Hinweis: Nachfolgender Text ist unter Einfluss starker Schmerzmittel entstanden und sowohl in Inhalt und Ausdruck grenzwertig. Wer also zufällig auf der Suche nach einem hochgeistigen Wort zum Sonntag versehentlich hier gelandet ist, wird dringend zur Umkehr aufgefordert! Bitte lesen sie die Apothekenrundschau. Oder schauen sie sich wenigstens die schönen Bilder an. Danke.
Essen sei der Sex des Alters, behauptet meine Mutter gern und hat damit natürlich unrecht.
Es sind die vermehrten Arztbesuche!
Und ich behaupte, an der Zielgruppe für Arztserien belegen zu können, dass das auch so stimmt. Meine Mutter konnte man früher nie mittwochs nach acht anrufen, da ging sie nicht ans Telefon. Sie schaute „Ämmergännsi Rom“.
Bis vor kurzem war mir derartiges Telekonsumverhalten vollkommen schleierhaft, aber da war ich ja auch noch jung und gesund.
Jetzt sehe ich manchmal in meinen Träumen Patrick Dempsey mit wehendem Kittel auf mich zueilen, das Wort an den über mich gebeugten Dr. Cox gerichtet: „Und, was haben wir hier?“. „Fünfundvierzigjährige mit fortgeschrittener Faltenbildung, depigmentiertem Haar und erschlafftem Bindegewebe!“. „Hoffnungslos. Herr Kollege, lassen sie uns wenigstens die postpartale Beckenblockade behandeln und dann kommt sie in ein Seniorenpflegeheim.“.
Seit einer Woche bin ich mal wieder offiziell im Medizinwesen tätig. Als Patient. Seit ich täglich „fifty shades of grey“ sehe (auf meinem Kopf), beschäftige ich einen Chiropraktiker, Orthopäden, Ostheopathen und eine ganze Physiotherapiepraxis. Regemäßig. In Vollzeit.
Bei soviel Körperkontakt mit unterschiedlichen Leuten in Medizinerkleidung ersetzt der tägliche Konsum von Artzserien den Gang zur Erwachsenenabteilung der Videothek. Zumal man sich als Rückenpatient wirklich dreimal überlegt, ob man beim herkömmlichen Rumgefummle einen weiteren Bandscheibenvorfall riskieren will!
Dann doch lieber gleich die „fifty shades of grey“- Nummer.
Ganz recht. Als erfahrene Patientin im orthopädischen Sektor habe ich nur ein müdes Gähnen übrig für die stümperhaften Ausführungen der Trilogie (Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich nur 1,5 Bücher gelesen habe, mir bluteten bereits danach die Augen aufgrund des Schreibstils der Autorin.).
Ich erlebe tagtäglich weitaus Skurilleres!
Und hoffe nach wie vor wider besseren Wissens, dass irgendwann ein athletischer Mittdreißiger mit vollem Haar und Augen wie Milka-Zartbitterschokolade den handelsüblichen Knochenbrecher in der Orthopädie ersetzt hat über Nacht (In meinen Tagträumen gern auch in der aktuellen Besetzung meines Zahnarztes; diesen ersetze ich dann durch einen Menschen, der die Vollnarkose schon im Wartezimmer standardmäßig legt.).
Aber stattdessen jemand namens Siggi, sechzig Jahre alt, Barfußläufer und mit einem prägnanten Körpergeruch nach drei Tage altem Eintopf.
Siggi schwafelt nicht lang und umarmt mich ungefragt mit seinen Knochenbrecherarmen, bis wir zwei in einem tantrischen Knoten verschmelzen. Und ich meine Wirbel knacken höre. Das „Öh, normalerweise gibts vorher einen Kuß und ein Sektchen!“ bleibt mir wie immer im Halse stecken. Stattdessen quetscht er als nächstes meinen Brustkorb zusammen, so dass mit dem letzten Atemrest Laute wie „Pffffffiiieeeeh!“ meiner erschlaffenden Lunge entweichen. Er presst meine angestellten Beine auseinander und wirft sich ungefragt mit seinem ganzen Körpergewicht dazwischen (R.L.James, da kannste noch was lernen! Vom Chiro-Siggi.), bis sich meine Beckenknochen ergeben und einfach abfallen.
Damit bin ich aber noch nicht fertig. Oh nein!
Als Anschlussbehandlung wird man weiterüberwiesen: Physiotherapie. Wieder kein Patrick Dempsey (Und auch mein Zahnarzt hat noch immer nicht umgeschult.). Ein Jüngling mit dem Sexappeal einer Clearasiltube hängt meinen alten, desolaten Körper in ein Konstrukt, das die Freunde von R.L.James als Liebesschaukel kennen. Bei den Physios heisst das Ding „Perlsche Schaukel“ und soll Blockaden lösen.
Tuts nicht. Es schafft neue.
Da hänge ich also mit Oberkörper und Kniegelenken in Seilen von der Decke. Warum ich die Hose ausziehen soll, verstehe ich nicht. Glaube aber sofort, dass hier die Meinung vorherrscht, Bloßstellung diene der Gesundung! Ich hänge also mit leicht gespreizten Beinen (ich vermute, aus orthopädischen Gründen) und soll entspannen. Währenddessen sitzt der Physioknecht irgendwo hinter meinen Beinen und versucht sich in Smalltalk. Mit Blick auf meinen Schlüppi. Und selbst wenn ich mir einrede, dass der sowas andaudernd sieht, ist an Entspannung nicht zu denken.
Es gibt auch Bondage im orthopädischen Bereich. Alles auf Krankenkassenkarte, versteht sich! Da wird man in Schlingen gewickelt und dann gehoben, gezogen. Irgendsowas. Ist gut für den Rücken. Aber schlecht für die Libido.
Wie eigentlich alles an dieser Art der Ersatzfummelei.
Wenigstens durfte ich bislang die Proktologie aussparen. Himmel, Arsch und Zwirn! Ich frage mich, welche Synapsenverhedderung im Kopf eines jungen, aufstrebenden Medizinstudenten vorliegen muss, damit sich der Berufswunsch „Proktologe“ ausbildet. Und die armen Eltern erst! “ Kind, da haben der Vati und ich uns also zehn Jahre dein Medizinstudium vom Munde abgespart und dann wirst du sowas?! Arsch-Arzt? Was soll ich meinem Bridge-Kränzchen erzählen? ´Um die Weihnachtszeit hat mein Junge immer am meisten zu tun. Es passieren ja so schrecklich viele rektale Unfälle mit Weihnachtsbäumen?!`“.
Es könnte also immer noch schlimmer kommen.
In diesem Sinne: Geriatrische Grüße vom Heizkissen!
