Herzensangelegenheiten

Die erste Herzensangelegenheit: Ich danke euch allen für die zahlreichen und mitfühlenden Kommentare unter dem letzten Beitrag! Ich freue mich so über jede Zeile. Und wäre ich eine vorbildliche (oder nur eine leidlich anständige) Bloggerin, würde ich jeden einzelnen schon längst selbst dankend kommentiert haben. Aber diese hier – diese, ich – hat weder einen einen WordPresszugang über die App, einen mobilen Login oder sonstwas. Nein, diese ist zu faul, sich das endlich mal einzurichten und weiß auch nicht, wo eigentlich die Zugangsdaten stehen und ist froh, dass ihr guter alter Laptop die natürlich gespeichert hat und sie also über die Weboberfläche noch drauflässt auf das Blöggel. Es ist eine Schande, sie schämt sich, das tut sie wirklich, aber nun ja, so ist das eben. Und deshalb gibt es keine just-in-time-Dankbarkeiten, weil, ich muss immer erst die Turbine des Rechners hochfahren um auf einen Kommentar antworten zu können. Das hier ist jetzt für alle Kommentator- und -Innen (m/w/d, Unentschlossene sind mitgemeint): ❤

Fürderhin erwäge ich aufgrund meiner soeben beschriebenen Defizite im IT-organisatorischen Bereich eine Praktikantenstelle auszuschreiben, die ich dann mit zweifelhaften Kooperationen querfinanziere, die hier neuerdings wieder gehäuft bei mir einflattern. Aber darum geht es heute gar nicht. Es geht um Herzensangelegenheiten.

Es ist eine aufbruchschwangere Zeit, in der ich mich befinde. Und zum ersten Mal in meinem Leben begrüße ich diesen Umstand nicht. Ich befinde mich in der Bewahrungshaltung, einer brütenden. Ich sitze auf vertrockneten Eierschalen, während das Küken längst flatternd und aufgeregt nach Würmern pickert. Oder Asseln (Das Küken hier interessiert sich nämlich nach der Dinosaurierphase wieder vermehrt für Insekten und Reptilien.).

Die Vorschule im Kindergarten ist abgeschlossen, die Vorschullehrerin hat all ihren Eleven in der vergangenen Woche ein kleines Abschiedgeschenk und einen wundervollen Brief überreicht, den ich nicht zu Ende lesen konnte, weil die liebevollen, mit Stolz erfüllten Worte vor meinen Augen verschwammen. Wenn das Facebook mir als „Erinnerung des Tages“ ein Foto von 2015 anbietet, bei dem das holde Blondchen ein pausbäckiges Oberschätzchen neben seiner fünf Jahre jüngeren Mama, die er damals noch „Mama“, nannte und nicht: „Mutter“, dann ist das auch ein triftiger Grund, in Tränen auszubrechen. Wenn der Bezugserzieher die Kita verlässt, dann stehe ich mit dämlichen Blumen in der Türe, zucke mit den Schultern und: Genau, heule schon wieder. Die beste Kitatante von allen, die linke Herzhälfte der ganzen Kita, die hatte schon vergangenen Freitag ihren letzen Arbeitstag und schrieb dann so: „Wir haben uns leider verpasst!“. Irrtum, ich konnte mich nicht verabschieden und ich wollte auch nicht. Ich verweigere mich dieser allgemeinen Abschiedsstimmung. Ich habe nicht teilgenommen, also ist es nicht geschehen. Hier verabschiedet sich niemand von irgendwem für immer!

es gibt keinen passenden Blumengruß für einen Abschied…

Zwei Wochen ist die Kita nun geschlossen und danach wird sie noch genau zwei Wochen ihre Türen für uns öffnen. Nun noch zehn mal nach unserem Urlaub.

… aber bitte nicht für immer!

Ich dachte, das würde einfacher. Ich dachte, aufgrund des Frühjahres und diverser Probleme, Wechsel im Voraus, würde es einfacher werden. Tut es nicht. Weil ich ja nicht einfacher werde. Je älter ich werde (und ich werde wirklich immer älter, ist das zu fassen), werden Abschiede für mich unerträglicher. Ich möchte mich nicht mehr trennen. Mich nicht trennen müssen, nicht getrennt werden oder sein. Nein! Wenn es schön ist, soll es so bleiben, verdammt noch mal, das ist doch nicht zu viel verlangt.

