Leben und Lassen – im Februar 2023

Das ist mein neuntausendsechshundertsechster Blogpost. Das wollte jetzt niemand so genau wissen, aber ich erzähle euch das trotzdem.

Ich sitze heute an einem herrlich sonnigen Frühlingstag unter blauem Himmel, es zwitschert, trillert, balzt und pfeift um mich herum, der Ahorn schmeißt seine Kinder in schieren Mengen herab, dass ich Eimer füllen könnte mit diesen klebrigen Samenhülsen, die wir uns früher als Kinder immer auf die Nasen geklebt haben.

Jedenfalls, es ist nicht ganz so leicht, gedanklich zurückzukehren zu Nass/Kalt/Grau, zumal – wie ihr alle wisst – dieser Winter gefühlt sechs Monate lang war und noch im April niemand recht glauben konnte, dass das jeeeemals aufhören würde. Tat es, tut es, es geht immer weiter. Immer!

Februar.

Im Februar waren Winterferien und ich hatte einen Urlaub für das Kleinchen und mich alleine gebucht. Ich wollte ihn ganz für mich, wollte Erlebnisse haben, die nur wir zwei würden haben werden, wollte etwas Exklusives.

Wir sind nach Sankt Peter Ording gefahren, das hatte ich euch ja im Januar schon angekündigt. Und: Es war toll! Alles war toll (das Wort „toll“ wird noch oft vorkommen, sehr toll oft). Ich hatte im Vorfeld unfassbar großen Bammel vor der Fahrt, ich bin noch nie alleine derart weit gefahren, Autobahnen machen mir Schiss, die blöde Verdickung an der Halsschlagader machte mir extra Schiss, ich hab’s gemacht, und es war toll (Seht ihr?)!

Wir hatten ein winziges Häusschen, das früher mal ein Schuppen gewesen sein musste, aber zauberhaft renoviert war und alles beherbergte, was anderthalb Urlauber so brauchen könnten.

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Der Ort war verlassen bis auf die paar Einheimischen und Kurgäste. Im Februar ist sprichwörtlich tote Hose dort. Auf unserer Straße war in genau einem Häuschen Licht – unserem. Das war abends etwas gruselig, wenn wir spät nach Hause kamen, zumal der Nebel in Schwaden um die dunklen Häuser waberte.

Tagsüber war es einfach nur zauberhaft, oder um es mit den Worten des Blondinos zu sagen: „Hachgottchen!“. Und das lag zu einem großen Teil daran, dass wir das Örtchen für uns alleine hatten!

hübsch aber geschlossen, wie fast jede Lokalität
wenn du der einzige Mensch auf der Straße bist, kann selbst der schmalste Weg kurzerhand zum Sportplatz erkoren werden
Jede Menge Liebe

Ich hatte meine Freundin Silke Vorort, die zur gleichen Zeit Urlaub machte und die, da sie das schon seit fünfzig Jahren tut, als quasi Einheimische durchgeht. Das war super! Silke hat mir im Vorfeld unschätzbar wertvolle Ausflugtipps gegeben, und hat uns mit Duftkerze, Schietwettertee und Keksen begrüßt an unserem Häuschen.

Das war überhaupt das Allergrößte: Ich hätte angenommen, dass ich mich einsam fühlen würde, an einem weit entfernten Ort, außerhalb der Saison, nur mit dem Früchtchen. Aber es kam ganz anders. Meine Freundinnen, mein Mann, mein Großsohn, meine Mutter, meine Schwester, alle riefen mich regelmäßig an. Es gab Morgen, da sind wir kaum losgekommen zu einem geplanten Ausflug, weil ich stundenlang am Telefon hing! Davor kamen die zig whatsApp-Nachrichten, die ich täglich beantworten musste, und die alle stets die eine Frage hatten: „Und, wie geht’s euch heute?“.

