Wurzelschaden

Ich bin ja so oft umgezogen, dass ich einfach bei achtzehn aufgehört habe zu zählen. In manchem Jahr bin ich sogar mehrmals umgezogen, mit leichtem Gepäck. Keiner weiß mehr genau, an welche Wohnungstüren ich überall mal meinen Namen drangepappt habe. Ich am Allerwenigsten!

Nun, das f*cking Alter, werde ich wunderlich. Ich habe das Bedürfnis, Rosenstöcke vor die Haustür zu stellen und ein selbstgetöpfertes Türschild anzubringen (Du lieber Himmel!). Ich möchte wurzeln. Ankommen und bleiben. Ich fürchte, demnächst finde ich auch noch Gefallen an der Farbe Beige und Besuchen im Möbelhaus. Mir graust.

Pieschen war für die letzten sechs Jahre unser Zuhause (Pieschen ist ein Stadtteil in Dresden, für die Neuen hier.). Pieschen ist, nun ja, was für Liebhaber. Ich war Liebhaber! Ich mag dieses Angeschlonzte, Verrotzte ja irgendwie. Aber für die Kinder wollte ich was anderes. Keine Spielplätze mit zerkloppten Bierflaschen im Sandkasten. Keine Kothaufen-Rallye auf den Fußwegen. Stattdessen Grün und Vögelgezwitscher. Elbnähe, und zwar auf der schöneren Seite der Elbe.

Aber mit dem Wünschen ist das ja so eine Sache. Die Anforderungen waren wohl zu unspezifisch, denn: Et voila! Wir wohnen nun in Elbnähe, inmitten von Ahörnern, Linden, Tannen und Robinien, Vögeln und efeuumwucherten Mäuerchen. Und Blasewitzern.

„Wer aus Pieschen wird verwiesen, zieht nach Blasewitz oder Striesen!“ (Pieschner Redensart)

Blasewitz („Blowjoke“, wie ein lieber Freund der Familie es titulierte) ist nicht witzig! Nein, eigentlich lacht darüber wirklich niemand in Dresden. Blasewitz ist elitär und wunderschön und kein bisschen witzig. Hier, vom Bombenhagel des letzten Weltkrieges verschont, stehen hochherrschaftliche Villen auf großzügigen Grundstücken mit altem Baumbestand. Keiner brüllt hier des Nächtens volltrunken irgendwelche Schmutzparolen durch die Straßen. Hier werden die Tore verschlossen, auch tagsüber. Nachts ist es still, nichts übertönt das Schnarchen des Bärtigen. Es ist wunderschön. Und still. Endlich Ruhe!

Dennoch habe ich einen Wurzelschaden. Ich komme nicht „an“.

Ich werde mich mit den kommenden Zeilen wohl auch nicht beliebter machen in Blowjoke, aber wer liest das denn schon! Hier lesen bestimmt eh alle nur die Wirtschaftswoche…

Die neue Nachbarin nennt mich manchmal „gnädige Frau“ und meint das durchaus nett. Wenn von anderen Nachbarn die Rede ist, wird die Berufsbezeichnung mit genannt („Der Musiker und die Anwältin…“; „Der Architekt und die Physikerin…“). Abends sieht man hier Herren mit Slippern an den Füßen, auf denen Quasten rumbaumeln und einem Kaschmirpulli leger um die Schultern geknotet. Die erste echte Frau mit aufgespritzen Lippen habe ich in Blasewitz gesehen und mit offenem Mund angestarrt. Ebenso Stiefel aus Schlangenleder, wobei ich mich damit wirklich nicht auskenne.

In Pieschen stehen auch am Wochenende Leute morgens vor der Trinkhalle. In Blasewitz ist man am Wochenende morgens auf dem Tennisplatz im Waldpark.