Und mit einem Kleinkind kommt tatsächlich ständig etwas Neues, aber man verliert auch andauernd etwas. Die Stillphase, geliebt, gehasst, sehnsüchtig erinnernd bedacht. Wickeln, Küsschen auf den Bauchnabel beim Waschen, vorbei. Tragen, Rückenschmerzen, Sehnsucht nach den Kinderärmchen um den eigenen Hals beim Hinauftragen ins Bett. Schmierige Küsse beim Füttern, eng umschlungenes Einschlafen, Kindergartengarderobe, Wasserschneckengruppe, Seesterngruppe, vorbei. Ein Wimpernschlag nur gemessen an einer Lebensdauer. Ein verschwindend kurzer Moment vor langem Vermissen und weißt-du-noch. Die intensivsten kürzesten Jahre mit den längsten Tagen.

Ich wusste das. Ich wurde die Mutter dieses Kleinen, nachdem ich schon verdutzt fragend mein großes Kind angesehen hatte und nicht mehr wusste, in welcher Zeitfresserraffermaschine dessen Kindheit verschwunden war. Anders wollte ich es nun machen. Jeden Tag bewusst erleben! Und dennoch ist jeder Abend ein kleiner Abschied. Dieser Tag kommt nie wieder und mit jedem Tag wird das Kind größer, wächst von mir weg und über mich hinaus.

Jeder Tag ein Abschied. Die Zeit ist nicht meine Freundin. Sie malt hässliche Linien in mein Gesicht und nimmt mir meine Kinder. Wann wird der Kleine das letzte Mal meine Hand halten wollen?! Wann höre ich das letzte Mal: „Mami, dich lieb ich am meisten. Sogar, wenn du nackig bist!“? Jetzt schon ist er in Salome verliebt und nicht mehr lange, dann wird er mir das nicht mal mehr erzählen wollen.

So ist das jetzt. Der Kindergartenabschied steht an und eventuell dramatisiere ich ein wenig. Ich möchte mich dort nicht verabschieden, noch nicht, nie. Ich will jeden Morgen diesen Kindergartengeruch inhalieren und jeden Nachmittag mit Küsschen begrüßt werden. Noch zwanzig Jahre wenigstens. Ich feilsche vergeblich. Mir ist die Endlichkeit eines jeden Momentes mit den Kindern so dramatisch präsent. Den Großen erreiche ich wieder, aber gänzlich anders und er zeigt sich auch wieder empfänglich für meine mütterlichen Zuwendungen, aber es ist eine erwachsene Reaktion. So, wie erwachsene Kinder ihre Mütter anschauen, wenn diese ihnen den Reißverschluss der Jacke hochziehen mit den Worten: „Junge, du wirst dich noch erkälten!“, so schaut er mich an. Noch zweimal Zwinkern und dann rollt der kleine auch mit den Augen, wenn ich ihn an mich drücken will, ich ahne es. Tick tack.

In dieser herzwunden Zeit ist das Beste, nicht zu sehen, was man verliert, sondern zu bewundern, was man hat. Sich mit herzlichen Menschen und liebevollen Dingen zu umgeben, noch mehr bewusst in Dankbarkeit jeden Tag zu leben. Nicht zu bedauern, dass die Freundin, von der man dachte, man würde bis ins hohe Rentenalter zusammen Flohmärkte unsicher machen, sich nicht mehr meldet, weil man eben keinen Platz im neuen Lebensabschnitt hat, oder Familienangehörige sich nicht so verhalten, dass sie den Namen verdienen, das sind alles Begebenheiten, mit denen sich möglicherweise jeder und jede irgendwann auseinandersetzen muss. In unterschiedlichen Zeiten mit unterschiedlicher Grundkonsistenz des eigenen Befindens rufen diese Abschiede von Gewünschtem oder Gewohntem ein unterschiedliches Echo im Brustkorb hervor.

Und dann gibt es Momente und Begegnungen, die sind so voller unvorhersehbarem Glück. Alte Freunde, neue Freunde, für die ich so dankbar bin. Und dann ist da alles schön und warm im Brustkorb und wenn das Veränderung heißt und dazwischen immer wieder der Bestand alter Freundschaften voller Verständnis und Liebe aufflackert und neue Menschen neue Lebensabschnitte begleiten, dann bin ich mit der Veränderung und dem Wandel versöhnt.

