„Infused water“ ist ja kein neuer Scheiß. Nein, der Scheiß ist schon ein paar Jährchen alt, aber er hinterlässt mich noch immer „confused“.
Immer, wenn ich bei Menschen in meinem Umfeld irgendwelche albernen Wasserkaraffen in der Optik von Urinalen – oder neuerdings schweineteure Glasflaschen für to go (Kein Plastik! Plastik ist böse!) sehe, die mit umherschwirrenden botanischen Partikeln gefüllt sind, denke ich: Hä?
Also es fängt schon mit Leitungswasser an. Ich meine, Leitungswasser! Ja, ich weiß, die Qualität und so und Wasser in Flaschen, die Umwelt, die Transportwege und Nestlé… Ja, weiß ich! Verstanden! Aber jetzt mal im Ernst, da schneide ich mein ganzes Kinderleben abgegriffene Werbebildchen von Coca Cola aus und lechze nach Limonade, die nicht schmeckt wie aus dem Chemielabor in Leuna, dann ist das endlich alles zum Greifen nah und jetzt soll ich Wasser aus´m Hahn trinken?! Wott? Bei euch piepts wohl.
Mir wurde mal Edelsteinwasser angeboten. Da stand dann also eine Glaskaraffe (die wie immer aussah wie ein Urinal für Männerpinkulatur), in der Kieselsteine auf dem Boden lagen, die exakt genauso aussahen wie die, die die Hundekackwiese umgeben in Dresden Pieschen auf dem Leisniger Platz!
Edelsteinwasser. Man kann im Internet seines Vertrauens nachlesen, wie superspitze das wirkt und wie man das herstellen kann. Und Frau auch. Und sogar fertig bestellen kann man das! Leitungswasser „aromatisiert“ mit Steinen. Seid ihr alle irre? Wollt ihr mich verkackeiern? Verhohnepiepeln?
Das „confused water“ ist schon längst aus der Eso-Ecke in die Mainstream-Handtaschen und Hipster-Turnbeutel gewandert. Und in jedem Jahr wird eine neue Wasser-Sau durchs Multimedia-Dorf getrieben: Himbeerwasser, Zitronenwasser, Gurkenwasser. Ach, Melonenwasser (mit und ohne Melisse) nicht zu vergessen!
Mein einziger Beitrag dazu je war das Foto eines Wasserglases, in welchem ich Backpflaumen als Abführtrunk eingeweicht hatte. Kam jetzt nicht so an, mein infused water. Offensichtlich ist diesen schönen Menschen im Internet auch die Optik wichtig, nicht nur die Wirkung. Denn, ohne Zweifel, hatte mein infused water eine Wirkung!
Gut, so viel zur Einführung. Meine Meinung ist jetzt hinlänglich bekannt: Infused waters im Hause Nieselpriem sind Bier und Kaffee. Und wenn der Onkel Doktor früher fragte, ob ich denn auch genügend trinken würde, sagte ich stets: „Drei Liter pro Tag sind kein Problem. Zwei Liter Kaffee, ein Liter Bier!“.
Jetzt aber werde ich wunderlich. Ich trinke kein Bier mehr und der Doktor sagt, ich darf nicht mehr so viel Kaffee trinken. Weil ich sei anämisch und Kaffee behindere die Eisenresorption. Was ich verstanden habe: Eine Kuchenmahlzeit durch Burger ersetzen. Wegen dem Eisen im Rindfleisch. Was er gesagt hat: Kaffee ist böse. Mehr Wasser trinken! Ohne Kohlensäure! Aus dem Hahn! Vielleicht probieren sie mal Gurkenwasser?
Gurkenwasser. Ich habe das gegoogelt. Und nun denke ich, das Internet will mich wirklich komplett rollen!
Pass auf, jetzt kommts: Durch das Trinken von Gurkenwasser kann man das Risiko einer Herzkrankheit vermindern und seinen hohen Blutdruck senken. Gurkenwasser hilft gegen Osteoporose und beugt Augenkrankheiten, Diabetes und Alzheimer vor und verlangsamt den Alterungsprozess. Gurkenwasser entgiftet, hilft beim Abnehmen und sorgt für den Weltfrieden. Letzteres habe ich mir ausgedacht, den Rest Redakteure von Gesundheitsressorts diverser Onlinemagazine. Ihr könnt das nachlesen, wenn ihr mit Lachen fertig seid.
Aber warte mal. Hilft beim Abnehmen, verlangsamt den Alterungsprozess…

Ich konnte nicht in Erfahrung bringen, ob es auch wirkt, wenn die Gurke gehobelt wird oder nur, wenn sie in Scheibchen dem Wasser zugeführt wird.
Nun sitze ich hier und schreibe diese Zeilen unter Einwirkung des dritten Aufgusses meines Gurkenwasserurinals. Und ich erwäge, Gurkenwasser auf Zuckerwürfel zu träufeln und dann – Hexhex! – mache ich Gurkenwasserglobuli und die können dann alles! Alles können die! Vielleicht mache ich noch drei bis vier Kiesel mit dran an die Ur-Suppe, das wird dann ein Mega Verkaufsschlager auf allen Eso-Messen und in diesem Internet, von dem hier immer alle reden.
Und ich überlege: Wie wirkt dann erst Gurkensalat? Mit so richtig viel Gurke (dieser Tausendsassa) mit Salz, Pfeffer, Zucker, Dill, Essig und Öl? Und noch ´nem Klecks Schmand obendrauf gegen (!) das Abnehmen. Und dazu ein fetter Burger vom Grill. Wegen dem Eisen. Als Getränk empfehle ich „Hopfen infused water“.
Wohl bekomms und gute Besserung!

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