Man „trifft“ hier nicht einfach andere Mütter irgendwo. Wir wohnen jetzt seit einem halben Jahr hier vor uns hin, alleine. Gegenüber wohnt eine Familie mit vier Kindern, aber ich denke nicht, dass es gesellschaftlich etabliert ist, wenn ich dort klingeln würde mit den Worten: „Tach! Ich bin die Neue von gegenüber und das ist der Blondino. Wollt ihr nicht mal zum Spielen zu uns rüberkommen?“. In Pieschen wäre das kein Problem. In Blasewitz habe ich Ladehemmung. Jeder ist hier für sich in seinem Haus mit dem schönen großen Garten.  Mir fehlen meine früheren Nachbarinnen und ihre Kinder. Ich bin wohl ein bisschen einsam…

Vielleicht liegt das auch an meiner eigenen Aufzuchtphase.

Die frühen Jahre: Neustadtkind mit coolen Klamotten vor baufälliger Wohnsubstanz, circa 1973

Ich bin in der Dresdner Neustadt geboren. Zu einer Zeit, als die nicht hip war und keiner wusste, was ein Hipster ist. Wenn man damals die Tür zur „Erlenklause“ öffnete, guckten einen durch den obligaten gelben Nikotinschleier zehn Leute an mit zusammen hundert Zähnen in der Gusche und hundert Jahren Zuchthaus auf dem Buckel. Graue, dreckige Häuserschluchten mit erstem und zweitem Hinterhaus und kaum einem kümmerlichen Baum dazwischen. Das war die Neustadt! Also bevor die hip-pen jungen Leute kamen. Und vor ihnen der Helmut Kohl und die Wende…

Prießnitzstraße 48. Das Fenster über der Einfahrt war früher die Stube meiner Oma.

Die Kinder spielten in den Hinterhöfen oder in baufälligen Häusern (die eigentlich nie abgesperrt waren, also im Sinne von wirklich abgesperrt) oder Kellern oder einfach auf der Straße. Einen Garten vorm Haus hatte eigentlich niemand. Nein, nicht eigentlich. Niemand, den ich kannte, hatte einen Garten vorm Haus! Die meisten hatten noch nicht mal ein Auto vorm Haus. Später dann schon, nach vierzehn Jahren Sparen und Warten.

Als ich im zarten Alter von achtzehn Jahren wieder in die Neustadt zurückzog, sagte meine Mutter entrüstet: „Wir haben wirklich alles darangesetzt, dass wir dich aus dem Dreck rausholen können und du? Du ziehst freiwillig wieder dahin zurück?!“. Genau.

Heute bin ich nur noch selten da. Zu modern, zu voll, zu hip, zu… und dennoch. Ich erinnere mich an die Wohnung auf der Waldschlösschenstraße und die Badewanne

Letzte Woche war ich da und bin bewusst und alleine durch die Straßen geschlendert. Ich habe mich erinnert, wie (War es 1985? Später?) „Beat Street“ in der „Scheune“ aufgeführt wurde, rappelvoller Saal, alle hochemotional geladen. Wie sich immer mehr junge Leute mit bunten Haaren und verrückten Klamotten auf die Straße trauten, sich in der Neustadt die Hausbesetzer breitmachten und die ersten „Cafés“ einfach illegal eröffneten. Einige davon existieren noch heute, sogar unter ihrem ursprünglichen Namen.

In dem Hinterhäuschen wohnte die alte Frau Goldmann. Die hatte nur ein Zimmer mit Küche und kaum Zähne. Ich fürchtete mich sehr vor ihr! Einmal war meine Cousine Antje da und ich fühlte mich urst mutig, hab aus dem Küchenfenster gerufen: „Huhu, du alte Hexe!“. Leider hat meine Oma das gehört und ich musste runter zur Frau Goldmann, mich entschuldigen. Antje auch, obwohl die gar nichts gemacht hat. Und die alte Hexe? Hat uns eine Banane geschenkt. Eine BANANE!

Das linke Fenster mit dem Ast war das Zimmer, das meine Eltern mit mir bewohnt haben. Das Fenster rechts daneben gehörte zur Küche. Dort habe ich rausgeguckt und die arme Frau Goldmann… ihr wisst schon.

Ich erinnere mich an Konzerte. „Kaltfront“, „Die Freunde der italienischen Oper“. An zehn fremde Leute, die irgendwie bei mir auf dem Boden schliefen nach einem Konzertabend („Hey, haste ne Penne?!“, gängige Frage damals an jedem Wochenende). Ich erinnere mich auch an Abende, in denen ich ohne Kohle, ohne Fahrschein in einem Zug stand und nach Berlin fuhr. Auf irgendein Konzert. Und nein, es war nichts mit Geige oder Piano. Nie.

