Leben und Lassen – im März 2023

Anfang März habe ich Quartier bezogen im Dresdner Josephstift. Vorher aber noch gab es einen Riesenalarm wegen der verdickten Halsschlagader, man wolle mich nicht operieren! Alarm! Rotes Ausrufezeichen an der Krankenakte. Gehen sie wieder! Klären sie das!

Ich ging und ließ klären. Nun ja, es sind Ablagerungen da, aber nein, man müsse da jetzt nicht sofort reagieren, man will beobachten. Stent? Nein. Medikamente? Nein. Also operieren? Ja.

Und so kam es. Ich will gar nicht weiter darüber schreiben. Schön ist anders.

Ich habe nach einer Woche dann das Bett gewechselt, und die Aussicht.

Und die Verpflegung!

Da ich außer Liegen nichts machen konnte, musste ich leider acht Staffeln „Castle“ gucken, das war unumgänglich. Außerdem habe ich mir einen mürrischen Geschmack angewöhnt. Ich war wie ein kleiner Marcel Reich Ranicky, dem man den Spruch nachsagt: „Ich kann nicht anders – ich muss nörgeln!“.

Mehrere hochgelobte Bücher habe ich knurrend und ungeduldig weglegen müssen und fühlte mich nicht nur nicht gut unterhalten, sondern regelrecht betrogen! Um Lesegenuss, mein Büchergeld und meine mir durch die knorrigen Hände rinnende Lebenszeit.

Auf der outtakes-Liste stehen hiermit neben John Burnsides: „So etwas wie Glück“, Simone Buchholz´: „Unsterblich sind nur die anderen“, Katja Lewinas: „Ex“.

Nicht nur Bücher wurden von mir Berufsliegerin gnadenlos verrissen, auch gegenüber Netflix und Co war ich der kleine Marcel. Ich fand so vieles so scheußlich, dass ich es mir unmöglich merken wollte (dass ich acht Staffeln „Castle“ am Stück weggeratzt habe, sagt dabei viel mehr über meine Konstitution aus). Die aktuelle Staffel: „working moms“, fand ich beliebig, und die lang ersehnte Serie: „Wellmania“, mit Celeste Barber, entsetzlich, jeder Anflug von Humor wurde in Vulgarität erstickt. Ich hab die erste Staffel nicht zu Ende geschaut.

Erlöst aus dieser Kulturverdrossenheit in Co-Einheit mit permanenter Bettlägerigkeit hat mich Isabell Bogdan mit ihrem Pfau. Ein wirklich wunderschönes Buch, mit schöner Sprache und bildgewaltig geschrieben. Herzlichen Dank dafür! Auch Nadine Lashuk mit: „Liebesgrüße aus Minsk“, fand ich unterhaltsam geschrieben.

Sebastian Fitzeks: „Elternabend“, liegt noch unangetastet auf dem Stapel, weil ich mich vor mir selbst fürchte. Aktuell, und auch ansonsten. Jetzt muss man wissen, Fitzeks Thriller nicht zu mögen, ist mir stets sehr leicht gefallen! Das ist schlicht weg Geschmacksache. Dann aber lernte ich ihn als Speaker kennen auf einer Blofamilia, und war innerhalb weniger Minuten schockverliebt! Unfassbar charismatisch, eloquent, witzig und klug, alles in einer einzigen Person! Wie kann ich da seine Bücher nicht mögen?! „Fische, die auf Bäume klettern“, war dann auch für mich wie Sebastian Fitzek beim Sprechen zuzuhören – ich hing gebannt an seinen Wörtern. Nun hat er mit: „Elternabend“ ein Buch herausgebracht, dass kein Krimi/Thriller ist, aber dennoch ein Roman und ich habe nur mal kurz aufgeschlagen und einen Absatz gelesen und habe das Buch jetzt erst mal zugedeckt. Ich lese es noch und ich will es mögen. Wie kann man Fitzeks Bücher nicht mögen, wie können sich Millionen lesende Konsumenten irren? Was stimmt nicht mit mir?!

Wo man allerdings auf gar keinen Fall etwas beim Bücherkauf falsch machen kann, ist Jan Weiler. Ein „Weiler“ enttäuscht nicht, ein „Weiler“ liefert ab! Das ist so klar wie die Tränenflüssigkeit, die mir beim Versuch, mit meinem maladen Körper länger als fünf Minuten auf einem Stuhl zu sitzen, aus den trüben Augen tropft.

Jetzt könnte manchereins behaupten, zwanzig Ocken für ein dünnes Büchlein, das sei doch unerhört! Nun, nein. Ich persönlich zahle lieber zwanzig Piepen für kurzen, aber garantierten Lesegenuss, als mehrmals zehn Euro für Paperbacks, die ich dann nicht mal in die zu-verschenken-Kiste vors Haus legen möchte, denn: Was sollen die Leute denken!

Also, „Älternzeit“, besingt das schöne Leben, das uns hoffentlich alle ereilt, wenn die Kinder flügge werden und es ist noch Restlebenszeit übrig. Das von Herrn Weiler zu lesen, macht nicht nur Spaß, sondern auch Mut. Wenn man Jan Weilers Romanfamilie aus vorherigen Büchern kennt, ist das sicher noch ein bisschen lustiger zu lesen, aber zwingend notwendig ist es nicht.

Das Thema „kommt“ und wenn es nicht der Weiler geschrieben hätte, hätte es eigentlich nur der „Hanne“ schreiben können, aber wer weiß, vielleicht hat unser aller Christian vom Familienbetrieb schon ein Büchlein mit ähnlichen Thema auf dem Tisch?! Ich würde mich darüber jedenfalls sehr freuen.

Ebenfalls gefreut habe ich mich, als ich Ende des Monats die Liegestatt für kurze Augenblicke und in nahezu aufrechter Haltung verlassen konnte. Auch meine Familie freut das. Und alle Menschen, die zwischen Buchrücken auf meinen Fensterbrettern liegen. 🙂

Lieblingsessen im März: Jennifer Anistons Lieblingssalat! Das behauptet zumindest das Internet. Es geht die Saga, dass Jen angeblich jeden Tag der Dreharbeiten zu „Friends“ eine Schüssel dieses Salates vertilgt hätte und dass auch ihre Schauspielkolleg:innen den gegessen hätten. Ich vermute, sie wollten ebenso das zarte Zwiebel-Odeur verströmen. Ob alle so furchtbar haben pupsen müssen wie ich, ist nicht überliefert (und Lisa Kudrow hat auf meine Anfrage bei Instagram nicht geantwortet), aber ich habe eine diffuse Idee, wie es am Set der Dreharbeiten gerochen haben muss. Und zwar danach:

1 Tasse Bulgur oder Quinoa nach Anleitung kochen und abgießen. Danach in einer Salatschüssel vermengen mit

1 Dose Kichererbsen, abgegossen (Abgießwasser zu veganer Mousse au Chocolat verarbeiten, wem das schmeckt)

1 Fetablock, klein gewürfelt

6 Babygurken oder 4 Bauerngurken, gewürfelt

2 Schalotten, kurz mit einem Schluck kochendem Wasser übergossen

1 große Handvoll Petersilie

1 Handvoll Minze (ohne mich)

Salz, Pfeffer, Olivenöl

Durchziehen lassen, schmecken lassen, wirken lassen…