und (falls er sich in einer frühen Identitätskrise befinden sollte) er gern ein Wollbrecher sein dürfe oder werden könne, wenn ihm denn der Sinn danach stünde (Wie man das heutzutage eben so macht. Lieber würde ich sagen: „Menschenskind! Nu rede dor ma ordntlisch!“).

Willow (engl.) – der Wollbrecher; to willow (engl.) – krempeln, wolfen

(Quelle: www.leo.org)

Unnötig zu erwähnen, dass ich nicht den geringsten Schimmer habe, was ein Wollbrecher sein soll oder „wolfen“ für eine Tätigkeit.

Wenn wir im Garten sind, gibt er Laute von sich, die sogar von Außenstehenden verstanden werden. Dann nämlich rennt er schnurstracks zu den Beeten, ruft freudig: „Blömmen! Meina Blömmen!“, um dann erst mal ausgiebig Blömmen zu pflücken.

Er hat auch eine neue Freundin, von deren positivem Einfluss aufs Sprachverhalten des Mini-Sohnes ich felsenfest überzeugt bin. Immerhin spricht sie nicht sächsisch. Der Blondino hat mein Handy als Lieblingsspielzeug auserkoren und weiß, wenn er unten auf den Knopf drückt, kommt ein Bild vom Papa und dem Bruder. Er freut sich wie blöde (auch noch beim zwölften Mal) und ruft stets: „Papa!“. Wenn er länger auf den besagten Knopf drückt, geht die Sprachsteuerung an und kein Papa-Bild erscheint. Dann ruft er enttäuscht: „Papa?!“ und die Frau, die in meinem Telefon wohnt, springt sofort hilfreich ein: „Ich weiß nicht, wer dein Vater ist.“. Der Schnullerträger fummelt dann weiter an dem Telefon rum, um den Papa herbeizuzaubern. Angestrengt drückt er überall rum und spricht mit sich selbst: „Ärrölldegöll…“. Auch da kommt die Klugscheißer-Uschi gleich aus der Box und verkündet: „In deinen Kontakten befindet sich niemand mit Namen Erol de Gol.“. Sie haben viel Spaß miteinander. Die zwei.

Ich habe weniger Spaß. Denn das Handy ist meistens verschwunden. Auf dem Festnetz braucht man uns gar nicht mehr anzurufen. Ich höre die Ladestation anklagend klingeln, aber das Mobilteil liegt mit ausgezutschtem Akku unter irgendeinem Schrank. Niemand weiß wo. Ebenso wie der Lülle, sein zweitliebstes Spielzeug. Der Lülle ist eigentlich immer verschwunden! Wir haben Gott sei Dank zwei Lülles, aber ich fürchte schon den Tag, an dem keiner mehr da ist. Dann können wir nämlich das Haus nicht mehr verlassen. „Weißt du, wo der Scheiß-Lülle ist?“, ist die meistgefragtestes Frage in dieser Familie. Keiner weiß es. Ach, doch. Einer weiß es, aber der kann keine dezidierte Auskunft geben.

Meistens gibt er eh nur „Danggg!“ von sich. Mit nach oben gerecktem Arm. „Danggg!“ kann alles heißen und ist vor allem ein Bringebefehl. Er will was und zwar schnell! „Danggg!“. Ich weiß nie, was es ist und rate mich durch. Derweilen dangggt das Kind ohne Unterlass. Ich habe mir schon einen Tinnitus einfgefangen. Der Pubertino weiß zu berichten, dass er eines Tages aus der Schule heimkam und seine Mutter aufgelöst in der Küche vorfand, wo diese hysterisch von sich gab: „Wenn ich heute noch ein einziges DANGGG höre, springe ich schreiend aus dem Fenster!“.

 „Danggg!“

Auch wenn es nicht dangggt, sorgt das Checker-Baby für allerlei Beschäftigung. Die Hälfte des Tages verbringe ich kniend. Wische feuchtes Verschüttetes auf, kehre trockenes Verschüttetes zusammen oder sammle Zerbrochenes vom Boden. Währenddessen findet der Teufel in Babygestalt garantiert den einzigen offenen Schieber oder Schrank und bedient sich derweil selber. Räumt um, aus oder schmeißt mit Puderzucker um sich. Juchhu! Sternenstaub!