Heute wachsen Blumen vor Frau Goldmanns Häuschen. Das hätte ihr bestimmt gefallen. Mir jedenfalls gefällts.

Prießnitzstraße achtnfürtsch. Einen Steinwurf entfernt ist die Talstraße. Dort wohnte mein Schwiegervater, als er noch nicht mein Schwiegervater war und der in die gleiche Klassenstufe ging wie der Bruder meiner Mutter und irgendwann einen Sohn zeugte, der dann zwanzig Jahre später die Tochter der Schwester eines Schulkameraden… könnt ihr noch folgen? Genau, der Bärtige ist auch ein Neustadtkind. Der wurde aber erst geboren, als ich schon lange evakuiert war aus er dreckigen Neustadt und überhaupt habe ich mich damals noch nicht für Babies interessiert…

Früher habe ich manchmal scherzhaft gesagt, falls eines meiner Kinder so eine verrückte Jugend hinlegen sollte wie ich, sperre ich es ein. In einen Turm, einen hohen. Für so zehn, zwölf Jahre! Heute würde ich vermutlich dafür sorgen, dass er genug Kohle in der Tasche hat und meine Nummer abgespeichert. Und eine Bemmenbüchse in seinen Rucksack schmuggeln…

… Oder ihn einschließen!

Ich habe letzte Woche in der sauberen, freundlichen, schicken Neustadt gesessen und auf Mareice gewartet. Und ich mochte das dort. Es ist bunt, jung, laut. Ist die Neustadt authentisch? Pieschen ist echt. Pieschen ist das, was die Neustadt mal war. Wird dann Pieschen irgendwann die neue Neustadt? Hm. Gibt es bald gar keine drecksche Ecke mehr? Keine die aussieht wie „früher“?  Meine Mutter sagt: „Bloß gut!“, und: „…Dass du das alte verkommene Haus fotografiert hast! Nee, also wirklich, wie das aussieht!“. „Ja, aber genauso sah es damals doch aus!“, erwidere ich. „So haben wir doch gewohnt! Nur nicht so schön bunt. Man muss sich doch mal daran erinnern!“. Nein, muss man nicht, findet meine Mutter.

Doch, finde ich. Mir hilft das. So für die eigene Ortsbestimmung.

Mareice hätte auch überall sonst in Dresden lesen können, aber hierher hat sie allerdings besonders gepasst. In die Neustadt.

Als ich an dem Abend dann sehr spät mit dem Rad über die Albertbrücke auf die andere Elbseite fuhr und das „Blasewitz“-Schild passierte, hatte ich mich ein bisschen versöhnt. Blasewitz kann nichts dafür. Ich bin eben ein Neustadtkind. Sozialisiert zwar, aber dennoch.

Am Wochenende darauf saßen wir (Überraschung!) auf unserem Grundstück in Blasewitz rum, als von irgendwoher (zwei Grundstücke weiter die Straße runter, ich glaube, die Villa mit den roten Klinkern) Kindergelächter und Geschrei zu hören war. Und auf einmal ein kräftiges Niesen. Ich brüllte beherzt über alle Gartenzäune: „GESUUUUNDHEIT!“ (Voll peinlich, ey, als wären wir in Pieschen!).

Und wisst ihr was? Zurück kam ein: „DAAAANKE!““. Ich denke, ich werde dort mal klingeln.

„Tach! Ich bin die Neue aus der achtzehn. Ham sie neulich mal genießt im Garten? Und wolln sie mal zu uns zum Spielen rüberkommen? Sie oder die Kinder? Wir haben weder Titel noch Familienstammbaum oder Kaschmirpullover, dafür aber immer kaltes Bier. Also nicht für die Kinder! Wir könnten uns Blasewitze erzählen beim kalten Bier!“.

