5 Bücher für 2015

5 Bücher für 2015

„Nenne fünf Bücher, die du im Jahr 2015 noch lesen möchtest!“

Anna vom Blog „Berlin-Mitte-Mom“ hat mich zu dieser Aktion aufgefordert. Und nicht nur mich! Eine ansehnliche Leseempfehlungssammlung ist mittlerweile zusammengekommen. Klickt euch doch mal durch. Damit euch nicht langweilig wird während des Sommerurlaubes. Oder Sonntagmorgen im Bett. Samstagabend auf der Couch. In der Bahn oder beim Anstehen am Bäckerladen.

So, genug gelacht…

Es geht den Menschen wie den Leuten und den Eltern wie allen anderen Eltern! Wunsch und Wirklichkeit korrelieren nicht unbedingt. Man bräuchte zwei Leben, um all die Dinge zu tun, die man gern tun wöllte. Oder am besten gleich drei Leben.

Eins davon würde ich mir tatsächlich fürs Bücherlesen reservieren. Ich liebe Bücher, ich habe hier schon mal darüber geschrieben. Auf meinem Nachttisch (Sagt man das noch? Nachttisch?) liegen auch immer ein paar. Darauf kann ich mein Handy ablegen abends. Oder den Stift vom Sudokurätseln. Richtig, der größte Stapel auf meinem Nachtschränkchen (auch nicht besser: Nachtschränkchen…) sind Sudokubücher. Selbst wenn ich nicht glaube, dass die als Bücher durchgehen.IMG_2486

Ich komme einfach nicht zum Lesen! Wobei selbst das nicht stimmt. Ich lese fast vier Stunden täglich. Ich lerne aktuell das Internet auswendig. Es gibt so viele Blogs, die ich gern täglich lesen würde, das schafft kein Mensch. Ich versuche es trotzdem. Nicht nur Elternblogs, ich hege außerdem noch eine tiefe Leidenschaft für Bastel- und Nähblogs (die in keinem Verhältnis zu meinem Talent in diesen Dingen steht). Und für Food- und Interiorblogs. Und Architekturblogs (da muss man Gott sei Dank nicht viel lesen).

Außerdem sammle ich alte Kochbücher. In denen muss ich auch rumblättern. Und alte Kinderbücher. Hauptsächlich wegen der Illustrationen. Und ja, selbstverständlich auch alte Kinderkochbücher! Es ist eine Krux. Ich habe nicht nur keine Zeit für die Romane, auch keine Zeit um die Rezepte in den Rezeptbüchern nachzukochen (Und kein Talent, aber die Sicherheitshinweise in den Kinderkochbüchern finde ich sehr wertvoll. Auch für mich. Oder gerade.). IMG_2487

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Ach, und Gedichtbändchen sammle ich auch. Weil da so schöne Sachen drinstehen, die ich dann aber nie finde, wenn ich mich mal erinnere, dass ich doch irgendwann mal sowas Schönes gelesen hatte… Wo denn noch gleich?!IMG_2491 IMG_2492

Was macht man also, wenn man aufgefordert wird, fünf Bücher auszuwählen, die man in diesem Jahr noch lesen will? Ich habe mich dazu entschieden, fünf Bücher auszusuchen, die ich bereits in einem anderen Jahr gelesen habe und diese einfach frech weiterzuempfehlen!

Hier kommt meine Leseempfehlung:

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Kathrin Aehnlich –  „Alle sterben, auch die Löffelstöre“

Julia Franck –  „Die Mittagsfrau“

Edward St. Aubyn –  „Schöne Verhältnisse“

Marieke van der Pol –  „Brautflug“

J.R.Moehringer –  „Tender Bar“

Jedes dieser Bücher hat mich berührt. So sehr, dass mir trotz meines desolaten Gedächtnisses die Geschichten noch präsent sind. Und diese Auswahl hat alle Bücher von Frank Mc Court und Jo Nesbo (mit Strich durchs O) gestochen, obwohl das schwierig war. Und alle Dieter-Nuhr-Bücher.

Also: Viel Spaß beim Lesen, wenn ihr mögt. Und verratet mir doch, welche Bücher noch auf euch warten!