Oder spielt mit Senf.IMG_2874

IMG_2875Vor kurzem habe ich zwei von allen Seiten angefressene Brote aus seinem Zimmer geborgen. Selbstverständlich erst nachdem ich bereits jede Menge neues Brot besorgt hatte…

Essen ist generell ein Thema für sich. Er isst eigentlich nichts, was so für Kleinmenschen seines Alters propagiert wird. Aber gern Döner mit Knoblauchsoße. Auch ohne Fleisch. Und ohne Gemüse. Das Brot sowieso nicht. Aber die Knoblauchsauce, die würde gehen! Ansonsten knallt der sich unkontrolliert Physalis in die Rübe. Wenn es nach dem Kinde gänge, gäbe es nur Physalis! Und Gummibärchen als Dessert.

Das mit den Physalissen musste ich einschränken… aus ganz profanen Gründen. Ausgeschiedene Physaloden/ Physalusse/ Physaler (irgendwer muss mich mal erlösen und mir den Plural verraten) werden irgendwann als biochemische Waffe deklariert werden. Da bin ich mir sicher. Ich weiß nicht genau, bei welcher Menge sie ihre tödliche Wirkung entfalten, aber ich war schon oft nah dran (So weit weg kann niemand beim Wickeln den Kopf halten, wie ich in diesen Fällen wöllte!). Also, um mal ein olfaktorisches Gleichnis zu bemühen, der ordinäre Physalschiss verhält sich zu, sagen wir einem gewöhnlichen Bierfurz, wie Klospray zu dem angesagtestem Eau de Sommer 2015. Da kannste nur versuchen, durch die Ohren zu atmen und die Ammoniakdämpfe tapfer wegzublinzeln.

Also, wenn heute Abend jemand vor dir an der Kasse vom Edeka steht und in sein Telefon fragt: „Na, was macht der Willo? Dangggt er noch?“, dann weißte, das ist mein Mann. Die Antwort, die er dann durch sein Telefon bekommt, kannste nicht hören, aber sie lautet: „Ja, er wolft und krempelt vor sich hin. Was so ein Willo eben macht.“.

To be continued 😉

20 Kommentare zu “Neues vom Wollbrecher

  1. Ich hab mich gerade sehr beömmelt und mich über meine in dem Alter recht pflegeleichte Tochter gefreut (keine Sorge, das nächste wird höchstwahrscheinlich ein Sohn). Die hat immer die trockenen Nudeln aus den Vorratsgläseen geräumt. Und als ich erstmal verstanden hatte, das Mehl einmal durchzuschauen, bevor ich es in die Küchenmaschine gebe, haben auch die Pfannkuchen nicht mehr mit Nudelnstückchen geknirscht.

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  2. Ach wie entzückend. ❤
    Du hast doch wirklich einen kleinen Alleinunterhalter zu Hause.
    Wollbrecher sind nämlich Leute, die aus dem Stand eine krasse Show herbei wolfen, dass alle vor lachen zusammen brechen müssen.

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  3. großartig 🙂 ich hab auch so ein exemplar zu hause (12 monate), seit kurzem schreit er (jetzt mal ohne witz) immer „titte“ wenn er mich sieht. wenn das nich diskriminierend is, weiß ich auch nich weiter. den rest verstehen wir eher nich so gut, was nicht selten einen wutanfall des kindes zur folge hat. halt uns auf dem laufenden, bitte! 🙂

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  4. Gnihihihihi. Oder eher: Buahahahahahaha!

    Lass uns bitte eine WG gründen. Gern auch bei Dir ums Eck, Berlin stinkt eh. Das wird die schrecklichste und zugleich lustigste WG der Welt, mit Kiddo und dem Willo, die herumwolfen und ihre Lülles suchen (bei uns heißt das Ding Walli) während wir uns fröhlich im Garten einen hinter die Binde schütten.

