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Eines Tages ging es los und es ist nicht mehr zu stoppen. Jeden Morgen das gleiche Spektakel: Kaum hebt man den Blondino aus dem Bettchen, stapft er zu seiner Kindergarderobe, fetzt Jacke, Gummihose und was er sonst noch in die Finger bekommt vom Haken und schreit „Krangg!“ (Für Leute, die sich das akustisch vorstellen wollen: Er klingt wie die Chipmunks.).

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Also „Krangg!“. Oft auch gefolgt von dem Befehl: „Dadda!“, mit entgegengetrecktem Anziehzeug. Sicher habt ihr alle sofort geschnallt, was gemeint ist (Natürlich!). Kran, Bagger. Nein, nicht Puppenwagen und Bilderbücher. Auch nicht Stifte und Bildungsspielzeuge wie Puzzles oder Steckspiele. Nichts dergleichen fixt ihn so an wie Baustellen. Kranggs! Große Kranggs!

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(Vielleicht noch ein Badengg. Badenggs, also Müllautos, sind auch cool. Nicht so cool wie Kranggs, aber auch cool. Der beste große Bruder von allen hat neulich während Blondinos Mittagschlafs von seinem Zimmer aus Ankunft, „Action“ und  Abfahrt eines Müllautos gefilmt und wird jetzt ob dieses Filmchens noch mehr als sonst abgöttisch geliebt von seinem Zwergenbruder. Falls das möglich ist.)

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Badengg. Mit Zukunftsprognose.

Ihr müsst wissen, der Blondino hat einen Job (glaubt er): Er ist Baustelleninspekteur. Das nimmt er sehr ernst. Morgens um sechs will er los. Montags bis Sonntags. Auch an Feiertagen. Und ich muss immer mit. Sogar auf nüchternen Magen. Oftmals frühstückt er dann total busy im Baustelleninspektionsfahrzeug eben das, was ihm seine Assistentin so zureicht, vollkommen in seine Aufgabe vertieft. Es ist egal, ob es regnet, stürmt oder stockduster ist (weil vier Uhr morgens), der Job macht sich schließlich nicht von allein!

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Und so metern wir jeden Morgen durch die (Gott sei Dank!) baustellenreiche Stadt und nichts verzückt ihn so sehr wie der Anblick einer rotweiß gestreiften Barke… „Krangg! Dadda! Krangg!“, quietscht es aus dem Inspektionsfahrzeug.

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Wir sind auch schon bekannt bei den einschlägigen Baustellen in der Umgebung und werden begrüßt mit: „Na, guten Morgen!“, „Euch auch! Ja, wir sind´s schon wieder…“.

Neulich sahen wir zu, wie in der direkten Nachbarschaft Baustellenbarken am Straßenrand errichtet wurden und selbstverständlich haben wir alles begutachtet. Und erfahren, dass ein gehöriger Straßenabschnitt gesperrt werden soll aufgrund von Grundwasserblablabodenblablatiefbauirgendwas.

(Exkurs: Ihr müsst wissen, jeder gesperrte Parkplatzmeter in Pieschen ist eine Katastrophe! Wenn man abends aus der Innenstadt heimkommt, kann man das Gefährt eigentlich gleich dort stehen lassen und die fünf Kilometer heim laufen. Besser wird’s sowieso nicht mehr…)

Erwartungsgemäßes Verhalten wäre also gewesen, sich aufzuregen, zu fragen, wie breit das Stück gesperrte Straße sein wird (und in Gedanken in Autolängen umzurechnen), wie lange die faule Bagage gedenkt, die parkplatzarmen gequälten Pieschner zu malträtieren mit ihrem sinnlosen Grundwasserblablabodenblablatiefbauirgendwas, dass das sowieso eine Verschwendung von Steuergeldern sei und ob sie sich denn nicht schämen würden und siehst du, Kind, wenn du später in der Schule nicht aufpasst, musst du auch irgendwann im Dreckloch sitzen und Grundwasserblablabodenblablatiefbauirgendwas machen!

Stattdessen höre ich meinen Mund sagen: „Oh! Das ist ja super! Stimmts, Babylein? Dann können wir ja jeden Tag hier herkommen und zuschauen. Wir freuen uns, stimmts, Babylein? Bis morgen also. Tschüssi!“. (Hä?! Was?!)

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Und beim letzten Zoobesuch langweilte sich das Kind schon beim dritten Tier und hing lustlos in der Plagenkarre bis… ja, bis wir endlich (!) den Versorgungshof erreichten und es ein paar Fahrzeuge anzuschauen gab. Dann konnte ich aber getrost auf dem Pflaster Platz nehmen und das Picknick rausholen. Das würde hier dauern, das wusste ich. Der Zoobesuch war dann auch ein voller Erfolg. Schließlich haben wir zwei Daddas gesehen.

Der Dresdner Zoo, immer einen Besuch wert.

Der Dresdner Zoo, immer einen Besuch wert.

Apropos sehen. Was seht ihr hier? Ich kann euch erzählen, was der Blondino gesehen hat, als wir vor diesem Pieschner Fenster standen: „Bost! Bost!“. Nichts toppt ein großes Auto…

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Leute, neulich sah ich meine große Chance kommen! Eines Morgens, ich zog mir einen Wegekaffee aus der hauseigenen Maschine und wollte mich marschfertig für die tägliche Baustelleninspektion machen, da erblicke ich aus dem Küchenfenster DAS!

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„Ein Krangg in unserem Hinterhof! Ein Krangg! Baby, komm her! Ein Krangg! Guck dort, ein Krangg!“. Meine Stimme kippte, ich hatte Herzrasen und in Gedanken sah ich mich Eintrittskarten für unsere Küche drucken und mit Flüsterstimme bei der Krabbelgruppe die anderen Jungsmuttis anfixen: „Ey du! Ich hab hier ganz heißes Zeug! Bei mir im Hinterhof. Pssst. Geheim! Ein Krangg und vielleicht auch bald noch ein, zwei Daddas. Ganz exklusiv. Willste? Hier, Eintrittskarten. Zwee fufftsch das Stück!“.

Am Nachmittag war er wieder weg. Leider.