Nerdlove forever

Der Bärtige und ich sind Serienjunkies. Und manchmal kommt es vor, dass wir uns gelegentlich mit unseren Serienhelden identifizieren. Also eigentlich identifiziere ich den Mann. Und zwar in Homer Simpson, Bernd Stromberg und Lennart Hofstetter. Genaugenommen ist es jedoch andersherum: Er ist Lennart mit Homer-Einschlag und gelegentlich auftretender Stromberg-Attitüde.

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Ich bin einfach nur Penny. Also zumindest teilen die Serien-Penny und ich Haarfarbe, Geschlecht, desolaten Kontostand, Affinität zu weinhaltigen Getränken und den zweifelhaften Männergeschmack, bevor die Nerds in unser Leben traten.

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Ehrlicherweise muss ich sagen, es gab vor zwanzig Jahren ja noch kein Internet für jedermensch und auch die Auswahl an Konsolenspielen war begrenzt. Und sogar den Nerd-Begriff hatte noch niemand erfunden. Es war zugegebenermaßen schwierig, einen Nerd zu identifizieren.

Ich lernte damals einfach einen jungen Kerl kennen, der irgendwann Informatik studieren wollte, sich für künstliche Intelligenz und Astronomie interessierte, der Stephen Hawking nicht nur las, sondern auch verstand und auch sonst irgendwie seltsam war. Und süß.

Ich kannte nur Stephen King.

Dass wir zwei uns trotzdem paarten ist einem missverständlichen Verhalten meinerseits geschuldet. Ich sagte an einem folgenschweren Abend zu dem stillen jungen Mann: „Du fährst mich heute nach Hause!“, was tatsächlich wie ein Befehl klang und die ersten Worte waren, die ich überhaupt an den jungen Mann richtete. Und es hat geklappt. In der folgenden Zukunft löste diese erste Aktion eine Reihe weiterer Aktionen aus (Anrufe mit Anträgen zu Essengehen/ Spaziergängen), Blumenpräsente, die schlussendlich dazu führten, dass ich hier sitze und der Mann auch noch irgendwo in der Nähe ist.  Rückblickend kann ich den Erfolg einfacher Befehle im Umfeld von technikaffinen Menschen als empfehlenswert weitergeben.

Heute, zwanzig Jahre später, bin ich von Nerds umzingelt. Der zukünftige Herr Nieselpriem studierte selbstverständlich Informatik, scharte darauf hin weitere Informatiker und einen theoretischen Physiker als „best buddies“ um sich und auch beruflich bin ich umgeben von (Aufpassen, Rike!) netten, blitzgescheiten Menschen, auf die im weitesten Sinne die Nerd-Beschreibung zutrifft. Sie sind überall! Es gibt kein Entrinnen. Und die nächste Generation züchten der Kerl und ich gerade heran. Unser Asperger-Sohn ähnelt in vielem Sheldon Cooper und der Kleine, nun ja, wir bleiben gespannt. Und ich, ich bin immer noch Penny…

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Spielen wir Skat, überreizen die Männer nicht, sie sind „OP“ (overpowered). Und wenn ich zufällig den Bärtigen und unseren Bubi im Gespräch belausche, höre ich Worte, einer Fremdsprache entsprungen. Sie texten sich in Gamer-Slang zu und informieren sich gegenseitig über neue Versionen von „Blabla“ und neue Features von „vollkommen uninteressant“ und wehe, ich renne versehentlich mit dem Wäschekorb am acht Quadratmeter großen Bildschirm vorbei, während die beiden irgendeinen Zombi totschießen mit ihren Controllern!

Neulich fiepte abends das Empfangsgerät des Mannes und kündigte den Eingang einer eMail an. Mein unauffälliger Blick identifizierte als Absender eine „Ivi, Empfang“ und mit innerlich erhöhtem Blutdruck und äußerlich völlig entspanntem Äußeren und überhaupt nicht hysterisch erhöhter Stimmlage fragte ich, was zum Henker mit der Ivi vom Empfang läuft!

Daraufhin guckte mich mein Heimnerd mit dem typischen Lennart-Blick an und wunderte sich gleichermaßen irritiert, warum ich ganz offensichtlich wütend werde, wenn der Empfang des „Instituts für Verkehr und Infrastruktursysteme“ (kurz Ivi) irgendeine langweilige Nachricht schickt. Er guckte im übrigen immer noch so irritiert, während ich vor Lachen von der Couch kugelte, weil er einfach nicht begriffen hat, dass ich wohl offensichtlich eifersüchtig war!

