Männer haben Krankheiten, Frauen haben Wehwehchen

Ich war mir eigentlich sicher, dass ich nie, nie, niemals einen Artikel derartiger Coleur schreiben würde. Niemals! Aus Respekt und Achtung. Aber nach dieser Steilvorlage heute Morgen…

Alles begann damit, dass der Beste mich ermahnend im Lehrmeisterton davon in Kenntnis setzte, dass die Mango, die er mir auf meine Aufforderung hin vor ein paar Tagen kaufen sollte, nun vor sich hingammeln würde.

Daraufhin erlaubte ich mir einen sprachlichen Faupax: „Darf ich dich erinnern, dass ich eine außerplanmäßige Weisheitszahn-OP hatte und deshalb nicht in der kaulichen Verfassung war, so was zu beißen?! Es tut mir sehr leid. Um die Mango und um die Mühe, die du beim Kauf hattest!“. „MOMENT!“ ,belehrte er mich, „MIR wurden die Weisheitszähne rausoperiert! DIR wurde nur ein Weisheitszahn GEZOGEN! Du hast ja bereits am nächsten Tag wieder gegessen und konntest rumlaufen! So schlimm war es also gar nicht.“.

Hatte er mir da gerade zum Vorwurf gemacht, dass ich ohne zu jammern unter Ibuprofen-Einfluss bereits am nächsten Tag eine zermatschte Banane zu mir nehmen konnte, schubkarrenweise Schutt und Geröll im Garten gewuchtet hatte und sogar nuschelnderweise in der Lage war, mich an einem Gespräch zu beteiligen? Offensichtlich! Eine Frechheit.

Um es vorweg zu nehmen, ich halte mich selber für eine Schissbuchse und bin kein Held im Schmerzenaushalten. Ich hätte mich sehr gern ins Bett zum Leiden gelegt, nur hätte mir das schlichtweg überhaupt nichts gebracht! Meine zwei großen Männer hätten nach fünf Minuten mit dem kleinsten Mann auf dem Arm in der Tür gestanden und verkündet, ich solle mich doch nicht so haben und sie hätten jetzt aber großen Hunger. Und: Was gibt’s zu essen?

Männer leiden stärken, das sei wissenschaftlich bewiesen, wie ich mir von meinem hauseigenen Wissenschaftler gerne und regelmäßig anhöre. Und ja, mit drei Männern im Haus bin ich da einiges gewöhnt. Wenn einer Schnupfen hat, dann hat er nicht Schnupfen, sondern akute Sinusitis. Muss Bettruhe halten, vierundzwanzig Stunden am Tag überwacht und gepflegt werden, die Klingel muss abgeschaltet sein und im zwei-Minuten-Takt sollten Erfrischungstücher, Hühnersuppe und Streicheleinheiten angeboten werden. Und Lob! Denn, obwohl ich bereits das rote Kreuz an der Tür aufhängen musste und das Haus in Quarantäne setzen, weil nicht sicher ist, ob es der Patient diesmal überleben wird, muss das tapfere Röcheln aufmunternd belobt werden.

Unvergessen bleibt mir, als ich einmal während einer Krankheitsphase in zeitliche Bredouille geriet und anstatt ein Bio-Huhn vom Biofleischer stundenlang mit Bio-Gemüse zu einer Bio-Brühe voller Liebe zu zerkochen, Fertigbrühe zubereitet hatte und Hähnchenbrust aus dem Supermarkt reingeschnitten. Der Blick! Unvorstellbar. Als hätte ich ihn gezwungen, mit seinem Krankenlager in den zugigen Keller umzusiedeln!

Ja ja, ich weiß. Männer leiden stärker.