Epilog:

Ich werde jetzt diesen kleinen Bücherstapel verpacken. Der geht mit mir am Mittwoch auf die Reise nach Berlin. Es gibt doch tatsächlich einen Menschen, der behauptet hat, die von mir empfohlenen Bücher wirklich alle lesen zu wollen! Ihr könnt euch also auf eine ausführliche Rezension freuen. Demnächst bei Andrea Harmonika. Und, Andrea, du hast noch Glück! Sehr gut fand ich auch die Abhandlung über den Baader-Meinhof-Komplex von Stefan Aust. Ich sag nur: Knapp tausend Seiten… 🙂

Worte

Bücher. Ich liebe Bücher. Nie käme ich auf die Idee, mir ein elektronisches Dingsbums zuzulegen, um meinen Hunger nach dem geschriebenen Wort zu tilgen.

Als kleines Schulmädchen lag ich stets am Vorgeburtstagsabend mit klopfendem Herz´l im Bett und wartete sehnsüchtig, bis ich die Schritte meiner Mutter hörte. Die hatte die fabelhafte Angewohnheit, nachts meinen Geburtstagstisch im Kinderzimmer herzurichten. Wenn sie annahm, ich schliefe. Ich atmete also flach und stellte mich schlafend, bis sie den Raum wieder verließ. Meist lagen auf so einem Geburtstagstisch ein Pullover, etwas Süßes und zwei, drei Bücher. Das war das Größte! Im Schein meiner Nachttischlampe trug ich die Schätze in mein Bett und erfreute mich am Knacken der Seiten, des Duftes, der Kühle des Papieres. Meist schrieb ich sofort mit meiner Kleinmädchenschrift meine Initialen oder meinen Namen hinein, damit mir die niemand mehr wegnähme. Henrike, Klasse 4c.

Ich wuchs mit Benno Pluhdra´s Geschichten auf. „Insel der Schwäne“, „Reise nach Sundevit“. Oder Büchern mit dem sagenhaften Titel: „Pfeiff auf ´ne Perücke!“ oder „Schwester Tina“, in denen standhafte Thälmann-Pioniere und blauhemdentragende FDJler Abenteuer vollbrachten. Manchmal wurde sich auch an der Hand gehalten. Uuuuh!

Ich las alles. Einfach alles. Ich las mich durch den Bücherfundus meiner Eltern, vollkommen gleich, ob ich verstand, was ich da las. Es faszinierte mich. Worte, schön formulierte Sätze, Gefühle auf Papier gebannt. Ich las und las und las. Später kaufte ich mir im „Kniga“, dem internationalen Buchladen der Stadt, Gorki´s „Die Mutter“ auf Russisch und las das, bevor es viele Jahre später im Deutschunterricht Pflichtstoff wurde. Ich hätte vermutlich auch Bedienungsanleitungen enthusiastisch gelesen. Ich verschlang alles, was ich an Geschriebenem in die Finger bekam. Einmal im Freibad war es ein frivoles Heftchen meiner Eltern namens „Magazin“, was neben nackten, behaarten Frauenkörpern auch Geschichten enthielt und ich las auch die. Überliefert ist, dass ich (wissbegierig, laut und für alle hörbar) fragte: „Mutti, was ist ein Orgaaaaasmuuuus?!“.

Mir musste man als Kind keinen Stubenarrest erteilen, ich war ein Stubenhocker. Ich las und las nur.

Dann kam das Tagebuchschreiben in Mode. Nun war es aber so, dass in meinem Leben rein gar nichts passierte, was sich aufzuschreiben gelohnt hätte (Später passierte zwar allerhand, da hatte ich aber längst keine Zeit mehr zum Schreiben!). Also dachte ich mir Geschichten aus. Eigentlich war es ein Fortsetzungsroman, in der Ich-Form geschrieben. Er handelte von einem Mädchen. Und einem Jungen namens Jost. Der hatte ein Moped und sah aus wie Limahl (Liebe Kinder, das war im letzten Jahrhundert ein Sänger, der nicht besonders gut singen konnte und eine Frisur wie Wolfgang Petri hatte. Nur blond.). Und ich ersann unglaubliche Geschichten um die beiden und manchmal hielten sie sich sogar an den Händen. Uuuuh! Und so schrieb ich Schulheft um Schulheft voll. Fantasierte mich mit diesen Geschichten raus aus meinem Plattenbaukinderzimmer in eine mir scheinbar schönere Welt. Bis, ja, bis meine Mutter diese Hefte fand. Erbost, die Hände in den Hüften, schimpfte sie mit mir! Was für einen Unsinn ich da schreiben würde! Das sei doch alles gelogen! Was das solle und überhaupt hätte ich viel zu viel Fantasie und das würde noch ein schlimmes Ende mit mir nehmen! Und warte, bis ich dem Vati erzähle, was du hier nachmittags in deinem Zimmer machst! Ich schämte mich schrecklich. Und schrieb nie wieder.