Ich arbeite noch an der Ansprache…

 

 

30 Kommentare zu “Wurzelschaden

  1. Ich will ein Buch von Dir. Mit genau solchen Sachen. So Erinnerungskram aus deiner Kindheit und Jugend. Das ist soooo, soooo schön (und ich komme weder aus Pieschen, noch aus Blowjoke oder irgendwo aus dem Osten. Tatsächlich bin ich so weit im Westen geboren, dass ich fast ein Holländer geworden wäre (was schlimm übertrieben ist) Jedenfalls will ich alles, alles, alles von Dir lesen, was so oder so ähnlich aussieht:

    „Leider hat meine Oma das gehört und ich musste runter zur Frau Goldmann, mich entschuldigen. Antje auch, obwohl die gar nichts gemacht hat. Und die alte Hexe? Hat uns eine Banane geschenkt. Eine BANANE!“

    I love you! (Das hatten wir schon)
    Very muchos! (Das auch)
    Always! (Ich kann und will es nicht oft genug sagen).

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    • Ach Du, nee, ich weiß nich… wann denn? Liest doch außer Dir eh keiner!
      Lieben tu ich Dich noch mehr. Und anhimmeln ob Deiner Grenzgenialität! Neben Dir bin ich nur grenzdebil. Aber das gern, wenn ich nur Herz an Herz neben Dir sein kann. Du kannst das „I´m with the idiot!“- T-Shirt anziehen fürs nächste Selfie mit mir und Hasenohren hinter meinem Rücken machen, mein letztes Häagen Dasz ohne Fragen leer löffeln und auf meine Stillwurst pupsen. Nichts davon würde meine Gefühle für Dich auch nur marginal dämpfen!
      Jetzt weißte´s. Also alle wissen es jetzt. Okay! Die drei Leute, die das hier lesen, wissen Bescheid.

      Harmonschn, Forever yours, bis zum Mond und zurück und immer hin und her,
      Deine Rike

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  2. Tja, den eigenen Stallgeruch wird man niemals los.
    Trotz aller Makulatur.
    Früher war allerdings weniger Goldstäubchenviertel-Attitüde und gesundgemischte Substanz in den Villen.
    Sogar das Sozialamt auf der Goetheallee.
    Allerdings stinkts nicht so arg wie in der Neuse.
    Ratschhühner und Vorurteile gibts hüben wie drüben…, und das beste Nachbarschaftverhältnis bleibt auf Dauer freundlich MIT einem Gartenzaun.
    Ich genieße inzwischen Beides wieder.
    Aus der Ferne.
    Am Meer.

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    • Das ist echt mal ein cooler Kommentar! Und das mit dem „Stallgeruch“ triffts wie Arsch auf Eimer. Man hat den auch nur selbst in der Nase und auch nicht jeder, stimmts?! Ist wie so oft im Leben. Liebst, Rike

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  3. Da hast du mir mit dem Artikel völligst aus der Seele gesprochen!
    Bin zwar ein geborenes Nordlicht mit friesischen Akzent und kein Großstadtkind,aber nun auch seit 2Jahren in einem „besseren Vorort“ einer „besseren Stadt“ gezogen.
    Ankommen ist ne schwierige Geschichte bei den Reichen und Schönen…
    Mir wurden schon Tipps zuteil zum rauchfreien Grillen( es gibt Kohle unter der Wurst,basta!) und zur ehrenamtlichen Betätigung im katholischem Frauenkreis ( meine Vorhölle)!

    Versuchs mal, vielleicht bringt das nächste Niesen eine Bekanntschaft.Hier gibt es höchstens Androhungen von Anzeigen wegen „Vernachlässigung der Pflege des Gehwegs“.
    Kein Scherz !

    Liebe Grüße
    Kerstin alias RonjaMama

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    • Ohgottohgott… ich weiß nicht, ob mein Mitleid größer ist oder die Neugier auf die Geschichten hinter Katholischem Frauenkreis/ Gehweg-Nazis/ Rauchfreiem Grillen! Arme Kerstin ❤ ich hoffe, Du hast jede Menge Humor! 😉
      Liebst, Rike

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      • Humor hab ich zum Glück.Stamme ja aus ner großen Familie aus dem Norden,wir sind bekannt für schwarze Seele,sandige Füße und dreckiges Lachen😂

        Liebe Grüße in die andere „Nobelgegend“

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    • Diese Anordnungen kenne ich. Bei mir gab es sie, weil ich das Laub im Herbst nicht täglich von der Straße entfernt habe.