    Und Andrea muss auch einziehen. Samt Pimmelbahn.

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  5. Sehr schön wieder! Erste Schritte in Richtung Sprache, das mit der Verständlichkeit wird auch noch. Ich bin in der Hinsicht gar nix gewohnt, unsere Kinder begannen in eher frühem Alter, uns einen Knopf ans Ohr zu plappern. Und erwarteten selbstverständlich auf jede Äußerung eine ausführliche Antwort. Ich hatte das Gefühl, ich labere den ganzen Tag. Und dann immer das angestrengte Nachdenken darüber, wie man DAS nun schon wieder verständlich einem knapp 2jährigen erklärt. So Fragen wie: „Mama, was ist eine Firma?“ Die Leute in der Straßenbahn lachten schon immer, weil auf jede Antwort hin sofort lautstark die nächste Frage abgefeuert wurde … Man hätte sich manchmal glatt einen etwas spärlicheren Sprachschatz gewünscht. Auf der anderen Seite ist das Gras halt immer grüner … 🙂
    In der Küche hat sich unser Herr Sohn allerdings auch gern selbst bedient. Die schönste Aktion brachte er an dem Tag, als nach der Geburt der neuen Schwester Papa zum ersten Mal wieder arbeiten war. Während ich stillte, versuchte er, aus einer aufgeschraubten Dose Pfeffer in eine verschlossene Paprikadose umzufüllen … Als ich ihn niesen und husten hörte, ahnte ich schon … Ganz großes Kino …
    Aber ohne solche Einlagen gäb’s ja später nix zu lachen. Spätestens bei der Hochzeit besteht die Möglichkeit zur Rache. Aber dann hat man’s wahrscheinlich lange verziehen. 😀

    LG Doro

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  6. OMG ich hab mir grad die Hand vor den Mund gehalten, um nicht das ganze Haus vor Lachen aufzuwecken!! Du solltest Deine Rubrik „meine Blumen für“ eindeutig umbenennen zu „Mene Blömmen für“. Und die Konversationen mit Siri sind unglaublich. Ich glaube, die versteht Deinen Sohemann besser als Du ihn xp Hehehe. Meiner schweigt ja immer noch. 14 Monate und lallt sich so durchs Leben ;-). In die WG möchte ich übrigens auch gerne einziehen!!!

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  7. oh man ich sitze hier alleine und lache wie bekloppt, mir laufen die Tränen (ob vor Trauer oder Freude weiß ich selbst nicht so genau)!! Genau so sieht es hier auch aus! Nur hab ich zwei solche Willos-mit Scheiß-Mähs und Nunus, die auch ständig weg sind. Und alles andere passt auch. Ich hab mich echt nicht mehr eingekriegt, vielen Dank!

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  8. Herrlich! Plural von Physalis ist übrigens auch Physalis oder Physalen. Aber das macht den Physalisschiss auch nicht angenehmer 😎

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  9. Liebe Rike,
    leider kann ich deinen Blog nicht mehr lesen…

    ÄTSCH – also nicht mehr im Büro…weil ich nämlich mit Tränen in den Augen und vor LAchen unter den Schreibtisch gerutscht bin, und meine Kollegen mich nun verdutzt fragen, was so lustig ist… Da kann ich nur sagen… diese Blömen…

    Ich bekomme mich kaum ein.

    Unser jüngstes Wunder hat übrigens gestern ihre Füße im Topf gebadet – indem sie natürlich vorher Pippi gemacht hat *räusper*.

    Zur Sprachschulung kannst du Blondino gerne mal vrobei schicken, unser kleines Fräulein ist hier sehr Ton angebend, vielleicht kann er sich was abgucken. Und wir gehen gemeinsam auf „Nucki“ Suche – die braucht nachts mindestens drei …einem im Mund, einen in jeder Hand. Und wehe da fehlt einer.

    Ich drücke dich!

    Stephi

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