Gestern hatte ich einen fantastischen Nachmittag bei Maria, die ich schon eine Weile kenne und mit der die Gespräche über Gott und die Welt und die Kinder darauf jeden Zeitrahmen zu sprengen scheinen und bei jedem Abschied drücken wir uns fester, als Versprechen, dass es: „Auf Wiedersehen!“, heißt. Maria bewohnt mit ihrer Großfamilie eine wunderbunte Wohnung voller Liebe, Leben, Türen, Gängen, Nischen, Kunst und Kerzen. Ich finde kaum den Ausgang ohne Hilfe, aber hinter jeder Ecke einen neuen Schatz für meinen buntverliebten Augen.

Ich war gestern da, um den Geburtstagsteller für mein Neffchen abzuholen und komme ganz bestimmt wieder aus vielen anderen Gründen.

Und Marias Töpferkunst finde ich genauso faszinierend wie sie selbst als Person. Das Kindergeschirr ist so zauberhaft, dass ich im vergangenen Jahr dem Neffen bereits eine Schale geschenkt habe und nach dem Teller zum zweiten Geburtstag wird sicher die Tasse zum dritten Geburtstag noch folgen. Es ist mir einen Herzensangelegenheit, euch Marias Seite Drehworm zu empfehlen, wenn ihr auf der Suche nach einem besonderen Geschenk seid.

Eine Herzensangelegenheit ist es auch, euch zwei Bücher vorzustellen von zwei Bloggerinnen, die mir sehr viel bedeuten. Dass Blogger Bücher schreiben, ist nichts Neues und dennoch sind das hier Prämieren.

Das Ei von Aua

Rike Drust schrieb schon Bücher, als ich noch nicht mal bloggte. Rike ist berühmt, gefeiert und zu Recht ausgezeichnet als Texterin und „mein Bett im Hamburg“. Der feinste Kumpel, der mitfühlendste Mensch, den du dir vorstellen kannst, irre lustig, wunderbar einzigartig und ich bete sie an. Rike hat mir beigestanden, als es mir schlecht ging mit Wort und Tat und Herz. Das ist unvergessen bis in alle Ewigkeit und noch weiter. Und als ob es nicht schon reiche, ist außerdem alles, was ihren kreativen Händen entspringt, auch noch so unfassbar am supersten (diesen Begriff hat sie geprägt). Ob das Bücher sind, Kolumnen, Häkelbuttons, Häkelbilder mit Flüchen und Schimpfworten, gestrickte Sommerkleider, die wild verziertesten Muffins und verrücktesten Kinderkostüme der Welt, ach, die Liste ist unendlich erweiterbar! Und dann schreibt sie seit ein paar Jahren als Kinstabuch über Kinderbücher. Unzählige unbezahlte Minirezensionen zu selbstgekauften Büchern für Kinder, und zwar, weil sie das am meisten liebt: Kinder und Bücher. Und Kinderbücher.

Und jetzt hat sie es gemacht. Ihr erstes Kinderbuch ist da! Endlich. Das wurde wirklich Zeit! Und die liebe Geschichte ist so „Rike“, dass ich sofort glaube, dass die Entstehungsgeschichte wirklich so war, dass sie sich diese Story spontan ausgedacht hat, als sie mit ihrer Tochter Ruby im Wald festhockte in einer blöden Situation, wo es nur eins gibt, was die Kinderstimmung irgendwie rettet: Eine fabelfantastische Geschichte! Und bitte, hier ist sie. Wunderschön illustriert von Mareike Engelke, die ich nicht kenne, aber deren Zeichnungen ich wirklich gut leiden kann (und Axel Scheffler hätte bestimmt auch sehr gern „Das Ei von Aua“, illustriert, hatte vermutlich nur keine Zeit).

Das „Ei von Aua“ ist im Kunstanstifterverlag erschienen und geeignet für Kinder zwischen fünf und einhundert Jahren. Und ihr müsst jeder mindestens ein Exemplar kaufen. Für euch. Und dann noch eines für alle Menschen, die ihr gut leiden könnt.

