Neulich war aus der Küche zu hören: „ROOAAARPPP!“. Das Baby giggelt. “RÜÜLLLPPS!“ (eine Oktave höher, offensichtlich ein anderer Klangkörper). Das Baby quietscht vor Freude!
Meine Anwesenheit sah ich als dringend erforderlich. „Was macht ihr hier?“. Da saßen sie, flankierten den Kleinsten, grinsten und sprachen unisono: „Nichts!“.
Von wegen. Seit sie zu dritt sind, benehmen sie sich wie die Affen!
Dabei bin ich diesbezüglich einiges gewöhnt. Mein Vater war Bergsteiger. Wenn die Männer sich auf zu den Gipfeln machten und die Frauen am Fußes des Berges sich die Klamotten vom Leib rissen um in der Sonne zu bräunen, dann dauerte es meist nicht lang bis der der erste „RÜLLLPPPPS!“ durch die Stille schallte, gefolgt von weiteren (je nach Stärke der männlichen Seilschaft). Das war so ein Ritus, die Frauen wussten: Aha, jetzt ist Meiner heil auf dem Gipfel angekommen. Auch kenne ich das sonderbare Gebaren von männlichen Bergsteigern, unter dem Einfluss von Radeberger Exportbier gern mal die Wohnungstür zu öffnen, den Allerwertesten nach draußen zu recken und genüsslich und möglichst laut einen in die Nachbarschaft zu entlassen (natürlich nur in männlicher Gesellschaft, die die Heldentat dann auch gebührend grölend bejubelt).
Wie gesagt, ich bin da einiges gewöhnt und somit seit frühester Kindheit ein Ausbund an Toleranz gegenüber jedwedem menschlichem Verdauungsverhalten.
Wenn der Beste und ich in Wäldern und Auen lustwandeln, weiß ich, es dauert nicht lange bis das Gespräch über Politik, Umweltschutz und zeitgemäße Kindererziehung kurz ins Stocken gerät „…Warte…warte…(Augen zusammengekniffen, eine Arschbacke angehoben)…Gleich…Aaaah! Das tat gut! Wo waren wir stehengeblieben?“. Ich stehe mit verleierten Augen daneben und schäme mich zutiefst, aber wir sind ja draußen. Außerdem wird der Beste nicht müde mir zu erklären, das sei doch natürlich und sogar die Frau Merkel habe Verdauung! Dabei kann er das ja gar nicht wissen!
Jetzt sind sie zu dritt (also in der absoluten Überzahl) und verlagern ihr degeneriertes Verhalten nach drinnen. Seit ein Hosenscheißer mit Lizenz zum Furzen bei uns wohnt scheinen sie anzunehmen, das sei jetzt gestattet. Und ich WUSSTE, es war ein Fehler, wochenlang das Bäuerchen des Kleinsten zu beloben! Jetzt wollen sie alle gelobt werden! Und WIE die Bäuerchen machen!
Ich muss das eindämmen! Dabei habe ich doch eigentlich alles richtig gemacht: Die Badezimmer sind weibisiert, überall Duftfläschchen und Deckchen und Bilderchen und Chichi. Trotzdem werden die Toilettenzeiten der Herren immer länger. Wir haben zwei Badezimmer, eines im Ostflügel, eins im Westflügel. Man konnte mich schon hilflos in der Mitte des Flures stehen sehen beim Versuch, die lauten Anstrengungsgeräusche von links und die genüsslichen Entspannungsgeräusche von rechts auszublenden. Die zelebrieren das! Was kommt als nächstes? Im-Stehen-Pinkeln? Sich öffentlich die Cochones kratzen?