      Dabei rascheln die so schön, wenn man durchläuft…

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  4. Danke für diese wunderbare Beschreibung. Die erwischt mich genau richtig, ich habe nämlich morgen Wahlherzensheimatzeit, Hamburg und ich, keine Kinder, nur wir, und ich werde durch die Schanze und Sankt Pauli schlendern und meine sehr frühen 20er suchen, damals, als die Schanze auch noch abgeranzt und Sankt Pauli noch ein echter Bierbrauerstandort war. Hachja.

    Ich bin sehr gespannt, was die Klinkervillaleute sagen. Würdeste hier klingeln, bekämst du jedenfalls sofort ein Bier. Allerdings hab ich nur die Kinderzahl mit denen gemeinsam 🙂

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    • Hach, viel Spaß in Hamburch! Ich kenne St.Pauli und das Schanzenviertel ja nur von „jetzt“, aber meine Dich verstehen zu können.
      Mal sehn, ob ich mich denen aus der Klinkervilla annähere… ich werde ja lieber angenähert, weißte. Die ungeraden Schritte sind nicht so meins (hier bitte rollende-Augen-Smiley vorstellen).
      Sonnige Grüße, Rike

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  5. Sonntag Nachmittag ab auf die BRN und vorlesen! (wenn es schon nicht im Fahrkarten klappt). Wie immer toll geschrieben. ❤ Grüße aus dem dreckschem Hecht (wo es auch noch keine Hipster gibt, die natürliche Hipstergrenze verläuft entlang der Fritz Reuter Str.), Susanne

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    • Das will doch keiner hören! Aber Du, mit dem Fährgarten das war doch ne tolle Idee von Dir. Ich will das! Im Juli hab ich frei und da organisier ich mal ne „Veranstaltung“ dazu. Du kommst dann aber auch, Sanne?!
      Fröhlich winkend von überelbsch, Dein Blasewitz

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      • Jaa! ❤ Ich will das hören und diese Alt-Neustadt Geschichten finden doch alle ganz super. *hachfrüherwarallesbesser*

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  6. Ich sage nur Oberloschwitz…das war auch furchtbar elitär. Jetzt wieder Striesen. Komme aber auch gern mal nach Blowjoke auf ein Bier…habe eine Blondina im Gepäck.

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  7. Hallo Rike,
    Danke für die wunderschönen Worte über dein Dresden. Auch Danke für deine Tips als wir dort waren.
    Übrigens waren wir im Verkehrsmuseum, der Käfer tobte sich im Bobbycar Parcour aus. Schade die Mutti schaffte es nicht in die Neustadt.
    Schade bei Mareice Lesung wäre ich auch gern dabei gewesen.

    Es war nicht unser letzter Besuch.

    Wir waren abends in Kötzenbroida sehr schön, gewohnt in Radebeul in einem charmanten Hotel.

    Viele liebe Grüße Sylvia

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  8. Jaaaa! Ich fühle mich so verstanden!

    Dabei wohne ich nicht mal im besseren Vorort sondern nur im ganz normalen Vorort.

    Mein Nachbar sagt mir trotzdem ständig „Sie müssen nur mal in einer Ecke des Gartens anfangen, dann klappt das auch mit der Ordnung“. Ich habe aufgegeben, ihm zu erklären, dass ich einen ein bisschen wilden Garten eigentlich mag und dass der doch der Grund ist, dass ich hier bin.

    Ich habe bei uns schon schnell andere Mütter kennengelernt… Die sind auch wirklich nett, aber sooo anders als in den hippen Bezirken Berlins.

    Zum Beispiel diese Priorisierung von Ordnung und Sauberkeit.

    Eine Mutter aus unserer Kita trägt immer weiße Jeans. Beim zweiten Baby hatte sie dann auch einen weißen Kinderwagen. Immer strahlend sauber.