Das ist das schwierige. Mitunter. Das Zwischenmenschliche.

Während ich manchmal denke, der Mann ist nur mit mir zusammen, weil er ein komplexes Sozialexperiment durchführt und sich seit Jahren einredet: „Gottverdaulicher, irgendwo muss doch hier bei dieser Frau eine Logik in Denken und Handeln zu finden sein!“, verzweifle ich daran, dass der Kerl mir stundenlang Vorträge über die Geschichte der Entwicklung von MP3, MP4, alles zum Galileo-System inklusive der politischen Hintergründe und Vorträge zur multphysikalischen Verifikation von irgendwas halten kann, aber sich nicht merkt, wie man einen Topf Reis kocht! Oder Wäsche!

Und der Nerd hier verzweifelt an dem Chaos, das ich meine „Ordnung“ nenne. Und ist im nächsten Augenblick wieder fasziniert vom Chaos (schon klar).

Trotz allem Unwirsch muss ich sagen: Mädels, lasst die Nerds ran! Ich sage nicht, dass es einfach wird, aber es wird sich lohnen! Ihr solltet diesbezüglich wirklich euer Beuteschema überdenken. Vor tausend Jahren war es sicher richtig, sich einen breitschultrigen Hünen zur Begattung zu suchen, der Säbelzahntiger mit den bloßen Händen erwürgen konnte und den Fortbestand der Herde damit sicherte. Heute aber muss man(n) in der Lage sein, einen Thermomix zu programmieren und da kommt man(n) mit den breiten Schultern und den Pranken nicht weit. Da sind Fingerspitzengefühl und technisches Verständnis eher wichtig für den Fortbestand der Menschheit.

Müsste ich mir heute einen Nerd aufreißen, würde ich als erstes die Enterprise aus Lego als Facebook-Profilfoto hochladen und mich bei Hackergruppen mit dubiosem Namen anmelden. Ich würde auf dem Uni-Campus rumlungern und in der Mensa bei der Nudeltheke. Dort gibt es eventuell einen all-you-can-eat-Stand. Wenn dann dort ein Typ aufkreuzt, der pedantisch einen akkuraten Nudelberg auf seinen Teller türmt und von jeder Seite exakt gleich viel von den vier angebotenen Nudelsoßen gießt, dann bist du mit Sicherheit ganz nah dran am Nerd!

Gut, in der Anbahnungsphase kann es mitunter zu Verständnisprpoblemen kommen, aber das gibt sich. Wenn du zum Beispiel zu einem schlicht gestrickten Kerl (sagen wir mal, ein Bauarbeiter) sagst, er solle dich von hinten an den Haaren packen und dich in den Nacken beißen, versteht der: Alles klar, ich hol den Schwengel raus und dann dengel ich drauf los!, während der Nerd dich eventuell irritiert fragt, warum er dich denn an den Haaren ziehen oder beißen sollte! Da ist es hilfreich, erst ein Bild von der Serengeti und den Löwen heraufzubeschwören und dann erst…  (Ich wünschte wirklich, ich hätte mir das ausgedacht)

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Trotz allem gibt es einen unschlagbaren Vorteil von Nerds als Liebhabern. Möglicherweise verfügen sie über deutlich weniger Praxiserfahrung als andere Geschlechtsgenossen, allerdings kann davon ausgegangen werden, dass sie bereits jedes wissenschaftliche Buch und jedes Schaubild, das es zum Thema „Sexualität der Frau“ gibt gründlich studiert haben und wissbegierig und sind, das erlernte Wissen in einen Praxistest  zu überführen. Und sollte jemals jemand die großen Mythen der weiblichen Lust, wie zum Beispiel dieser ominöse G-eheim-punkt oder weibliche Ejakulation oder was auch immer da so im Raum schwebt, aufklären, ich schwöre, das wird ein Nerd sein!

Denn sie sind es gewöhnt, Rückschläge einzustecken, in der wissenschaftlichen Forschung, beim Zocken. Und spielen einfach das gleiche Level immer wieder. Und wieder. Und wieder…

Wie sagte einst Amy aus der Serie „The big bang Theory“ über Sheldon? „Sein Hang zu Wiederholungen wird mir irgendwann zum Vorteil gereichen.“. Dem ist an der Stelle nichts hinzuzufügen.