Ich beschränkte mich auf´s Lesen. Und wurde groß und Mauern fielen. Und da gab es auf einmal noch mehr Bücher! Bücher über Bücher! Ich konnte nicht mehr alles lesen, versuchte es aber dennoch.

Bibliotheken mag ich nicht. Ich brauche dieses Gefühl, das Knacken, den Geruch. Ihr wisst schon. Meine Hand ist die erste, die über diese wundervolle Seite streift. Dabei ging es mir nie ums Besitzen. Später habe ich jedes Jahr einen Wäschekorb voller Bücher neben die Mülltonne gestellt zum Mitnehmen für andere. Ganz einfach, weil ich nicht mehr wusste, wohin mit all den Büchern!

Der Beste hatte es in unserem gemeinsamen Leben oft schwer. Wenn ich las, dann las ich. Ich unterhielt mich nicht, ich las. Ich las beim Kochen, beim Kacken, wenn andere Leute schliefen… Wenn ich ein Buch in die Hand nahm, wusste er, die nächsten ein bis zwei Tage braucht er mich nicht ansprechen. Ich lese.

Worte finde ich immer noch höchst faszinierend. Geschriebene wohlbemerkt. Gesprochene sind selten höchst faszinierend.

Und ich selbst? Nun, das ist auch so ´ne Sache. Ich rede sehr schnell, sehr laut, sehr viel. Mit fuchtelnden Händen, zappelnden Beinen. Sprunghaft und hektisch. Dem längere Zeit zuzuhören ist nur wenigen Menschen möglich, ohne irgendwann mit Tinnitus und blutenden Ohren um Einhalt zu bitten. Auch ergeht es mir oft so, dass ich aus lauter Befürchtung, nicht richtig verstanden zu werden, alles mehrmals in unterschiedlichen Farbschattierungen erzähle (Das Kind hatte schon immer eine überbordende Fantasie!).

Eine kluge Frau, die mir sehr viel bedeutet, sagte mal zu mir: „Menschen wie sie gehören auf die Bühne! Suchen sie sich ihre Bühne!“. Meine Fantasie galoppierte sofort auf dem geflügelten Pferd von dannen und ich sah mich kurzzeitig vor meinem inneren Auge in der nach Inkontinenz und Eintopf riechenden Cafeteria eines Seniorenheims vor an Rollstühle gefesseltem und fluchtunfähigem Publikum „Sa-heiiin oderrrr ni-hicht sa-heiiin!“ skandieren (Aufgrund eines mir völlig unpassenderweise zugehörigen Lampenfiebers ging dieser Kelch an den Bewohnern des Pieschner Seniorenheims bislang vorüber.).

Und nun sind wir hier. Es gibt keinen Vorhang und nur ein kleines, aber feines Publikum.

Wenn meine Finger über die Tastatur huschen, fallen die ganzen überflüssigen Worte, die ich sonst tagsüber an meine Umwelt absondere, von mir ab. Strukturiere ich mich. Lasse ich „Dampf“ ab. Entspanne ich mich. Rege ich mich auf, ab. Und manchmal blicke ich dann auf diese Sätze, die zwar auf keiner duftenden, gebundenen Seite stehen, und ich mag das, was ich dort sehe (Immerhin kommt kein imaginärer Freund namens Jost vor!).

Ach, ich finde, jeder Mensch braucht seine Bühne. Und ich wünsche euch, dass auch ihr eure gefunden habt!

 

Also: Vorhang frei! Welcome to the show 🙂