    Als ich darüber mal Verwunderung geäußert habe, war die Antwort: „Ach, gar kein Problem, ich habe immer *diesesabsoluttolle* Fleckenspray und mache immer alles sofort weg“.

    Ich nicht. Ich mache nichts sofort weg. Keine Flecken, keine Blätter auf dem Gehweg, kein zu langes Gras, keine Kinderspielsachen, die irgendwo rumliegen.

    Denn wenn ich das tun würde, könnte ich andere Dinge nicht tun. Mit den wilden Kindern im wilden Garten Trampolin springen und Eis essen zum Beispiel.

    Die anderen Mütter springen nicht auf dem Trampolin und essen eher kein Eis. Damit sie in die kleinen weißen Hosen passen.

    Das ist ja nur eine Kleinigkeit, aber schon eine, die unterschiedliche Werte verdeutlicht. Die anderen Werteunterschiede wiegen dann schon schwerer. Hier ist man gegen Muslime, gegen Homosexuelle, gegen alles, was nicht in die eigene Ordnung passt. Das habe ich absolut unterschätzt und war so naiv zu glauben, dass 30 km keine halbe Welt bedeuten können.

    Und trotzdem gebe ich die Hoffnung nicht auf, hier wirklich anzukommen. Vielleicht, weil ich den Rasen inzwischen frewiliig zumindest teilweise mähe, vielleicht auch, weil die anderen Mütter inzwischen Eis mit mir essen und manchmal sogar die eigenen Werte überdenken.

    Es passt so schön: „Warum ich mit homophoben AFD-Wählern im Magerwahn befreundet bin“: https://meinglueck.wordpress.com/2017/06/06/warum-ich-mit-homophoben-afd-waehlern-im-magerwahn-befreundet-mit/

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  9. Du bist eine neustädter Göre, ein echtes Neustadtmädchen?!? Oh mein Gott, meine Bewunderung steigert sich gerade ins unermessliche – hier bitte Herz-Augen-Smiley einfügen…
    Als ich die Neustadt erorbert habe, war sie schon im Hipster-Wandel, aber immer noch sehr verwegen für ein Reicker Mädel. Und mittlerweile ist die Neustadt doch eher Klein-Prenzelberg ;o)
    Für Blasewitz und Striesen bist du wahrscheinlich zu spät dran, das waren mal richtige Familienviertel, aber dort sind die Kids wahrscheinlich alle schon ausgeflogen… Ich drücke dir trotzdem die Daumen, das du bald Anschluss findest :o)

    Und bitte unbedingt ein Buch! Mit neustädter Kindheitsgeschichten und der abenteuerlichen Flucht und der Rückkehr und überhaupt und sowieso: :o) Bittebittebitte!

    Alles Liebe,
    Nadine

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    • Dort geboren zu sein ist wirklich keine Leistung! Was die Neustadtgeschichten angeht, da frag ich mal rum bei den Dresdner Bloggern, wer das sammelt. Flurfunk oder Neustadtgeflüster vielleicht…. ich frage mal!

      Liebst, Rike

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  10. Hallo meine Liebe,
    ….denk bei Deinen Zeilen an unsere Grunaerhinterhofzeiten und finds schön mich zu erinnern, wobei des eher Schatten sind, is scho paar Tage her…;))
    Hat sich Deine mailadresse geändert???
    Sonnigen Abend noch und liebe Grüße
    Doritt

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  11. Hey, bin wohl ungefähr genauso oft umgezogen wie Du; nur nicht innerhalb Dresdens sondern innerhalb Deutschlands plus paar angrenzende Länder und… Welt. Hab seit 8 Jahren Schwierigkeiten hier ZUHAUSE zu sein obwohl ich hier glücklich bin, weil so richtig bei den Dresdnern in den „inneren Kreis“ zu kommen (dort wo Leute solche Erinnerungen haben, wie Du sie hier beschreibst) – oh man, puh, schwierig. Aber grade les‘ ich das hier und denke „ha! verstehe genau was gemeint ist!“ (wohne in der Neustadt, arbeite in Blasewitz). Plötzlich fühl‘ ich mich hier in der in-crowd 🙂 … doch Zuhause? Danke dafür.

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