Jetzt mag der Eine oder die Andere denken, so what, wat willse denn sagen damit?! Damit willse sagen, dass nichts davon irgendwie normal wäre! Weil, jeder Mensch, der mich ein bisschen besser kennt, weiß, ich hasssse telefonieren! Ja, vier S sind durchaus angebracht. Ich würde lieber Zettel an Tauben binden, SOS-e morsen oder sonstwas tun, ehe ich auf die Idee komme, jemanden anzurufen. Also privat. Dienstlich sieht das ganz anders aus. Aber privat? Nee. Und Menschen, die klingeln und dann am Telefon sagen: „Na du? Ich dachte, ich klingele mal durch. Es ist nichts, ich wollte nur mal deine Stimme hören und bisschen quatschen!“, zu denen würde ich sagen: „Was stimmt nicht mit dir? Hast du Fieber?! Ich telefoniere nicht! Schreib gefälligst WhatsApp wie normale Menschen! Oder schick mir ne Sprachnachricht, die kann ich mir anhören, wann ich das will. Danke. Gespräch vorbei!“.

fernmündliche Kommunikation á la Nieselpriem; Beispielkonversation

Sprachnachrichten retten mich ja seit Jahren vor der unliebsamen Telefoniererei. Mit meiner Freundin Fika habe ich das derart kultiviert, dass man sagen könnte, wir podcasten. Wir schicken uns gegenseitig Abrisse der jeweiligen Woche und teilen uns unsere Gedanken mit, also so, wie andere die Beste anrufen einmal pro Woche, so podcasten wir hin und her. Eigentlich ausschließlich. Außer wir treffen uns, das machen wir vorher natürlich auch per Podcast aus.

Gut, vielleicht bin ich seltsam, aber das ist ja nichts Neues. Jedenfalls war während des Urlaubs alles anders! Meine Leute haben komplett ignoriert, was sonst gilt und haben mich täglich angerufen, mich anvideotelefoniert, mich zugesimst. Ich war von so viel Liebe, Freundschaft und Gedanken der anderen umgeben, dass ich mich nicht nur niemals einsam, sondern im Gegenteil auch zu keiner Zeit allein gefühlt habe! Das war toll. Ich bin so dankbar für all die Liebe in meinem Leben und vor allem meine Freundinnen. <3Ihr seid allesamt ein Segen. Gut, mein Mann auch, aber der muss nett sein, der ist mit mir verheiratet.

Der Urlaub war so toll, dass das Kind mir das Versprechen abgenommen, hat, dass wir im nächste Februar wieder da sein werden. In Sankt Peter. Darüber freue ich mich jetzt schon.

Gut war beim Urlaub allein mit Kind für mich rückblickend, dass ich mir einen Plan gemacht habe und viel recherchiert. Normalerweise bin ich eine Person, die irgendwo ist und dann guckt, was da so los ist und wenn nichts weiter los ist, auch schön, dann kann man da ja sitzen und Käffchen trinken und Wetter angucken und Leute… mit Kind wäre das nicht gegangen. Da war es gut, dass ich mit Hilfe von Silke und dem Internet schon mal einen groben Wochenplan hatte.

Wir haben die Tage aufgeteilt und immer erst Dinge gemacht, die ich wollte (öde rumlatschen) und coole Dinge (Parks, Museen, Bad) im Anschluss als Motivation und damit ging das klar für uns! Blöderweise war die Dünentherme kurzerhand geschlossen worden, sodass meine „abends-gehen-wir-immer-baden- und- saunieren“-Planung kurzerhand vom Tisch war. Leider, aber dadurch bleibt noch etwas, auf dass ich mich für nächstes Jahr freuen kann.

Am ersten und auch am letzten Tag waren wir im Westküstenpark, der so toll ist, dass ich gar nicht viele Fotos gemacht habe, da ich mit Staunen und Freuen beschäftigt war. Die Seehunde hatten es uns angetan, sodass wir für den letzten Tag noch eine „Tierbegegnung“ gebucht haben, bei der wir hautnah am Becken stehen konnten, füttern und zuschauen und zuhören, was die Tierpflegerin uns erzählte und die Seehunde vorführten (sie spielen gern Ball wie Hunde, sind aber eher mit den Bären verwandt; sie haben Küsschen gegeben, für Futter machen die alles, das erinnert mich jetzt doch wieder an unsere Graue hier zu Hause…)

Wir sind nach Husum ins Bad gefahren, weil ohne Baden kein Urlaub stattgefunden hat, so will es das Familiengesetz.