Und wenn wir sehr viel Glück haben, gibts dann bald ein Handbuch, als PDF downloadbar im Internet, wo genau drinsteht, wie das alles funktioniert. Erst zwei Meter geradeaus, dann scharf rechts abbiegen, links hoch…

Genau, Penny: OH MY GOD!

 

 

 

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11 Kommentare zu “Nerdlove forever

  1. Musste gerade so lachen. Ich habe nämlich auch so ein Exemplar. Ich habe ihn in einem Internetforum das erste Mal getroffen und es war keine Partnerschaftsbörse. Als wir noch getrennt wohnten habe ich mal mit seinem Telefonsupport einen Ram-Riegel gewechselt. „Beschreib mir bitte mal das Piepsgeräusch.“ „Äh, es piepst halt.“ Das zum Thema wie reiße ich einen Nerd auf. Inzwischen haben wir eine Tochter, gemeinsame to-do-Listen und er legt unsere Wäsche mit einem Wäschebrett sehr akurat zusammen.

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    • Wäsche zusammenlegen kann der hier auch ganz besonders gut. Er hat sogar ne Methode gefunden, meine Schlüppis irgendwie zu falten. Ich wusste gar nicht, dass das geht… ich haue immer alles in einen Schieber und hoffe, ich kriege den wieder zu.
      Wenn ich den Mann ärgern will, zerwühle ich einfach mal eben seine Sockenschublade. 😉

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  2. Meiner hat noch eine riesen Truhe Fischer Technik (so furchtbar kleinteiliges Zeug mit dem man kleine Motoren, Stromkreisläufe und Hydraulik zusammen bauen kann) aus den 70gern im Keller stehen. In einer Ordnung, die bei mir keine zwei Tage gehalten hätte. Du solltest sein Gesicht sehen, wenn ich alle paar Jahre mal frage, ob wir sein Fisher PRICE Kram nicht mal wegschmeißen sollten! 🤣

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    • Wobei ich fairerweise sagen muss, dass ich auch nicht die unnerdigste Person auf dieser Welt bin. Immerhin wurde ich schon des öfteren mit sookie von den Gilmore girls verglichen, wenn es jemand gewagt hat, in meinen Koch Prozess einzugreifen! Außerdem habe ich in meiner prä – Kinderzeit auch gerne den ein oder anderen Zombie abgeballert. Also mein Mann könnte hier auch einiges beitragen… 😉

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    • Du bist ja wohl der Oberhammer, Muddi! Fisher Price!!! 😀 Ich brech zusammen. Ich kenne jemanden, der sammelt Bedienungsanleitungen (ich darf aus Datenschutzgründen natürlich nicht sagen, wer), und zwar von Geräten, die wir gar nicht mehr benutzen! Und obwohl ja nun wirklich JEDER im Internet nachguckt, wenn irgendwas zu reparieren ist… Nein. Eiene Schrankwand werden wir bald brauchen. Äh, also die besagte Familie mit der Sammelleidenschaft natürlich. 😉

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  3. Hust. Ich bin übrigens Lennarta… Gestern abend hat mich der Kerl gefragt, ob ich eine Option weiß, mit der man dem lp-Befehl erklärt, er möge jetzt eine HTML-Datei als Ansicht ausdrucken nicht als Quelltext. (Linux)
    Und wenn meine Töpfe nicht da stehen, wo sie hingehören, ist das wie ein kratziger Wollpullover. 😉

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    • Ich verstehe nur Bahnhof von deinem HTML-lp-Dings. Ich denke aber, da ist ein Witz verborgen. Nur verstehe ich ihn leider nicht. Ich kenne allerdings Linux, wenngleich auch nur als tty7-user (das war doch das mit der grafischen Benutzeroberfläche, oder?! Ach verdammt, ich bin eben doch nur ein blondes Äffchen…) 😀
      Töpfe verräumen geht gar nicht. Der Mann „räumt“ hier manchmal auf, ganz schlimm ist das.

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      • lp ist der Druckbefehl auf der Kommandozeile, ich wollte nur meine Nerd-Credentials auspacken. 🙂
        Und ich kenne nur ein paar Folgen BigBangTheory, aber Penny hilft den Nerds doch regelmäßig aus der Patsche. Wunderschön die Folge, als sie den dreien das Angeln erklärt…

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