Mama allein in New York

Über Rena und ihren Sehnsuchtsblog bin ich eher zufällig gestoßen und hier habe ich auch schon mal davon berichtet. Mittlerweile sind Rena und ihre Familie in Berlin gelandet und glücklicherweise für uns alle ist es ihr spielend gelungen, Abenteuer und Skrurriles in der neuen Heimat ebenso spannend und mit mit einem ganz besonderen detailverliebten Spürsinn zu beschreiben. Über ihrer Zeit in New York hat sie ein Buch geschrieben, das ich ich einem Rutsch verschlungen habe, und das ein absolutes „must have“ für alle Menschen wie mich ist, die nicht genug bekommen von der Stadt, die niemals schläft.

Nun ist es ja so, dass Rena die drei Jahre ihres Daseins auf Roosevelt Island in Kolumnen dokumentiert hat. Warum also dieses Buch kaufen? Dieses zauberhafte Buch ist kein abgedruckter Blog. Mir kamen zwar ein paar Geschichten bekannt vor, aber ganz viele Situationen sind dort beschrieben, die es so in dieser Form nicht auf dem Blog gibt! Und vor allem hat Rena es geschafft, ihre Erinnerungen in einen Reiseführer, einen Traumspaziergang zwischen Seiten zu packen, der ans Herz geht und Bilder entstehen lässt vorm Auge des lesenden Menschens.

Zu Beginn steigen wir von der Fähre, wir kommen an auf der Insel. Sie beschreibt mit zartem und scharfem Auge das Setting, erzählt uns, was wir sehen, welchen schrulligen Protagonisten wir begegnen bei unseren ersten Schritten und führt uns so in eine Umgebung, in der sie drei Jahre gelebt hat und aus der sie 104 Geschichten mit uns teilt, die informativ, herzanrührend, zum Haareraufen und lustig sind. Dieses Büchlein ist für alle, die weder von „Sex and the City“, „Manhattan Love Story“, „und anderen Filmen aus dem Big Apple genug bekommen, noch von Frank Sinatras „New York, New York“, für alle, die das Rezeptbuch von „Olive Garden“ und der „Magnolia Bakery“ daheim haben (die „New York Christmas-Kochbücher“ sowieso) und alle, die wie ich verzaubert sind von den Bildern und Geschichten rund um dieses einzigartige Stadt.

Rena und ihr Buch „Mama allein in New York“ schließen da eine ganz besondere Lücke. Renas Buch zeigt, wie lebt es sich als Mutter, als Auswanderin, als ganz normaler Mensch mit Familie hier in dieser großen Stadt, dieser besonderen Stadt. Und das ist spannend! Das ist schreiend komisch und zum Teil wirklich unbeschreiblich zauberhaft. Nicht zu empfehlen für Menschen, die vorhatten, die nächsten Jahre unbedingt zu Hause zu bleiben, denn: Fernweh garantiert!

„Mama allein in New York“ ist bei Books on Demand entstanden und online erhältlich, zum Beispiel hier.

Wer noch mehr New York braucht fürs Leben, dem sei abschließend noch „Stadtnomaden“ empfohlen. Mehr New York inside geht nicht!

So, das waren die Herzensangelegenheiten für heute. Ich möchte abschließend erklären, dass die Kaufempfehlungen, die ich hier ausgesprochen habe, keiner „Kooperation“ entspringen und ich weder gebeten noch bezahlt wurde, hier etwas Nettes dazu zu schreiben. Die Menschen hinter den Produkten liegen mir am Herzen und ich mag jedes Buch und jedes Ding, das ich euch zeige so sehr, dass ich will, dass ihr es auch schön findet! „Werbung“ ist es dennoch im eigentlichen Wortsinn- deshalb schreibe ich diese Wort hierhin. Denn wir sitzen ja nicht zusammen in meiner Küche und quatschen, sondern hier im Internet, und da kann eben doch keiner machen, was er oder sie will. Ich vergesse das zum Glück oft und tu so, als säßen wir zusammen auf dem Sofa, jede ein Kissen zwischen den angezogenen Knien und einen Becher heißen Tee in der Hand… schönes Bild.

Ich packe jetzt die Koffer für die Ferien. Wer sich fragt, wie es nun bei dem Bubi weitergeht, dem sei gesagt, der Beitrag dazu heißt „Saul Goodman“, und ist bereits in Rohfassung erstellt. Ich muss noch warten, wie es nun weitergeht, bevor ich euch das schreibe. Aber wer weiß, wer Saul Goodman ist, dem ist auch schnell klar, welchen Weg wir eingeschlagen haben!

Bis zum Wiederlesen schöne Sommerferien und bleibt gesund und fröhlich! ❤