… und wer Schwimmbad sagt, muss auch Mc Donalds sagen!

Wir waren natürlich bei Gosch an der Seebrücke essen.

Gosch-Version für das Kind, das nur Pommes mit Ketchup isst: Pommes mit Ketchup und Shrimps
… und sind abends durch die leeren Straßen gebummelt. Wenn mal kein Nebel da war, denn dann hat man wahrlich gar nichts gesehen außer den kleinen Lämpchen im Boden!

Wir haben dem Spielplatz Ponderosa einen Besuch abgestattet und selbst mein großes Kind (viiiel zu erwachsen für Spielplätze) hat direkt angefangen, rumzuklettern und zu spielen. Nicht ganz leicht zu finden gewesen, aber hübsch war es dort. Wir hatten heißen Tee und Knabberli dabei, der Spielplatz liegt mitten im Wald, da kann man gut einen halben Tag mit Klettern und Waldspaziergang rumbringen.

Wir sind oft einfach nur gelaufen. Sankt Peter Ording besteht aus drei Stadtteilen: Sankt Peter Dorf, Sankt Peter Böhl, Sankt Peter Bad und Ording und jeder Stadtteil hat seinen eigenen Strandabschnitt und wie ich finde, sein ganz eigenes Watt! Es sieht nirgends gleich aus und auch und die Gezeiten „malen“ die Landschaft jeden Tag neu. Ich fand es absolut faszinierend.

„Wetter“ als lebensbeeinflussendes Element wahrzunehmen, war auch beeindruckend für mich. Mit den Gezeiten änderte sich das Wetter, kam Nebel auf, Regen, Wind, Sturm, und verzog sich. Damit waren wir in all unseren Planungen für Unternehmungen draußen in der Natur sehr abhängig von den Gezeiten und dem Wetter. Ich fühlte mich durch diese Abhängigkeit in Kombination mit der Ruhe, die uns umgab, sehr geerdet und mit der Natur verbunden.

Die Strandpromenade ist herrlich und entgegen der Bebauung in anderen Küstenorten nicht mit Boutiquen gepflastert, sondern mit EU-Geldern zu einer Sport- und Flaniermeile ausgebaut.

Am allertollsten fand das Kind allerdings den Ausflug zum Multimar Wattforum in Tönning. Wir waren morgens um zehn Uhr die Ersten und hatten das absolut atemberaubende Museum eine ganze Stunde für uns alleine! Im Außenbereich gibt es noch einen schönen Spielplatz mit Turmrutsche und Sitzgelegenheiten, aber das konnten wir aufgrund von beißender Kälte und argem Wind nicht ausprobieren.

Isst keinen Fisch, guckt aber gern Fische an: Frau Nieselpriem

Für das nächste Jahr habe ich mir nicht nur vorgenommen, unbedingt in der Dünentherme zu rutschen und zu saunieren, sondern werde auf dem Hinweg in Friedrichskoog anhalten und mit dem Kind die Robbenauffangstation besuchen. Das wäre für einen Tagesausflug von SPO aus zu weit gewesen. Ansonsten machen wir auch kommendes Jahr exakt dieselben Ausflüge, so schön war das!

Wieder zu Hause haben das Kind und ich unseren Urlaub ausklingen lassen an einem unserer Lieblingsorte in Dresden, mit dem Lieblingshund.

graues Lieblingstier (kein Seehund)

Lieblingsessen im Februar: Die Kräppelchen (ursprünglich sollten es Churros werden) nach dem Rezept von Turkuazkitchen, deren Videos ich mir tagelang anschauen könnte, und das auch habe, nämlich im März. Denn im ganzen März konnte ich nicht viel anderes tun als Videos anschauen. Aber das erzähle ich ein andermal.

In der Mikrowelle geschmolzene Karamellcreme war der perfekte Konterpart zu den dicken Kräppelchen, die eigentlich hätten Churros werden sollen. Meinem Mund mit seinen Schmatzgeräuschen war das gänzlich Churro. Oder Wurst.