Wann immer ich versuche, ein kritisches Gespräch zu einem beliebigen Thema zu führen, kommt ein: „Warte einen Moment, ich muss erst mal aufs Klo.“ Und der jeweilige Kerl verschwindet mit dem jeweiligen Tablet unter dem Arm. Toilettengänge als Gesprächsverweigerung?! Funktioniert leider! Und ich kann nichts dagegen machen und das wissen sie genau (Was die noch nicht wissen: Ich habe rosa Babywolle rausgesucht und häkel jetzt Klodeckelbezüge und Hüte für die Klopapierrollen. Vielleicht auch Häkelbezüge für die Klopapierhalter. Mal sehn, wie wohl sie sich dann noch dort fühlen!).
Überhaupt scheint das Tablet auf´m Klo die Tageszeitung abglöst zu haben, was mich dazu verleitet anzunehmen, dass derartige Verhaltensmuster schon seit Generationen bestehen und auch typisch männlich sind. Da gibts doch Bildchen von: ein Kerl mit Zigarette im Mundwinkeln, runtergelassener Hose sitzt bequem und genüsslich lesend auf der Schüssel. Ich habe noch nie von einer auf dem Klo Zeitung lesenden Frau gehört! Ihr?
Heute morgen sitze ich mit dem Babylino auf dem Schoß am Küchentisch und schaue dem Mutantenkind beim Schaufeln seiner Cornflakes zu, als: „ROOOOAAAARPPPP!“ ein Laut die Stille zerreißt. Vor Schreck hätte ich fast das Baby fallen gelassen! „Sag mal, spinnst du?!“, „Mama! Ich kann doch nichts dafür! Ich habe VERSUCHT, den Mund zu zu lassen!“.
So, jetzt reicht es!
Am Ende der Woche werde ich mein Taschengeld fürstlich aufgebessert haben oder der Rest der Familie benimmt sich zivilisiert, beziehungsweise furzt und rülpst heimlich (Wie ich. Und Frau Merkel. Obwohl, so genau kann ich das ja nicht wissen.).
Mwahahahaha 😉 wie geil!!! Vonwegen aufgeplatztes Sofakissen – sehr sehr cool geschrieben! Hier gefällts mir, ich liebe Fäkalhumor *g* Übrigens bin ich als Kind auch mit Micky Maus Heftchen auf das Klo verschwunden… nur das mit dem Rülpsen hat wirklich nie geklappt. Das musste mir erst in höherem Alter eine Freundin mit ganz viel Bier beibringen 😉 Macht aber echt Spaß… versuche doch auch mal. Heimlich natürlich… und ach ja, ich will Bilder von dem Klorollen-Häkel-Zeugs 😉 Liebe Grüße, Janina
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Was für ein grandioser Artikel! Ich hatte heute morgen schon mit einer verstopften Toilette zu kämpfen und nun durfte ich deinen Artikel lesen. Großartig! Der Tag kann nicht mehr schlecht werden.
Unsere Tochter liest übrigens immer Harry Potter auf der Toilette. Bis ihr die Beine einschlafen und sie jemand von der Schüssel klauben muss.
Freue mich auf weitere Artikel,
Christian
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Wirklich toll geschrieben! Naja, kann ja nicht jeder so ein begnadeter Schreiber sein *schnief*. Ich stöbere gleich mal noch in Deinem Archiv herum und gucke, was Du noch so erzapft hast 😉
Lieben Gruß, Wiebke
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Absolut genial, hab sehr geschmunzelt 🙂 Schau doch auch mal bei Twitter vorbei, ich würde Dir sofort folgen (ich selbst bin @MamaOTR)
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Danke Leute! Ich freu mich, wenn´s gefällt und schön, euch alle kennenzulernen! Ich werde mich jetzt aufmachen und Gegenbesuche starten 🙂 Man liest sich. Sonnige Grüße, Rike
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oh. Ich lese immer auf dem Klo. Ich dachte, das machen alle. nein?
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Wunderbar, liebe Rike =D und Danke an http://www.familienbetrieb.info/ fürs Verlinken #Elternblogpost2014
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ich würde das als eine win-win situation bezeichnen 😉
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