Kinder und Haustiere

Ich wollte unbedingt eine Katze. Ich durfte nicht. Meine Mutter behauptete, eine Katzenhaarallergie zu haben. Außerdem noch Asthma.

Ich machte jedes Jahr den Belastungstest mit ihr: im Frühjahr schleppte ich ein Katzenbaby an, was ich einem Bauern in Pappritz abschwatzte und dann in meinem Zimmer versteckte (einmal sogar in meinem Schrank). Dann passierte immer das Gleiche: meiner Mutter schwollen innerhalb von Minuten die Augen zu und unter Atemnot japste sie: „Wo-ist-die-Katze?“.

Später hatten wir Wellensittiche. Viele. Die genaue Anzahl kennt wahrscheinlich nur meine Mutter. Alle waren sie hellgrün, und alle hießen Bubi. Aus irgendeinem Grund überlebten die nicht lange bei uns und meine Mutter, selbsternannte Wellensittich-Be und –Entsorgerin, war der Meinung, wir merken nicht, wenn der Vogel neu war! „Mutti, das ist nicht unser Bubi! Wo ist der hin?“, „Pscht! Nicht so laut! Das muss deine Schwester nicht hören. Ich musste den einschläfern!“, „Was? Wie?“, „Nagellackentferner und Wattepad.“ Irgendwer hatte ihr diesen todsicheren (böses Wortspiel) Tipp gegeben.

(Exkurs: Meine Mutter ist ein kleines, fragiles Wesen mit der Physiognomie einer Elfe, die ohne mit der Wimper zu zucken bei der Aussicht auf einen schönen Braten einem lebenden Fasan den Hals umdrehen könnte und meines Wissens nach sogar mal einen halben Hirsch in ihrem Keller nicht fachmännisch, aber sehr engagiert, zerhackt und zersägt hat. Ich habe Angst vor ihr.)

Wir hatten einen Frosch in Pflege, der verschwand und wurde mumifiziert im Staubsaugerbeutel gefunden. Zwei Wasserschildkröten, ebenfalls Pflegekinder, überlebten unsere Pflege zwar, mordeten aber während des Ferienaufenthalts den in ihrem Bassin bis dahin friedlich nebenher lebenden Wels. Übrig von ihm blieb nur die blutige Brühe, in der dann die meuchelnden Schildkröten schwammen.

Das Kind Nummer eins hatte kurzzeitig eine Amphibienphase: es köcherte monatelang in der Rothermund (einem kleinen Fluss nahe der damaligen Familienbehausung) und brachte eimerweise lurchiges Getier ins traute Heim. Was natürlich binnen Tagen jämmerlich einging, egal, wie sehr wir uns mühten. Jedes Frühjahr hatte ich ein riesiges Gurkenglas in der Küche stehen, in welchem Kaulquappen zu Fröschen herangezogen werden sollten. Der schwarze Grund an toten Quappen in dem Glas wuchs binnen Tagen zu einem derart ekelerregenden Leichenbrei, dass ich mich weigerte, in ein und demselben Raum mit dem Froschleichenglas zu kochen!

Irgendwie haben wir die Ich-will-ein-Haustier-Phase beim Kind Nummer eins überlebt, er will jetzt nur noch: mehr Speicher, mehr Grafikkarten, mehr Computerzeit…

Und wenn das Kind Nummer zwei anfängt, nach einem Haustier zu krähen, habe ich mir schon den passenden Spruch parat gelegt: „Warte, bis du in die Schule kommst. Dann bekommst du Läuse! Versprochen!“

3 Kommentare zu “Kinder und Haustiere

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