Ich bin aus diesem Grund auch für ein generelles Männerverbot in Kreißsälen. Beim ersten Besuch in dieser Einrichtung wurde der ursächlich für unser beider Anwesenheit Verantwortliche nach vielen Stunden von der kompetenten Fachfrau mit den Worten hinausgeworfen: „Wenn sie jetzt nicht verschwinden, kommt dieses Kind nie raus!“. Ich war bis dahin vollumfänglich damit beschäftigt, dem Mann neben mir Saft einzuflößen, den Puls zu überprüfen und die Stirn zu tupfen. Ich hatte gar keine Zeit, mich um etwas anderes zu kümmern!

Beim zweiten Besuch zögerte ich die unvermeidliche Anwesenheit so lange es ging hinaus. Günstigerweise war ich zu diesem Zeitpunkt schon interniert im Krankenhaus. Nachts um eins begannen die Wehen und ich meterte die Gänge entlang. Wie man das eben so macht. Morgens um sechs fragten die Geburtsfacharbeiterinnen zum zwölften Mal, ob sie denn nicht endlich mal meinen Mann anrufen sollten?! „Nein nein, lassen sie den ausschlafen!“, war meine Antwort jedes Mal. Und in Gedanken fügte ich stumm hinzu: „Das ist für uns alle das Beste!“. Er kam dann auch ausgeschlafen und frisch geduscht (eine Augenweide, das muss ich an der Stelle mal erwähnen) gegen halb elf Mittags und ich versuchte, das Unterhaltungsprogramm so abwechslungsreich wie möglich für den Mann zu gestalten. Und lobte ihn natürlich! Er hat das auch sehr schön gemacht und mir immer wieder vorgemacht, wie ich denn nun atmen soll. DANKE an der Stelle noch mal!

Im Kreißsaal wurde er dann doch kurzzeitig blass, als eine Frau im Nachbarsaal völlig unpassend sehr laute und unschöne Geräusche von sich gab. Ich versicherte ihm tröstend, dass auch ich das total übertrieben fand und nicht vorhätte, mich derart zu entgleisen! Er war beruhigt. Als es dann scharf zur Sache ging, habe ich ihn listig hinausgeschickt mit der Aufforderung, das Großkind anzurufen und die Facharbeiter instruiert, ihn AUF GAR KEINEN FALL wieder in den Kreißsaal zu lassen! Ich habe mich auch sehr beeilt, damit ihm nicht langweilig vor der Tür wird. Dann habe ich mit der Hebamme schnell noch das Kind gesäubert und den Tatort geputzt (ich hätte auch ein Blümchen aufgestellt, aber konnte auf die Schnelle keines finden) und dann durfte er wieder rein.

Es ist alles gut gegangen. Ich habe ihn sehr gelobt für sein Engagement und er war sehr tapfer, das muss ich sagen! Allein hätte ich das niemals so hinbekommen. Niemals.

Ja, Männer leiden. Frauen haben nur Wehwehchen.

Das ist aber überall so. Das weiß ich, denn wir Frauen lästern analysieren mit Vorliebe das Krankeitsverhalten unserer Männer. Und ich habe noch Glück!

Der Mann einer Freundin lag eines Tages schwerkrank mit Schnupfen auf der Couch und röchelte vor sich hin. Die Gute brachte im einen Teller mit Obstschnitzen. Mit letzter Kraft hob er ein Augenlid um den Teller zu begutachten und röchelte: „Du musst mir das aber auch schälen! SO kann ich das in meinem Zustand nicht essen!“.

In diesem Sinne: Gute Besserung!

 

Ein Kaffee für Frau Nieselpriem

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3 Kommentare zu “Männer haben Krankheiten, Frauen haben Wehwehchen

  1. Ich musste etwas überlegen, ob ich denn nun tatsächlich auf „Gefällt mir“ drücken soll oder besser doch nicht.
    Meine männliche Objektivität hat gesiegt und hab es tatsächlich getan.
    Super geschrieben!

    LG

    PS: Ich war schon bei zwei Geburten dabei ( meine eigene nicht mitgezählt) und habe seitdem allergrößten Respekt!

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